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Kann ein Arbeitnehmer seine Kündigung zurückziehen?

Ein Mitarbeiter kündigt, überlegt es sich später anders und will seine Kündigung widerrufen. Ist das möglich? Nicht ohne weiteres, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen zeigt (LAG Thüringen, Urteil vom 17.01.2023, Aktenzeichen 5 Sa 243/22). In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung über das Ende der Kündigungsfrist hinaus, wenn der Arbeitgeber die Rücknahme der Kündigung akzeptiert beziehungsweise wenn er in irgendeiner Form zu erkennen gibt, dass er mit der Rücknahme der Kündigung einverstanden ist.

Mitarbeiter wollte eigene Kündigung zurücknehmen

Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer im April 2021 sein Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt und kurze Zeit später die Personalabteilung benachrichtigt, dass er seine Kündigung zurückziehe. Die Geschäftsführung reagierte jedoch nicht auf das Angebot des Mitarbeiters, die Kündigung zurückzunehmen.

In der Folgezeit arbeitete der Mann zunächst weiter in dem Unternehmen. Bezüglich der Kündigungsfrist war arbeitsvertraglich geregelt, dass das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende gekündigt werden kann. Darüber hinaus war – für beide Seiten – eine Verlängerung der Kündigungsfrist gemäß Paragraf 622 Abs. 2 BGB vorgesehen. Aufgrund der langen, über 20-jährigen Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters bedeutete die Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfrist im konkreten Fall, dass die Kündigungsfrist erst nach 7 Monaten, zum 30. November 2021, endete. Im Laufe des Novembers wurde der Arbeitnehmer in einem Gespräch mit der Werksleitung und der Personalabteilung darüber informiert, dass es bei der von ihm ausgesprochenen Kündigung bleiben sollte.

Kein Wille erkennbar, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen

Der Mitarbeiter wollte mit seiner Klage eine Weiterbeschäftigung erreichen. Er vertrat den Standpunkt, die Klausel im Arbeitsvertrag, welche die beiderseitige Anwendung des Paragrafen 622 Abs. 2 BGB vorsehe, sei intransparent und würde ihn unangemessen benachteiligen und sei somit unwirksam. Insofern war er der Meinung, dass die andere vertraglich erwähnte Kündigungsfrist – 3 Monate zum Quartalsende – gelten müsse. Nach dieser Berechnung wäre die Kündigungsfrist bereits Ende September 2021 abgelaufen. Dass der Arbeitgeber ihn über den 30.September 2021 hinaus weiterbeschäftigte, wertete der Arbeitnehmer als konkludente Annahme seines Angebots auf Rücknahme der Kündigung.

Das LAG Thüringen gab dem Arbeitgeber Recht. Die vertragliche Regelung zur Verlängerung der Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien beurteilte das Gericht als wirksam. Die Klausel sei transparent und benachteilige den Arbeitnehmer nicht unangemessen. Insofern bestätigte das Gericht, dass die Kündigungsfrist nicht schon Ende September 2021, sondern erst am 30. November 2021 endete. Zudem war nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall kein Willen des Arbeitgebers erkennbar, das Arbeitsverhältnis über das Ende der Kündigungsfrist hinaus fortsetzen zu wollen.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.