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Betriebsrat bei Zara verliert Mandat

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Gibt ein Einzelhandelsunternehmen einen Standort auf während „in räumlicher und zeitlicher Nähe“ eine neue Filiale eröffnet wird, verliert der Betriebsrat aus dem ursprünglichen Geschäft dennoch sein Mandat. Mit diesem Beschluss hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München eine Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und dem Arbeitgeber, der Modekette Zara, Recht gegeben.

In dem Verfahren ging es um eine Filiale in der Altstadt im oberpfälzischen Regensburg, deren Aufgabe das Unternehmen nach Gerichtsangaben spätestens 2021 beschlossen hatte und die ihren Betrieb zu Ende 2022 einstellen sollte. Nachdem auch der Mietvertrag zu diesem Datum gekündigt worden und ein anderes Objekt in einem Einkaufszentrum in Aussicht gestellt worden war, wurde zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt.

Ende Oktober 2022 eröffnete dann in gut 1.100 Metern Entfernung vom ursprünglichen Standort in der Nähe des Hauptbahnhofes eine neue Filiale, deren Belegschaft im November einen eigenen Betriebsrat wählte. Als im Dezember das frühere Geschäft geschlossen wurde, übernahm das Unternehmen das Gros der dortigen Arbeitnehmer – abgesehen von Führungskräften – laut LAG „entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht“.

Darauf beantragte der Betriebsrat der Altstadt-Filiale vor dem Arbeitsgericht festzustellen, dass sein Mandat für die neue Filiale fortbestehe, da es keine echte Stilllegung gebe. Der Betrieb sei lediglich gut einen Kilometer umgezogen und „verfolge bei gleicher Arbeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen denselben Betriebszweck“. Das ursprüngliche Gremium zu übergehen sei insofern „zumindest rechtsmissbräuchlich“. Unternehmensseitig sah man das anders: Beide Filialen unterschieden sich puncto Sortiment, Konzept und Zweck. Zudem seien kaum Waren oder Personal übernommen worden.

Umzug oder echte Schließung?

Während das Arbeitsgericht dem Betriebsrat zustimmte und ein „ein Fortbestehen des Betriebszwecks und keine Betriebsstilllegung“ sah, entschied das LAG anders: Demnach seien beide Standorte „Betriebe mit jeweils eigenem Personal, Leitungsstruktur und Warensortiment“. Zwar sei eine Übernahme der früheren Belegschaft „ursprünglich geplant“ gewesen. Dennoch habe es – wenn auch nur für kurze Zeit „tatsächlich zwei parallele Betriebe“ gegeben. Insofern könne sich auch das Betriebsratsmandat nur auf einen der Standorte beziehen.

Die Richter weiter: „Rechtsmissbrauch stehe diesem Ergebnis nicht entgegen, selbst wenn es darum gegangen wäre, den Betriebsrat der Filiale Neupfarrplatz [Altstadt] loszuwerden.“ Denn dessen Mandat dürfe „nicht auf den neuen Betrieb ausgeweitet werden, da andernfalls den dortigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein Betriebsrat übergestülpt werde, den sie nicht gewählt haben, während die eigene Betriebsratswahl ungültig wäre“. Das aber „widerspreche dem Zweck des Betriebsrats, betriebsspezifische Vertretung der Mitarbeiterschaft zu sein“.

Kritik am Unternehmen

Kritiker sehen in dem Vorgehen der Modekette unter anderem einen Versuch, (auch wegen Umsatzeinbußen in der Corona-Pandemie) Personalkosten im stationären Handel einzusparen und diesen stärker mit dem Online-Geschäft zu verzahnen. So würden im Konzern kleinere Filialen durch größere Stores ersetzt, die „zugleich als Mini-Distributionszentren für den E-Commerce dienen sollen“, heißt es etwa in einer Analyse des Fachbereichs Handel der Gewerkschaft Verdi aus dem vergangenen Jahr.

Problematisch sei daran, dass „den Beschäftigten teilweise keine angemessenen Ersatzarbeitsplätze in anderen Filialen der Stadt angeboten wurden, obwohl diese Mitarbeiter suchten. Stattdessen wurde vielen gekündigt.“

Im Fall Regensburg wurden Mitarbeiterinnen des Altstandortes vor Eröffnung der neuen Filiale beispielsweise (Teilzeit-)Jobs in Würzburg, Nürnberg oder München angeboten worden, das heißt dutzende Kilometer entfernt, sagten Betroffene dem Lokalsender TVA Ostbayern. Zuvor hatte das Unternehmen laut Merkur für die alte Filiale befristet Beschäftigte eingestellt, „um sie von den langjährigen Mitarbeiterinnen, die ihre Jobs verlieren, für das neue Geschäft anlernen zu lassen“.

Info

Der Beitrag erschien zuerst auf unserer Schwesterseite BetriebsratsPraxis24.

Frank Strankmann ist Redakteur und schreibt off- und online. Seine Schwerpunkte sind die Themen Arbeitsrecht, Mitbestimmung sowie Regulatorik. Er betreut zudem verantwortlich weitere Projekte von Medienmarken der F.A.Z. Business Media GmbH.