Aktuelle Ausgabe neu

Newsletter

Abonnieren

Microsoft Teams: Neues Feature überwacht Anwesenheit im Büro

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Die Ankündigung klingt zunächst einmal harmlos: Microsoft will seine Kommunikationsplattform Teams ab Dezember 2025 automatisch den Arbeitsort erkennen lassen, sobald sich ein Gerät ins Unternehmens-WLAN einloggt. Wer ins Bürogebäude kommt, erscheint künftig als „im Büro“. Damit wolle man vor allem die Hybridarbeit verbessern, kündigte das Unternehmen an. 

Manche Experten sehen in der neuen Funktion daher erst einmal nichts Negatives. „Die Sichtbarkeit des Arbeitsorts erhöht sich damit, ohne dass Mitarbeitende tätig werden müssen“, schreibt zum Beispiel Stefan Krempl auf Heise online.

Der Arbeitsort werde nicht per GPS erfasst, sondern über hinterlegte Netzwerk-Kennungen. Eine heimliche Aktivierung bezeichnet er als ausgeschlossen, da Administratoren die Funktion bewusst einschalten müssten. Damit eröffne sich für Unternehmen die Chance, Büropräsenz besser zu koordinieren. 

Zwischen Zusammenarbeit und Überwachung 

Kritischer bewertet Andreas Donath die Microsoft-Ankündigung. „Das klingt erst mal nach einem reinen Komfort-Feature, aber in Zeiten, in denen Unternehmen wieder verstärkt auf Büropräsenz setzen, bekommt das eine ganz andere Bedeutung“, schreibt der IT-Experte auf dem Branchenportal Golem. Die Funktion könne Betroffenen das Gefühl geben, beobachtet zu werden – selbst wenn das nicht die Absicht sei. 

Matthias Schwarzer vom Redaktionsnetzwerk Deutschland hält das neue Feature ebenfalls für problematisch: Mitarbeitende müssten zustimmen – sowohl technisch als auch rechtlich. „Doch wenn die Zustimmung nur formal eingeholt wird und der soziale Druck real ist, verschwimmt die Grenze zwischen Freiwilligkeit und Zwang.“ 

Rechtlicher Rahmen: Mitbestimmung ist Pflicht 

Deutsche Unternehmen, die die neue Funktion aktivieren möchten, müssen auf jeden Fall die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachten. „Die Nutzung ist nur dann zulässig, wenn die Beschäftigten freiwillig einwilligen“, erklärt Datenschutzexperte Dennis Manz auf Datenschutzberater.NRW. „Und die Einwilligung muss jederzeit widerrufbar sein.“ 

Er verweist zudem darauf, dass die Datenverarbeitung eng zweckgebunden bleiben müsse. Heißt: Die Funktion darf nicht zu Leistungs- oder Fehlzeitenkontrolle eingesetzt werden. Sobald Kennzahlen entstehen, die Rückschlüsse auf Verhalten erlauben, wird aus Komfort Kontrolle – und rechtlich wäre die Nutzung ohne neue Rechtsgrundlage nicht mehr gedeckt, so Manz. 


Um das Feauture im Bedarfsfall wirklich zu nutzen, dürfte zudem in mitbestimmten Unternehmen in Deutschland überdies eine entsprechende Betriebsvereinbarung vonnöten sei, um Missbrauch zu verhindern.

Rechtsanwalt Niko Härting von der gleichnamigen Berliner Kanzlei erläutert: „Da geht es um das Persönlichkeitsrecht am Arbeitsplatz. Ein kontinuierliches Tracken dürfte rechtswidrig sein, solange es kein gewichtiges Interesse des Arbeitgebers gebe, um so einen tiefen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen. Das könnte etwa in der Logistikbranche der Fall sein. Ist ein Betriebsrat vorhanden, müsste dieser zustimmen.“ Datenschutzrechtlich problematisch könne die Einwilligung sein, wenn Mitarbeitende sie unter Druck oder aus Angst um ihre Stelle abgeben.  

Auch Stefan Krempl hebt hervor, dass in Betrieben mit Mitbestimmung eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat zwingend sei. „Die Funktion tangiert sowohl die Erhebung als auch die Verarbeitung sensibler Beschäftigtendaten – ein mitbestimmungspflichtiger Eingriff.“ 

Präsenz als neue alte Norm? 

Wie genau Unternehmen das Feature einsetzen, welche Kontrollmechanismen implementiert werden und wie transparent die Kommunikation dazu erfolgt, dürfte entscheidend dafür sein, ob die Funktion als sinnvolle Ergänzung oder als kritisches Überwachungsinstrument wahrgenommen wird: Während Führungskräfte von besserer Übersicht profitieren könnten, besteht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Gefahr, dass deren Vertrauen in hybride Arbeitsmodelle erschüttert wird. 

„Wenn Arbeitgeber wissen, wer gerade im Büro ist, können sie auch Rückschlüsse ziehen, wer nicht da ist“, meint Andreas Donath. Damit bestehe die Gefahr der Überwachung. Gerade dies könne zu Konflikten führen, glaubt Matthias Schwarzer: „Sobald eine technische Lösung das Gefühl vermittelt, Abwesenheit sei erklärungsbedürftig, verändern sich Dynamiken in Teams – und nicht zwingend zum Vorteil einer gesunden Arbeitskultur.“ 

Sven Frost betreut das Thema HR-Tech, zu dem unter anderem die Bereiche Digitalisierung, HR-Software, Zeit und Zutritt, SAP und Outsourcing gehören. Zudem schreibt er über Arbeitsrecht und Regulatorik und verantwortet die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft.