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Variable Vergütung: Schadensersatz bei fehlender Zielvereinbarung

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Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, einen arbeitsvertraglich vereinbarten Termin für den Abschluss einer Zielvereinbarung einzuhalten. Verpasst der Arbeitgeber den Stichtag, kann der betroffene Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hervor (Urteil vom 11.07.2023, Aktenzeichen 2 Sa 150/22). Das LAG urteilte, der vereinbarte Stichtag binde beide Vertragsparteien und sei ausschlaggebend für die Anreizfunktion der Zielvereinbarung.

Schadensersatzklage erfolgreich

Im vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsstreit zwischen dem Chefarzt einer Klinik und seinem Arbeitgeber. Im Arbeitsvertrag ist geregelt, dass der Arzt zusätzlich zu seiner Vergütung eine erfolgsabhängige Tantieme gemäß einer Tantieme-Vereinbarung erhält. Außerdem ist festgelegt, dass die Kriterien für die Tantieme von den Arbeitsvertragsparteien spätestens bis zum 1. März eines Kalenderjahres für das Kalenderjahr neu vereinbart werden. Für das Jahr 2021 versäumte der Arbeitgeber einen fristgerechten Abschluss der Zielvereinbarung, woraufhin der Arzt den Arbeitgeber auf Schadensersatz verklagte und vor dem LAG Schleswig-Holstein Recht bekam.

Zielvereinbarung darf nicht rückwirkend erfolgen

Laut dem Urteil kann eine Zielvereinbarung ihre Anreizfunktion nur erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bereits bei der Ausübung seiner Tätigkeit die von ihm zu verfolgenden Ziele kennt. Er müsse wissen, auf das Erreichen welcher Ziele der Arbeitgeber in dem jeweiligen Zeitraum besonderen Wert legt. Ziele für einen rückwirkenden Zeitraum festzulegen, wird nach LAG-Ansicht dem Sinn und Zweck einer Zielvereinbarung nicht gerecht.

Die Festlegung von Zielen werde spätestens mit Ablauf der Zielperiode unmöglich im Sinne von Paragraf 275 Abs. 1 BGB, sodass der Arbeitnehmer statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen könne, so das Gericht. Etwas anderes kann gelten, wenn es (auch) am Mitarbeiter lag, dass die Frist zum Abschluss der Zielvereinbarung versäumt wurde. Nach Ansicht des LAG hatte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall den Nichtabschluss der Zielvereinbarung jedoch allein zu vertreten.

Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen, so das Gericht. Solche besonderen Umstände muss der Arbeitgeber darlegen und gegebenenfalls beweisen können.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.