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So gestalten Sie strategisches Reboarding

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Frage an die HR-Werkstatt: Die Bedeutung des Reboardings wird oft unterschätzt. Wie kann HR den Prozess gestalten?
Es antwortet Matthias Krebs, HR-Interim Manager und Experte für Restrukturierung von Personalbeschaffung, Krebs Consulting

Viele Unternehmen wissen um den Wert eines professionellen Pre- und Onboardings für die fachliche und soziale Integration ihrer neuen Mitarbeitenden. Das Reboarding wird jedoch oft vernachlässigt. Grund hierfür sind neben knappen Ressourcen vor allem ein mangelndes Bewusstsein der Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen, wie bedeutend dieser Prozess für die Mitarbeiterzufriedenheit und – bindung ist.

Beim Reboarding geht es darum, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wieder umfassend in die Arbeitsstrukturen zu integrieren und ihm oder ihr damit den beruflichen Wiedereinstieg nach längerer Abwesenheit zu erleichtern. Dies ist beispielsweise nach der Elternzeit, nach längerer Krankheit oder nach einem Sabbatical der Fall. Dass der Rückkehrer oder die Rückkehrerin sofort ohne Hilfestellung wieder an die Zeit vor der eigenen Abwesenheit anknüpfen kann, ist ein Irrglaube. Oft stellt er oder sie nach der Rückkehr fest, dass sich vieles verändert hat: Neue Kollegen und Kolleginnen wurden eingestellt, neu zusammengestellte Teams arbeiten an anderen Themen, neue Prozesse wurden aufgesetzt und möglicherweise eine neue Software eingeführt.

Reboarding ist ein Hygienefaktor

Für Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden einen guten Wiedereinstieg ermöglichen wollen, ist Reboarding ein Hygienefaktor und Ausdruck von Wertschätzung als Teil einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur. Die Auswirkungen eines erfolgreichen Prozesses sind messbar: Vielfach hat sich gezeigt, dass Mitarbeitende schneller ins Team integriert und wirksam werden können und damit einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Im Umkehrschluss bedeutet das: Unternehmen können damit Produktivitätsverluste und die Fluktuation verringern und so vermeiden, dass wertvolles Fachwissen und Kompetenzen verloren gehen. Wie aber gelingt ein erfolgreiches Reboarding?

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Der strukturierte Reboarding-Prozess in vier Phasen

  • Phase 1: Vor der Abwesenheit
    Ist die Abwesenheit im Fall einer Elternzeit, eines Sabbaticals oder eines temporären Einsatzes zum Beispiel in einer Tochtergesellschaft geplant, sollte der Prozess frühzeitig mit dem Vorgesetzten besprochen und von HR im Fahrersitz begleitet werden? Leider wird das in vielen Unternehmen versäumt. Im Gespräch kann festgelegt werden, wie lange die Auszeit dauert, wer den Reboardee während der Abwesenheit vertritt, welche Aufgaben entsprechend verteilt werden müssen, und wer für welche Themen die Verantwortung trägt. So wird gewährleistet, dass das Team ohne denjenigen problemlos weiter agieren kann. Neben der Stellvertreterregelung ist eine frühzeitige Übergabe wichtig, bei der der jeweilige Vorgesetzte im Lead sein sollte. Dazu gehört auch eine gute Dokumentation der erforderlichen Prozesse und Arbeitsaufgaben mit relevanten Informationen, unter anderem den Kontakten der Kunden. Letztere sollten über die bevorstehende Abwesenheit rechtzeitig informiert werden. Hat der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine strategische Führungsposition oder eine kreative Funktion inne, wäre es sinnvoll, dass der jeweilige Vertreter oder die entsprechende Vertreterin den Reboardee ein paar Wochen bei seiner Arbeit über die Schulter schaut. Bereits in dieser Phase sollte geklärt werden, ob ein Informationsaustausch während der Auszeit gewünscht ist, was den Wiedereinstieg erleichtern würde. Lehnt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin dies ab, um bewusst Abstand zum beruflichen Alltag zu haben, gilt es, dies zu respektieren.
  • Phase 2: Während der Abwesenheit
    Im Fall, dass ein Kontakthalten vereinbart wurde, sollte der Vorgesetzte dem Reboardee als wichtigster Ansprechpartner in regelmäßigen Abständen Informationen zukommen lassen, zum Beispiel Newsletter mit firmeninternen Neuigkeiten. Auch durch Events, zum Beispiel Sommerfeste oder Weihnachtsfeiern, digitale Trainings und Regeltermine kann er im Prozess gehalten werden. Es geht darum, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nicht nur fachlich up to date zu halten, sondern auch die emotionale Bindung aufrechtzuerhalten. Informelle virtuelle Treffen mit Kollegen und Kolleginnen tragen zudem dazu bei, dass sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin weiterhin als Teil des Teams fühlt. Ob Sabbatical oder Elternzeit – Unternehmen sollten keinen Druck auf die Person ausüben, früher zurückzukommen. Hier geht es darum, sich als verlässlicher Arbeitgeber zu zeigen.
  • Phase 3: Kurz vor der Rückkehr
    Einige Wochen vor der Rückkehr sollte der Vorgesetzte proaktiv das Gespräch mit dem Rückkehrer oder der Rückkehrerin suchen und gemeinsam mit HR einen Reboardee-Plan erstellen: Wann ist der genaue Einstiegstermin, in welcher Funktion und in welchem Umfang? Ist zum Beispiel eine Umstellung von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle nach der Elternzeit gewünscht? Da sich die Lebensumstände nach einer längeren Abwesenheit möglicherweise stark verändert haben, sollte der Arbeitgeber auf individuelle Bedürfnisse, zum Beispiel den Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten, eingehen. Wenn gewünscht, sollte der Rückkehrer oder die Rückkehrerin den alten Arbeitsplatz wieder einnehmen können. Falls ein Wechsel in eine andere Abteilung erfolgt, braucht es einen umfassenden Onboarding-Prozess.
  • Phase 4: Nach der Rückkehr
    Die Rückkehr ist das Kernstück des Reboardings. HR sollte den Wiedereinstieg möglichst wertschätzend und strukturiert gestalten. Dieser umfasst eine gewisse Schonfrist, Feedbackschleifen und Betreuung. Wichtig ist, dass der Vorgesetzte am ersten Arbeitstag vor Ort ist und den Rückkehrer oder die Rückkehrerin in den ersten Wochen eng begleitet. Ein herzlicher Empfang und ein vorbereiteter Arbeitsplatz sowie ein individueller Einarbeitungsplan mit den jeweiligen Aufgaben, Verantwortungsbereichen und Schnittstellen erleichtern zudem den Start. Zur Förderung der sozialen Interaktion und zum Netzwerkaufbau könnte ein Teamevent organisiert werden.
    Auch könnte der oder die Vorgesetzte des Reboardees einzelne Kollegen und Kolleginnen um fachliche und persönliche Unterstützung bitten. Darüber hinaus bietet sich ein Informationspaket an, um Rückkehrern und Rückkehrerinnen einen Überblick über Veränderungen, zum Beispiel zur aktuellen Unternehmensstrategie, neuen Prozessen und Richtlinien oder technologischen Updates wie beispielsweise einer SAP-Einführung zu geben. Im Fall, dass sich die Rolle oder die Abteilung stark verändert haben, kann HR dem Reboardee auch einen Buddy zur Seite stellen, der oder die als proaktiver Ansprechpartner beziehungsweise Ansprechpartnerin idealerweise im gleichen Bereich arbeitet und schnelles Feedback aus erster Hand geben kann. Die bestenfalls daraus entstehende Bindung kann über den Reboarding-Prozess hinaus bestehen bleiben. Auch wenn der Reboardee im Vergleich zu einem neuen Mitarbeitenden mit Produkten und Technologien bereits vertraut ist, sollte HR individuelle Schulungen anbieten, um bei Bedarf Wissenslücken zu schließen. Wichtig ist zudem ein Reflexionsgespräch zwischen Rückkehrer oder Rückkehrerin und der Führungskraft nach einigen Wochen, bei dem fachliche und organisatorische Themen sowie emotionale Belange besprochen werden können.

Ein strukturierter und durchdachter Reboarding-Prozess erleichtert den erfolgreichen Wiedereinstieg und gibt dem Reboardee Sicherheit. Der enge Draht zur Führungskraft sowie die Möglichkeit zum fachlichen und sozialen Austausch wie auch zur Weiterbildung spielen eine wichtige Rolle, um im Arbeitsalltag wieder Fuß zu fassen. Im Gegensatz zum Onboarding kann beim internen Reboarding beziehungsweise einem Stellenwechsel die Verantwortungsübertragung schneller erfolgen, da der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bereits mit Abläufen und Anforderungen vertraut ist. Durch gezieltes Coaching und Mentoring kann dieser Übergang weiter erleichtert werden, was die Effizienz steigert und die Kosten senkt. Unabhängig von den Gründen und der Dauer der Abwesenheit gilt: Fühlt sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin im Prozessverlauf alleingelassen und nicht wertgeschätzt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er oder sie sich nach einem anderen Arbeitsplatz umsieht. Dagegen stärkt eine gute Integration im Rahmen des Reboardings die Loyalität.

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