Was ist in den Betrieben in den kommenden Wochen und Monaten notwendig? Wie geht es weiter nach der Kurzarbeit? Welche Maßnahmen können Arbeitgeber ergreifen, um eine zukunftsfähige Belegschaft zu haben. Diese und andere Fragen beantwortete Markus Künzel, Partner bei der Rechtsanwaltsgesellschaft Beiten Burkhardt, auf dem 5. Praxisforum Total Rewards. Dabei hob er einige Aspekte besonders hervor.
1. Rechtliche Fragen zu Kurzarbeit
Mit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 führten viele Unternehmen Kurzarbeit ein. Die Laufzeiten und der Umfang der Maßnahme war in den Betrieben unterschiedlich. Viele Betriebe haben Kurzarbeit mittlerweile wieder beendet, konnten ihren Betrieb wieder voll aufnehmen und Mitarbeiter aus Home-Office oder Kurzarbeit zurückholen. Ziel ist, wieder einen normalen Betriebsablauf zu installieren.
Dabei gibt es aber auch Problempunkte: Manche Unternehmen mussten nach Beendigung der Kurzarbeit erneut zu verkürzten Arbeitszeiten zurückkehren, als der zweite Lockdown begann. In Betriebsvereinbarungen ist teilweise jedoch nur eine kürzere Kurzarbeit vereinbart. Somit stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber die Kurzarbeit noch einmal verlängern darf. Auch weitere Fragen tauchen auf: Wie kann ein Unternehmen kündigen, und muss es die freiwillig vereinbarte Aufstockung zum Kurzarbeitergeld weiter bezahlen, wenn es die Kurzarbeit verlängert.
In einem Punkt ist die Lage laut Markus Künzel klar: Nach heutigem Stand ist das Ende der Bezugszeit von Kurzarbeitergeld der 31. Dezember 2021. Damit ist die mögliche Dauer von Kurzarbeit bereits auf 24 Monate ausgedehnt, ursprünglich konnten Unternehmen nur für zwölf Monate Kurzarbeit beantragen.
Doch die weiteren Fragen muss jedes Unternehmen individuell klären. Auch der Betriebsrat hat nach der geltenden Rechtsprechung ein Initiativrecht und kann somit den Arbeitgeber bitten, das Problem mit der Kurzarbeit zu lösen oder es in die Einigungsstelle bringen. Für diese Fälle, so Markus Künzel, brauche ein Unternehmen eine gute rechtliche Beratung im Hintergrund.
2. Alternative Instrumente zu Kurzarbeit
Reicht die Kurzarbeit nicht aus – beispielsweise weil die Auftragslage sich in einem Unternehmen noch nicht erholt hat oder ein Unternehmen erwartet, dass es nicht zur früheren Absatzstärke zurückkehren wird – ist eventuell eine Form der Restrukturierung wie Personalabbau , Reduzierung der Vergütung oder Anpassung von Arbeitsbedingungen notwendig. Denkbar sind beispielsweise:
- natürliche Fluktuation
- Leiharbeit abbauen
- flexible Arbeitszeitmodelle
- Reduzierung der Vergütung/Gehaltsverzicht
- Betriebsferien
- Personalabbau ohne Betriebsänderung (zum Beispiel Aufhebungsverträge)
- Interessenausgleich mit Sozialplan
- Ansprache-/Freiwilligenprogramme
- Absenkung der Arbeitsbedingungen durch Zukunftssicherungstarifvertrag, bei dem die tarifliche Vergütung vorübergehend flexibilisiert wird, oder betriebliches Bündnis, falls das Unternehmen keinem Tarifvertrag angehört
a) Personalabbau versus Kurzarbeit
Kurzarbeit und Personalabbau parallel durchzuführen ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht möglich. Das liegt daran, dass der Gesetzgeber mit der Kurzarbeit Beschäftigung sichern möchte, während bei betriebsbedingten Kündigungen dauerhaft Arbeitsplätze wegfallen.
Künzel empfiehlt Arbeitgebern daher, gut im Voraus abzuwägen, welches Instrument sie nutzen möchten.
Während der Kurzarbeit ist eine Kündigung von Arbeitnehmern meist ausgeschlossen, nach der Kurzarbeit sind Kündigungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Falls ein Unternehmen dennoch während der Kurzarbeit kündigt, darf es während der Kündigungsfrist kein Kurzarbeitergeld mehr beziehen.
b) Betriebsstilllegungen
Es gibt Arbeitsanweisungen der Bundesagentur bei Bezug von Kurzarbeitergeld. Wenn ein Unternehmen seine Betriebsstilllegung in der Öffentlichkeit kommuniziert, kann es bei einer kompletten Stilllegung kein Kurzarbeitergeld mehr beziehen. Bei Teilstilllegungen ist das möglich, allerdings gegenüber den Behörden oft schwierig umzusetzen und daher gut zu begründen.
c) Personalabbau durch Ansprache-/Freiwilligenprogramme
Bei Ansprache-/Freiwilligenprogrammen handelt es sich um einen planmäßigen Personalabbau. Dieser erfolgt im Wege einvernehmlicher Arbeitsvertragsbedingungen. Die betreffenden Arbeitnehmer stimmen den Bedingungen zu, da der Arbeitgeber Anreize dafür geschaffen hat. Der Arbeitgeber muss somit keine Kündigungen aussprechen.
Diese Programme sind in Unternehmen sinnvoll, die keine Kündigungen aussprechen dürfen, beispielsweise aufgrund von tarifvertraglichen oder betriebsverfassungsrechtlichen Bedingungen, oder in Unternehmen, die aufgrund ihrer Unternehmenskultur keine Kündigungen aussprechen möchten.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.