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„Ein agiles Mindset ist unverzichtbar“

Viele Organisationen befassen sich mit Agilität. Doch was ist dran am Thema und welche Rolle spielt HR dabei? Darüber – und über die Painpoints agiler Führung – sprechen wir im Interview mit Peter Vollmar, Personalleiter bei LINDIG Fördertechnik.

Peter Vollmar, Fa. Lindig
Peter Vollmar, Personalleiter bei LINDIG Fördertechnik GmbH. (Foto: privat)

Personalwirtschaft: Was ist eigentlich Agilität?

Peter Vollmar: Im unternehmerischen Kontext sind darunter Organisationen zu verstehen, die mit einem agilen Mindset geführt werden. Sie können notwendige Veränderungen flexibel umsetzen und agieren darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ.

Wie sieht Agilität bei Ihnen im Unternehmen konkret aus?

Seit rund zwei Jahren bieten wir hausintern die Qualifikation zum „Professional Scrum Master“ an. Dieses Angebot nehmen unsere Mitarbeiter rege in Anspruch. So haben zum Beispiel mein Team und ich selbst diese Qualifikation erlangt, was sicherlich im HR Bereich nicht selbstverständlich ist. Durch diese Vorgehensweise kann sich das agile Mindset organisch verbreiten und führt dazu, dass eine wachsende Anzahl von Unternehmensbereichen agil unterwegs ist. Wir erwarten zwar keine hundertprozentige Ausbreitung der Agilität. Aber wir wünschen uns eine hohe Akzeptanz des Themas auch dort, wo eine Einführung agiler Methoden eher unwahrscheinlich ist – beispielsweise in der Finanzbuchhaltung. Agilität stellt bei uns im Unternehmen – neben Soziokratie, Beyond Budgeting und Open Spaces –  einen wichtigen Baustein dar. Dieser ist insbesondere für unser gedankliches Gesamtkonstrukt in Bezug auf einen vor uns liegenden Transformationsprozess von Bedeutung.

Für wie sinnhaft halten Sie Agilität? Warum sollten Organisationen agil sein?

Aus meiner Sicht müssen Unternehmen zukünftig deutlich flexibler auf Anforderungen des Marktes reagieren können, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Diese Annahme beruht auf einer zunehmenden Dynamisierung und steigenden Komplexität des Marktumfeldes. Für unser Unternehmen bedeutet das: Wir müssen unsere Anpassungs-, Innovation- und Trendfähigkeit steigern, um schnell auf geänderte äußere Rahmenbedingungen reagieren zu können. Dafür ist ein agiles Mindset unverzichtbar – vor allem dann, wenn wir unbekanntes Terrain betreten und dabei adaptiv sowie iterativ agieren möchten.

Welche Rolle spielt HR bei einer agilen Organisation?

Agile HR setzt sich für mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter ein. Dazu zählen die Selbstorganisation von Teams und die Vernetzung von Bereichen. Ein wichtiger Bereich ist die Führung im Unternehmen, die zukünftig mehr Freiraum zulassen soll. Daran mit den Führungskräften zu arbeiten, ist Sache des Personalmanagements.

In der agilen Welt bekommen Führungskräfte eine völlig neue Rolle. Diese hat viel mit Selbstlosigkeit zu tun. Schließlich gilt es, die eigenen Mitarbeiter stark zu machen und ihnen Freiraum zu geben, damit sie wachsen. Das gefällt nicht jeder Führungskraft. Das ist aber vor allem eine Frage des besagten Mindsets. Genauso müssen sich Prozesse und Führungsinstrumente wie das klassische Mitarbeitergespräch ändern. Es ist oftmals zu starr. Und häufig stehen eher Beurteillungen und Gehaltsverhandlungen im Mittelpunkt. Einem agilen HR-Ansatz würde es eher entsprechen, wenn Gespräche zum Beispiel flexibel innerhalb des Jahres stattfinden, Feedbacks von Kollegen mit einbezogen werden oder kollektive Ziele eine größere Rolle spielen. Mitarbeitergespräche sollten sich zudem stärker auf das Lernen fokussieren. Darum geht es in einer agilen Organisation – und das Thema Lernen mit Leben zu füllen, ist der Auftrag für Agile HR.

Wo sehen Sie Risikofaktoren und „Painpoints“ agiler Führung?

In meinen Augen wird das Wort Agilität leider häufig inflationär verwendet. In diesem Kontext fallen oftmals Begriffe wie Selbstorganisation und Selbststeuerung. Das ist an sich zwar richtig, kann jedoch zu Missverständnissen führen. Agile Führung hat auf Anhieb viel zu bieten – es ist aber auch ein komplexes Thema. Ich beobachte, dass sich sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter mit der Komplexität manchmal schwertun. Komplexität hat etwas mit Überraschungen zu tun. Damit umzugehen, wenn etwas nicht steuer- oder planbar ist, liegt nicht jedem.

Gab es hinsichtlich Agilität schon mal Situationen, in denen Sie gegensteuern mussten?

Ja, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Agilität hat viel mit dem Vertrauen in intrinsische Motivation zu tun. Hier musste ich bereits mehrfach erfahrene Führungskräfte zu einem Vertrauensvorschuss animieren. Manchen Mitarbeitern dagegen habe ich die ein oder andere Idealvorstellung von Selbstorganisation zerstört – denn Agilität bedeutet fokussierte Teamarbeit, bei der Egoismus fehl am Platz ist.

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