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Betriebsübergang: „Dynamische“ Bezugnahmeklauseln gelten weiter

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Ein Betriebserwerber ist an sog. dynamische Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen gebunden, auch wenn er selbst keiner Tarifbindung unterliegt. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs hervor. 

Der Europäische Gerichtshof urteilte zur Bindungswirkung von Vertragsklauseln nach einem Betriebsübergang. Bild: Fotolia.de
Der Europäische Gerichtshof urteilte zur Bindungswirkung von Vertragsklauseln nach einem Betriebsübergang. Bild: Fotolia.de

Viele Arbeitsverträge enthalten eine Klausel, in der auf einen bestimmten Tarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung verwiesen wird (sog. dynamische Bezugnahmeklausel). Doch wie ist mit solchen Vertragsklauseln bei einem Betriebsübergang umzugehen? 

Bindungswirkung für den Betriebserwerber

Nach einem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofs bleibt bei einem Betriebsübergang der erwerbende Arbeitgeber an die Dynamik der Bezugnahmeklausel gebunden (EuGH, Urteil v. 27.04.2017, Az. C-60/15 und C-681/15). Der Generalanwalt des EuGH hatte in seinem Schlussantrag dafür plädiert, die Wirkung der dynamischen Bezugnahmeklausel zeitlich zu beschränken. Dem folgten die Luxemburger Richter in ihrer Entscheidung jedoch nicht. Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Haben der Veräußerer und die Arbeitnehmer eine „dynamische“ Vertragsklausel frei vereinbart und ist diese zum Zeitpunkt des Übergangs in Kraft, ist daher die Richtlinie 2001/23 und insbesondere ihr Art. 3 so zu verstehen, dass sie grundsätzlich vorsehen, dass diese sich aus einem Arbeitsvertrag ergebende Pflicht auf den Erwerber übergeht.“

Darüber hinaus nimmt der EuGH den Gesetzgeber in die Pflicht. Der Gerichtshof fordert nämlich in seinem Urteil, dass das jeweilige nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsehen müsse. 

Fall aus Deutschland

Anlass für das EuGH-Urteil war ein Fall aus Deutschland. Dabei ging es um die Klage von zwei Beschäftigten eines kommunalen Krankenhauses. In deren Arbeitsverträgen wurde auf den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Bezug genommen. Im Jahr 2008 ging der Betriebsteil, in dem die Arbeitnehmer beschäftigt waren, auf einen privaten – und nicht tarifgebundenen – Klinik-Betreiber über. Umstritten war nun, ob dieser neue Arbeitgeber aufgrund der „dynamischen“ Verweisklausel im Arbeitsvertrag an die tariflichen Regelungen gebunden ist und somit auch Tariflohnerhöhungen an die Mitarbeiter weitergeben muss. Das Bundesarbeitsgericht beschloss, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH mehrere Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Insbesondere ging es darum, ob eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang weiterhin dynamisch wirkt, selbst wenn der Betriebserwerber an diesen Tarifvertrag gar nicht gebunden ist. (JL)

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