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Zum Tode Roger Willemsens

Roger Willemsen ist im Alter von 60 Jahren gestorben; Bild: Anita Affentranger/Verlag S. Fischer
Roger Willemsen ist im Alter von 60 Jahren gestorben; Bild: Anita Affentranger/Verlag S. Fischer

Ich habe Roger Willemsen nur einmal getroffen im Leben – zu kurz vermutlich, um ihm angemessen nachzurufen, und doch war dieser Moment so bleibend, so ehrlich, offen und bewegend, dass ich mir anmaße, voller Respekt einige Zeilen zu verfassen.

Roger Willemsen hatte soeben seinen begeisternden Vortrag auf der Messe „Zukunft Personal“ 2014 gehalten. Es war eine reine Wonne gewesen, ihm zuzuhören, dieser sprühenden Intelligenz, dieser Meisterschaft des Wortes. Ein Weitgereister, ein Menschenfreund, ein nie verbrämter Intellektueller, bescheiden und doch begeisternd, jemand, dem man einfach gern mit offenem Mund und leuchtendem Auge zuhört. Und großartigen Humor hatte er!

Ein Mensch voller Demut

Noch ganz und gar euphorisiert saß ich hernach im Pressebereich, um über seinen Vortrag zu berichten, als er mit einer kleinen Entourage um die Ecke marschierte. Ich konnte gar nicht anders als ihn abzufangen, um ihm zu seinem Auftritt zu gratulieren und einige Worte zu wechseln.

Was folgte, war erstaunlich: In seinen Augen stand tiefe, ehrliche Dankbarkeit, sein ganzer Habitus strahlte Demut aus. Beim Händedruck verbeugte er sich so tief als sei ich derjenige, dem es hier zu huldigen gelte. Nichts an diesem Gestus wirkte aufgesetzt.

Ich kündigte an, ihm meine kleine Hymne auf seinen Vortrag im Nachgang zu senden. Kaum war die > Meldung online, leitete ich den Link weiter. Wenige Tage später kam seine Antwort, eine Danksagung, die einen Satz enthielt, den ich nicht vergessen werde: „Ich weiß zu schätzen, wie sehr Sie sich haben bewegen lassen.“

Großer Denker und kluger Streiter

Das war allein sein Verdienst. Es waren eben seine Offenheit, sein wacher Blick, sein Verständnis, seine Neugier, die es uns ermöglichten, selbst weich zu werden, die Welt mit offenen Augen zu sehen, sie an uns ran und in uns reinzulassen. Roger Willemsens Blick auf diese Welt war immer staunend, offen und klar. Und demütig. In Sachen Intelligenz und Intellektualität war er allen überlegen; er war scharfsinnig und scharfzüngig zugleich, eine oft explosive Mischung. Doch spielte er diese Überlegenheit nie aus, um anderen zu schaden, sondern um die Welt weiter zu erfahren, zu beschreiben und hier und da mit den richtigen Worten ein Stück weit geradezurücken.

Für mich war Roger Willemsen der wichtigste Intellektuelle des Landes, und ich finde es schwer zu ertragen, dass er nicht bei uns ist, wenn die Wogen der Angst und Unsicherheit weiter links und rechts durch dieses Land schwappen. Genau jetzt bräuchten wir ihn, jenen dem Menschen zugewandten, großen Denker, der auf der richtigen Seite steht. Einen klugen Streiter mit Weitblick und Herz, mit bewundernswertem Intellekt und mit einer Wortgewalt, die Prägnanz und Schönheit vereint.

Roger Willemsen erlag am Sonntag im Alter von 60 Jahren in seinem Haus bei Hamburg den Folgen einer Krebserkrankung.

Autor

Cliff Lehnen, stellv. Chefredakteur, Redaktion Personalwirtschaft