Aktuelle Ausgabe neu

Newsletter

Abonnieren

Skurriles aus dem Arbeitsrecht: Der Katzenfall

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Katzenfotos sorgen nicht nur seit Jahren auf zig Internetseiten für ordentlich Resonanz, sondern ab und an auch für arbeitsrechtlichen Streit. So geschehen im Münsterland. Stein des Anstoßes waren jedoch nicht etwa Website-Aufrufe mit Cat Content während der Arbeitszeit, sondern mutmaßlich gelöschte Bilder und Stammdaten der Fellnasen in einem Tierheim. Und anders als die Mini-Tiger, die laut Volksmund sieben Leben haben, waren die Dateien samt Impf- und Kastrationsinformation angeblich endgültig futsch.

Info

Katzenjammer und Kündigung

Den vermeintlichen Schuldigen hatte der entsprechende Trägerverein Mitte März dieses Jahres 2025 ausgemacht: Der Leiter des Vierbeinerasyls soll es gewesen sein. Und nach Streit mit dem Vorstand um die Entlassung einer anderen Mitarbeiterin erhielt auch er seine Papiere. Der Chef habe, so der Verein nach Gerichtsangaben, die „Bestandsliste Katzen“ samt Bildern der tierischen Bewohner gelöscht.

Das aber ließ der Mann nicht auf sich sitzen, fuhr juristische Krallen aus und legte Kündigungsschutzklage ein. Seine Entlassung – ob fristlos oder fristgerecht – sei in jedem Fall unwirksam: Denn weder habe er irgendwelche Daten gelöscht, noch könne ihm anderes Fehlverhalten nachgewiesen werden. Im Übrigen seien „sämtliche für die Arbeiten relevanten Daten“ der untergebrachten Katzen „für alle Mitarbeiter sowohl direkt am Tiergehege als auch im Verwaltungsprogramm ersichtlich“.

So begründete das Gericht sein Urteil

Das sah das Arbeitsgericht Bocholt ebenso und verwarf die Argumente des Trägervereins in Bausch und Bogen: Die „vorgebrachten Indizien reichen (…) nicht dafür aus, einen Tatvorwurf für einen wichtigen Grund gem. § 626 Abs. 2 BGB zu begründen“. Zwar könne das „vorsätzliche Löschen wichtiger Daten (…) zum Schutz anderer Arbeitnehmer vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen das Vertrauensverhältnis im Arbeitsverhältnis so nachhaltig und schwerwiegend beschädigen, dass ein solches Verhalten einen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden kann“.

Allerdings „konnte der Verein bereits weder darlegen, wann eine Löschung in der EDV nachvollzogen werden konnte, noch wann die Datei zum letzten Mal genutzt oder wahrgenommen wurde“. Daher gebe es auch keinen Anlass, eine fristgerechte personen- oder verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Überdies hätten die Rechner im Heim keine personalisierten Zugänge, sondern seien allein durch ein „allgemein genutztes und bekanntes Passwort beim Bildschirmschoner geschützt“. Es sei daher abwegig, allein den Kläger zu bezichtigen. Insgesamt habe der Verein „nicht hinreichend substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen“: Der Chef bleibe deshalb im Amt; die Kündigungen unwirksam.

Und die Moral von der Geschicht´: Manchmal haben nicht nur Katzen, sondern auch vermeintlich totgeglaubte Arbeitsverhältnisse mehrere Leben.

Info

Frank Strankmann ist Redakteur und schreibt off- und online. Seine Schwerpunkte sind die Themen Arbeitsrecht, Mitbestimmung sowie Regulatorik. Er betreut zudem verantwortlich weitere Projekte von Medienmarken der F.A.Z. Business Media GmbH.