Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland spüren die Folgen des demografischen Wandels. Dieser ist längst kein theoretisches Szenario mehr, sondern im Alltag vieler Unternehmen angekommen. Eine Studie von Union Investment zeigt nun: Knapp vier von zehn Beschäftigten hierzulande nehmen bereits die Auswirkungen einer alternden Gesellschaft am Arbeitsplatz wahr. Genauso viele rechnen damit, dass sich die Folgen in den kommenden fünf Jahren verschärfen werden. Außerdem haben Arbeitgeber den Arbeitnehmenden nach zufolge noch Hausaufgaben im Punkt der Vorbeugung von schlechten Folgen des demografischen Wandels vorzubeugen, zu erledigen. Insbesondere die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen sieht zudem den eigenen Arbeitnehmer nicht gut auf die Herausforderungen des demografischen Wandels vorbereitet.

Doch nicht nur in Zukunft kommen Herausforderungen auf die Unternehmen zu, auch heute schon spielt das Alter in der Belegschaft eine Rolle. Vier von zehn Befragten in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen geben an, Unterschiede in der Arbeitsweise zwischen den Generationen zu erkennen. Dies kann die Personalverantwortlichen vor Herausforderungen stellen. Intergenerationelles Management kann hier eine entscheidende Rolle spielen. „Arbeitgeber müssen einen Weg finden, wie sie die Erwartungshaltung der jüngeren Generationen am Arbeitsplatz erfüllen und zugleich die Erfahrung älterer Mitarbeitenden wertschätzen und für sich nutzen“, kommentiert Sonja Albers, Vorständin Personal bei Union Investment.
Altersbedingte Diskriminierung ist ein Thema in Unternehmen
Wenn Intergenerationelles Management nicht gut umgesetzt wird, kann es zu Altersdiskriminierung im Unternehmen kommen. Ein Viertel der Befragten gibt an, dies bereits am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Betrachtet man die Zahlen genauer, so scheinen vor allem jüngere und ältere Befragte Altersdiskriminierung erlebt zu haben. Personen mittleren Alters scheinen dagegen unterdurchschnittlich von dieser Form der Diskriminierung betroffen zu sein.
Das höhere Diskriminierungsempfinden der Jüngeren könnte damit zusammenhängen, dass sie sich in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt fühlen. Entsprechendes geben 26 Prozent der 25- bis 34-Jährigen und 19 Prozent der 55- bis 65-Jährigen an. Für die ältere Generation könnte hingegen mangelnde Wertschätzung ein Problem sein. Fast jeder Fünfte der 55- bis 65-Jährigen fühlt sich in seiner Arbeit nicht ausreichend gewürdigt, bei den 18- bis 24-Jährigen sind es nur 16 Prozent. In der Altersgruppe 35 bis 44 sind es lediglich 19 Prozent. „One-size-fits-all ist unmöglich. In Unternehmen arbeiten vier Generationen mit teils unterschiedlicher Sozialisierung, unterschiedlichen Lebensphasen und Wertevorstellungen zusammen. Die Aufgabe der Arbeitgeber besteht darin, passende Rahmenbedingungen zu schaffen. Agile Strukturen, die insbesondere auf Eigenverantwortung und individuelle Stärken setzen, können helfen, die Bedürfnisse der Beschäftigten zu erkennen und zu fördern“, so Albers.

Ein weiterer Grund für diese Diskriminierung könnte beispielsweise das bereits angesprochene Verknüpfen von Arbeitsweisen mit bestimmten Altersgruppen sein. Nicht selten basieren diese allerdings auf Klischees: Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind möglicherweise ein wenig festgefahren in ihrem Denken und Handeln, aber geben ihr Bestes für das Unternehmen. Die Jungen gehen innovativer an die Sache ran, wollen aber mehr Freizeit anstatt Arbeit. Zwar achten ein Großteil der 18- bis 24-Jährigen und der 25- bis 34-Jährigen auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben. In der älteren Generation sind es allerdings etwas mehr, für die dieser Aspekt wichtig ist. „Die Vorurteile, dass die Gen Z private Interessen zu Lasten beruflicher Ambitionen verfolgt, lässt sich so nicht bestätigen. Das Thema Work-Life-Balance ist älteren Altersgruppen sogar wichtiger“, sagt Albers. „Allerdings scheinen diese auch, vielleicht aufgrund von größerer Lebenserfahrung, besser darin zu sein, Work und Life nicht als Gegensätze zu betrachten.“

Ob jung oder alt: Gehalt und Work-Life-Balance entscheidend bei der Arbeitgeberwahl
Ganz besonders wichtig bei der Wahl des Arbeitgebers ist über alle Altersgruppen hinweg ein faires Gehalt, sowie eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Darüber hinaus spielt die Wertschätzung durch Kollegen und Arbeitgeber für die deutschen Arbeitnehmer eine wichtige Rolle. Deutlich weniger relevant für die Jobwahl ist dagegen die Aussicht auf berufliches Fortkommen: Karriere (35 Prozent), Weiterbildungsmöglichkeiten (31 Prozent) und Gestaltungsspielraum (29 Prozent) rangieren auf den hinteren Plätzen. Obwohl Homeoffice heute allgegenwärtig ist, ist es für die Mehrheit kein entscheidendes Merkmal für einen attraktiven Arbeitgeber. Denn mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, gerne vor Ort zu arbeiten, weil ihnen die persönliche Zusammenarbeit und der persönliche Austausch wichtig sind.

Auch der Purpose hinter dem eigenen Job und dem Unternehmen wird immer wichtiger. Vor allem der Generation Z und Y liegt dieses Thema am Herzen. Die Mehrheit der Befragten sieht die Bemühungen der Unternehmen jedoch positiv. Kritischer sind die Meinungen, wenn es um die Nachhaltigkeitsambitionen des Arbeitgebers geht. Im Durchschnitt findet eine knappe Mehrheit, dass die Anstrengungen nicht ausreichen.
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Info
Angaben zur Studie
Die Studie wurde durch das Marktforschungsunternehmen Kantar im Auftrag von Union Investment durchgeführt. Zwischen dem 14. und 22. September 2023 wurden 2.022 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt. Darunter waren 1.806 Berufstätige, 77 Auszubildende, sowie 139 Studierende, die zu ihren Erwartungen an Arbeitgeber und Erfahrungen mit Arbeitgebern befragt wurden.
Frederic Haupt war Volontär der Personalwirtschaft.

