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Brauchen Unternehmen wirklich Feelgood-Manager?

Feel Good Manager sollen die Laune der Belegschaft heben.

„Du bist ein echter Sonnenschein, immer gut drauf und kümmerst dich gern um andere?“ Mit dieser und ähnlichen Fragen machen sich Unternehmen auf Jobportalen spezifisch auf die Suche nach Wohlfühl-Verantwortlichen, den sogenannten Feelgood-Managern. Zugegeben: Diese Art Stellenausschreibungen kann man je Plattform (noch) an einer Hand abzählen. Sich auf den vermeintlichen Trendjob zu spezialisieren, wirkt auf den ersten Blick also unklug. Viel eher scheint es ein Titel zu sein, der bestehenden Mitarbeitenden verliehen wird, gern zusätzlich. So kann sich der oder die Ausgezeichnete hip und modern fühlen, für die Mitarbeiterbindung

Und was macht einen Feelgood-Manager eigentlich aus? Die ausgeschriebenen Tätigkeitsbereiche variieren stark. Mitgestaltung der Company Culture, Organisation von Teamevents, Führen von Feedbackgesprächen – das klingt doch ganz nett, unterscheidet sich oberflächlich kaum von einer klassischen HR-Stelle. Tatsächlich existieren auch Senior Feelgood-Manager. Fraglich, wie hier die Performance für eine Beförderung gemessen wird. Anhand der Breite des Grinsens auf den Gesichtern? Nach Anzahl und Lautstärke der Lacher auf dem Flur? Sind Mülleimer voller mit Tränen getränkter Taschentücher nun gut oder schlecht für den Feelgood-Manager oder die -Managerin? Und wieso heißt es dann nicht Feel Better oder Feel Best Manager?

Betrachtet man andere (wirklich existierende) Stellenausschreibungen, in denen Skills wie „Verteilen von Hygieneartikeln“ und „ein offenes Ohr“ aufgelistet sind, könnte man daraus auf ein breites, relativ unspezifisches und einigermaßen willkürlich zusammengesetztes Aufgabenspektrum schließen. Wenn der Chef die Person, die schon immer ein warmes Wort für den Rest der Belegschaft parat hatte und die er bisher als „die gute Seele unserer Firma“ vorstellte, könnte man also jetzt mit einem selbstverständlich englischen Titel und neuen Visitenkarten beglücken, Mitarbeiterbindung light gemacht sozusagen. Was hier übrigens nach Hohn und Spott einer voreingenommenen, in Klischees denkenden Autorin klingt, ist vielmehr das Produkt ihrer Internetrecherche. Die Tatsache, dass es ein Linkedin-Profil mit der Jobbezeichnung Feelgood-Manager gibt, das einen supersüßen Bürohund namens Frank Vierbeiner abbildet, erschwert den fest vorgenommenen ernsten Zugang zur Thematik.

Dennoch: Wenn man es wirklich will, könnte man auch um den Sinn oder Unsinn der Jobbeschreibung Feelgood-Manager eine Grundsatzdiskussion führen. Sollte nicht jede Führungskraft (für unsere Start-up-Leser und -Leserinnen: Team Lead) diesen Zusatztitel tragen oder zumindest die entsprechenden Aufgabenbereiche abdecken? Oder anders gedacht: Kümmern sich die Führungskräfte in Unternehmen mit einem Wohlfühlmanager nicht mehr um die Belange ihrer Mitarbeitenden? Unstrittig ist, dass durch die Corona-Pandemie die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers von Vorgesetzten stärker denn je diskutiert wird. Im Kontext des Führungsverhaltens mehren sich Begriffe wie Emotionale Intelligenz oder Empathievermögen. Eine erfreuliche Entwicklung, bedenkt man, dass das Befinden einzelner Beschäftigter im Homeoffice viel schwerer zu erkennen sein kann.

Wir stellen also fest: Fast jedes Unternehmen hat auf seine Art einen bis ganz viele Feelgood-Manager. Ob in Form einer konkreten Stelle, angedockt an HR oder das Office Management oder eben, weil das Kümmern um das Wohlergehen der Kolleginnen und Kollegen für viele schon immer Teil der täglichen Arbeit war, einfach so Selbst wenn der Titel nur vergeben wird, weil man bei jedem Trend mitschwimmen will, wird dieser Akt sicherlich das Betriebsklima heben können. Und das hat doch noch nie geschadet.

Gesine Wagner ist hauptverantwortlich für die Themen Arbeitsrecht, Politik und Regulatorik und ist Ansprechpartnerin für alles, was mit HR-Start-ups zu tun hat. Zudem schreibt Sie über Recruiting und Employer Branding.