Aktuelle Ausgabe neu

Newsletter

Abonnieren

Weihnachts- und Urlaubsgeld dürfen nicht auf Mindestlohn angerechnet werden

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Arbeitgeber dürfen Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das sie bisher als jährliche Einmalzahlung ausgezahlt haben, nicht auf eine anteilige monatliche Zahlung umstellen, um damit das Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einem neuen Urteil entschieden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.01.2024, Aktenzeichen 3 Sa 4/23).

Umstellung auf Teilbeträge ist unzulässig

Gemäß dem Urteil lässt sich die Auszahlung der Sonderzahlungen vor deren Fälligkeit auch nicht mit Paragraf 271 Abs. 2 BGB rechtfertigen. Nach dieser Vorschrift ist „im Zweifel“ anzunehmen, dass ein Schuldner eine Leistung vor dem festgelegten Leistungszeitpunkt erbringen darf. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg erlaubt es diese Regelung Arbeitgebern jedoch nicht, eine dem Arbeitnehmer zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können.

Arbeitgeber wollte Sonderzahlungen anrechnen

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber einer Mitarbeiterin bis zum Jahr 2021 das Urlaubsgeld mit dem Junigehalt und das Weihnachtsgeld mit dem Novembergehalt ausbezahlt. Die Auszahlungszeitpunkte waren damit festgelegt. Trotz dieser zeitlichen Bestimmung der Zahlungen konnte sich der Arbeitgeber nach Ansicht des LAG hier nicht auf Paragraf 271 Abs. 2 BGB berufen. Diese Regelung greift allerdings nach LAG-Auffassung nicht ein, wenn sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung der beiden Vertragsparteien oder den Umständen etwas anderes ergibt.

Aus den Umständen des vorliegenden Falls ergibt sich nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg, dass Leistungen vor deren Fälligkeit ausgeschlossen sind, wenn die Leistungszeit nicht nur im Interesse des Schuldners hinausgeschoben ist, sondern wenn auch der Gläubiger ein rechtlich geschütztes Interesse daran hat, die Leistung nicht vor Fälligkeit entgegennehmen zu müssen.

Nach LAG-Auffassung ist der Klägerin ein Interesse daran zuzugestehen, nicht durch Zulassung von vor dem vertraglich vereinbarten Zahlungszeitpunkt geleisteten Sonderzahlungen deren Anrechenbarkeit auf ihren gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu ermöglichen. Ob eine solche Verfahrensweise außerdem wegen Umgehung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs als unzulässig einzustufen wäre, musste das Gericht hier letztlich nicht entscheiden.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

Themen