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So unterstützen Sie Führungskräfte, die Rückkehr ins Büro zu steuern

Frage an die HR-Werkstatt: Wie können wir Führungskräfte unterstützen, die richtigen Entscheidungen bei der Rückkehr ins Büro zu treffen?

Es antwortet: Geoffroy de Lestrange, Vice President of Marketing bei CoachHub

Die Arbeitstage von vielen von uns sehen ganz anders aus als noch vor etwas mehr als einem Jahr. Routinen haben sich verschoben und Arbeitswege drastisch verkürzt. Statt wie üblich 30 Minuten von der eigenen Haustür bis zur Bürotür zu brauchen, sind es jetzt lediglich 30 Sekunden vom Schlafzimmer an den Heimarbeitsplatz. Während sich die einen an das New Normal gewöhnt haben und das Büro als unflexible Arbeitshölle verteufeln, wünschen sich die anderen nichts sehnlicher als der Belastung im Home-Office zu entfliehen.

Das Büro wird zum Sehnsuchtsort. Ein Reset zum Februar 2020 wird es nach dem Lockdown allerdings erstmal nicht geben und die Wahrheit liegt bekanntlich in der Mitte – die Zukunft ist hybrid.

Die Office-Lage der Nation

Die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden haben sich über das vergangene Jahr stark verändert und sind vielfältiger geworden: Laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage betrachten Viele das Großraumbüro mit gemischten Gefühlen. Ein Comeback des Einzelbüros ist hingegen bei vie von zehn Befragten hoch im Kurs. Jeder Achte will dauerhaft zu Hause bleiben, die Mehrzahl aller Mitarbeitenden mindestens einen Tag in der Woche.

Das birgt Konfliktpotenzial und Führungskräfte sowie Personalerinnen und Personaler stehen bald wieder vor einer neuen Herausforderung, die sie mit ihren Teams meistern müssen. Die gute Nachricht ist, dass sie jetzt noch die Chance haben, sich auf diese Situation vorzubereiten. 

Da liegt der Zündstoff

Sobald die deutsche Impfstrategie die Überholspur anpeilt und einer Herdenimmunität nahe kommt, werden die ersten Unternehmen ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro bitten – jedoch unter gewissen Voraussetzungen. Zu rechnen ist mit geringerer Auslastung, gerade in den Großraumbüros, und flächendeckenden Hygienemaßnahmen an allen Orten, an denen normalerweise mehrere Mitarbeitende zusammenkommen. Führungskräfte werden dann vor der schwierigen Aufgabe stehen, mit ihren Mitarbeitenden zu entscheiden, wer zurück ins Büro zurück darf, welche Mitarbeitenden wenn möglich zurück sollen und wer aus dem Team gar zurück muss.

Wie können Führungskräfte reagieren, wenn jeder zweite zurück darf, aber niemand zurückkommen will? Oder was macht man im entgegengesetzten Fall, wenn plötzlich alle zurückkommen wollen, aber die nötigen Maßnahmen nicht getroffen sind? Und wie kann die Personalabteilung bei dieser Aufgabe unterstützen?

Mitbestimmung führt zu mehr Gesundheit

Ein zentraler Baustein, damit sich keiner der Mitarbeitenden von der Entscheidung der Führungskraft übergangen fühlt, liegt in dem Gefühl von Kontrolle und Mitbestimmung. Ein Großteil der starken psychischen Belastung im Lockdown ist für viele darauf zurückzuführen, dass Mitarbeitende einen akuten Kontrollverlust erlebt haben: Statt ins Büro fahren zu dürfen, gibt es den Zwang, zu Hause bleiben zu müssen.

Mit diesen fünf Schritten schaffen es Führungskräfte, ihren Mitarbeitenden im hybriden Arbeitsmodell mehr Kontrolle zurückzugeben und belastenden Konflikte zu vermeiden.

1. Frühzeitig Konzepte entwerfen

HR-Abteilungen sollten sich schon jetzt Gedanken machen über die möglichen Konzepte der Rückkehr ins Büro. Wie sehen die Arbeitsplätze aus? Welche Modelle der Zusammenarbeit sind unter Berücksichtigung von Gesundheitskonzepten denkbar? Welche Abteilungen können die Rückkehr ins Büro einfacher gestalten als andere? Wichtig ist es, die Führungskräfte so früh wie möglich zu den Konzepten abzuholen und ihnen den nötigen Handlungsspielraum zu geben. Wenn Führungskräfte schon 1 bis 2 Monate vor dem Eintreten der konkreten Situation in der Lage sind, mit ihren Teams über die anstehenden Veränderungen und deren Rahmenbedingungen zu sprechen, desto besser für das Klima.

2. Mitarbeitende einbinden

Sobald die Rahmenbedingungen durch die Personalabteilung geklärt sind und erste Konzepte stehen, können Führungskräfte mit ihren Teams darüber beraten. Wichtig: Stellen Sie die Teammitglieder nicht vor vollendete Tatsachen, sondern beziehen Sie diese in die Gestaltung der Situation mit ein. Sie können sogar versuchen, die Teams selbst Lösungsvorschläge erarbeiten zu lassen. Wie in einigen agilen Frameworks prophezeit, steigert sich die Produktivität und die Leistung des Teams zusammen mit dem Level ihrer Selbstorganisation. Führungskräfte sollten sich auf die Ideen einlassen und die Rolle als Moderator oder Moderatorin annehmen. In dieser können sie bei Interessenkonflikten dabei unterstützen, lösungsorientiert zu diskutieren.

3. Auf die Einzelnen schauen

Je früher und stärker Führungskräfte und Personalabteilungen sich trauen, ihr Team in die Gestaltung der hybriden Rückkehr ins Büro einzubinden, in desto zufriedenere Gesichter werden Sie größtenteils blicken. Doch haben Sie auch Antennen für die stilleren Teammitglieder. Eher introvertierte Personen halten sich in größeren Gruppendiskussionen eher zurück und nehmen dafür auch in Kauf, mit der eigenen Präferenz hinter die Lauten zurückzutreten. Beobachten Sie die Prozesse in den Teams und suchen Sie regelmäßig das Einzelgespräch. Hier haben Sie die Möglichkeit, eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, in der sich jede Person traut, über die eigenen Wünsche zu sprechen. Ermächtigen sie alle Mitglieder der Teams dazu, die Kontrolle zu behalten und selbstständig an Lösungen zu arbeiten. Dafür können Sie etwa durch gezieltes Fragen jeden einzelnen Ihrer Mitarbeitenden dabei unterstützen, eigene Ziele zu formulieren und die richtigen Schritte zum Erfolg zu wählen. Selbst diesen Rollenwechsel zu einem coachenden Führungsstil einzunehmen, ist nicht immer leicht. Scheuen Sie sich daher nicht, auf externe Hilfe und Programme zurückzugreifen, die Sie unterstützen.

4. Den Plan stufenweise umsetzen

Nachdem die Mitarbeitenden konstruktiv mit ihren Wünschen und Befürchtungen an einem Konzept mitarbeiten konnten, liegt die Umsetzung letztlich bei der Führungskraft. Es empfiehlt sich, die Rückkehr ins Büro beziehungsweise den Eintritt in eine neue, hybride Arbeitsform in einzelnen Etappen, also stufenweise, durchzuführen, um niemanden zu überfordern. Denn mit der hybriden Arbeitsform verändert sich nicht nur der Ort des Arbeitens, sondern auch der Modus des Zusammenarbeitens. Während ein Teil wieder munter mit Maske in der Kaffeeküche schwatzt, sitzt der andere Teil nach wie vor alleine zu Hause. Während die Menschen zu Hause jedoch wie bereits gewohnt an Videokonferenzen teilnehmen, stören sich die Teilnehmenden im gleichen Büro durch Rückkopplungen und Echos gegenseitig. Auch das hybride Arbeiten will geübt werden und das am besten in kleinen Schritten.

5. Raum für regelmäßige Überprüfung

Die schrittweise Umsetzung der Rückkehr ins Büro hat einen weiteren Vorteil: Sie lässt nach jedem Schritt den Raum für die notwendige und kritische Evaluation. Die Personalabteilung kann die Führungskräfte hier zum Beispiel mit den richtigen Umfrage-Tools unterstützen. Ziehen Sie zudem die richtigen Lehren aus dem Jahr der Pandemie und schaffen Sie einen sicheren Raum, in dem über (psychische) Belastung und Unzufriedenheit gesprochen und in dem gemeinsam nach Lösungen gesucht werden kann. Überprüfen Sie die Umsetzung des Plans und die Wirkung auf das Team und stoßen Sie, falls nötig, Anpassungen an.

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