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Die Antwortgeber

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Chatbots unterstützen HR-Abteilungen in vielen Bereichen. Grafik: sdecoret/Adobe Stock

Sie sind längst unter uns. Spätestens in der Corona-Krise ist der Wert der Unterstützung von Chatbots deutlich geworden. Man denke an das Gesundheitswesen: Am Universitätsklinikum Mainz etwa entlasten sogenannte Corona-Chatbots die Mitarbeitenden und liefern Patientinnen und Patienten zeitunabhängig wichtige Informationen. Aber auch in HR sind die maschinellen Antwortgeber weit verbreitet – und zwar in einfachen, aber ebenso in ihren komplexeren, lernenden Versionen. So lange jedenfalls, dass sich viele Personalmanager an sie gewöhnt haben: Chatbots kommen heute in fast allen HR-Bereichen zum Einsatz und tauschen sich mit Mitarbeitenden oder auch Bewerbern aus. Wobei ihre Fähigkeiten in den meisten Fällen auf die reine Texteingabe begrenzt sind. Nur manche Exemplare erzielen auch bei der Umsetzung von Text in Sprache passable Ergebnisse. Sprachbots haben es hingegen noch schwer: Unternehmen ziehen ihnen meist auf Natural Language Processing (NLP) basierende Sprachtechnologien vor, die übrigens in der Cloud angeboten werden, wo selbstlernende Systeme „aufgrund der leistungsfähigeren Architektur besser abbildbar“ seien als on Premise. Das sagt Michael Kern, Mitgründer des Softwareanbieters Sovanta, der auch HR-Bots produziert.

Kern hat die Entwicklung der letzten Jahre aus der Nähe miterlebt. „Am Anfang waren Bots ein riesiger Hype. Jeder sah großes Potenzial“, sagt er. Damals, vor etwa zehn Jahren, hätten viele Hersteller aber „einfach schon mal einen Chatbot entwickelt, um mit ihm zu experimentieren“. Wenige stellten sich, so Kern weiter, die Frage nach fruchtbaren Einsatzfeldern und nachhaltigem Nutzen.

Einsatz auf ganzer Breite

Seither ist viel passiert, ein Markt ist entstanden und hat sich zu diversifizieren begonnen. Wo genau Chatbots in HR zum Einsatz kommen, lässt sich noch schwer beurteilen, denn diesbezügliche Untersuchungen sind nicht bekannt. Der folgende Überblick gibt aber eine Vorstellung dessen, was schon mehr oder weniger verbreitete Praxis ist – und welche Prozesse Chatbots im Einzelnen übernehmen können.

Employee Engagement: Feedback Chatbots wie der in Slack integrierbare Engazify oder Zest, beide vom jeweils gleichnamigen Anbieter, fordern Mitarbeitende zu Feedbacks auf, sammeln diese und stellen sie dem Teamleiter ausgewertet zur Verfügung. Bei besonderen Leistungen lobt Zest einzelne Mitarbeitende und tritt mit ihnen in Dialog.

Employee Self Service: Ein relativ bekanntes Beispiel für diese Art Chatbot ist CARL, der bei Siemens laut Konzernangaben monatlich Hunderttausende von Mitarbeiterfragen beantwortet, unter anderem zum Learning. Ähnliche Systeme besitzen Haufe mit dem HR-Assistant, aber auch die Telekom, deren Chatbot den Beschäftigten einiger Ländergesellschaften Hilfe anbietet.

Onboarding: Chatbots können neue Mitarbeitende begleiten. Sie sollen ihnen helfen, sich im Unternehmen zurechtzufinden und stehen ihnen für Fragen zu Job und Arbeitgeber sowie zur Kommunikation mit Kollegen zur Verfügung.

Personalentwicklung/Learning: Einige Chatbots schlagen Mitarbeitenden personalisierte Kursangebote vor. Chatbots, die innerhalb virtueller Klassenräume eingesetzt werden, kann man schriftlich Fragen stellen.

Personalplanung: Anwender können Chatbots per Texteingabe auffordern, verschiedene Personalparameter zusammenzustellen. Im Hintergrund berechnen die Systeme Was-wäre-wenn-Analysen mit Ampelfunktionen und stellen sie grafisch dar, um Planungen zu erleichtern.

Recruiting: Chatbots beantworten Bewerberfragen, versenden Eingangsbestätigungen und terminieren Einladungen. Über die Auswertung von Antworten auf gezielte Fragen sortieren sie Kandidaten vor. Beispiel ist der Telekom-Chatbot „Kate“, der auf der Karriereseite etwa Fragen zum Unternehmen und zu Aufstiegsmöglichkeiten beantwortet und über eine „Job-such-Funktion“ zu Stellenanzeigen weiterleitet.

Man muss kein Prophet sein: Der Markt wird weiter reifen, Anwender werden die Potenziale von Bots besser einschätzen und ausschöpfen lernen. Die Krise hat dem Vorschub geleistet: Wo viele Beschäftigte physisch nicht präsent waren, deutete sich der Mehrwert digitaler Helfer an, die je nach Anwendungsbereich und Training ein Gros der Anfragen erledigen können – 24 Stunden täglich. Zudem bieten Microsoft oder SAP Softwareentwickler inzwischen an, mit speziellen Tools standardisierbare Bots für die oben genannten Einsatzbereiche herzustellen – auch technisch stehen die Zeichen auf Wachstum.

Ulli Pesch ist freier Journalist und schreibt regelmäßig über das Thema HR-Software in der Personalwirtschaft.