Trotz der Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und drohender Rezession zeigt sich der Arbeitsmarkt in Deutschland weiter robust. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes wurde bei der Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr sogar ein neuer Rekord erreicht. Demnach waren im Jahresschnitt rund 45,6 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig, etwas mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019, als der bisherige Höchstwert von 45,3 Millionen Erwerbstätigen erreicht wurde. In der seit der Wiedervereinigung erhobenen Statistik findet sich kein Jahr mit einer höheren Zahl.
Als Erwerbstätige werden dabei alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – also Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte, Beamtinnen und Beamte, geringfügig Beschäftigte sowie Soldatinnen und Soldaten – ebenso gezählt wie Selbstständige, unabhängig von der Arbeitszeit und der Frage, ob mit Gehalt oder Lohn der Lebensunterhalt bestritten wird oder nicht. Die hier zitierten Zahlen beziehen sich dabei auf die in Deutschland Tätigen, also auch jenen, die aus dem Ausland hierhin pendeln. Dabei stieg im Vergleich sowohl zu den Vorjahren wie auch im Vergleich zur Zeit vor Corona die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an – von 41,1 Millionen 2020 auf 41,7 Millionen im vergangenen Jahr. Parallel sank die Zahl der Selbstständigen um gut 200.000 auf 3,9 Millionen , was wiederum der niedrigste Wert seit 1996 ist.
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Nach Erkenntnisse aus dem Fachkräftebarometer von ifo-Institut und KfW waren für den Anstieg der Erwerbstätigenzahl auch 2022 vor allem Frauen und Menschen aus dem Ausland überdurchschnittlich verantwortlich. So waren 56 Prozent des Beschäftigungsanstiegs in den ersten vier Jahresmonaten (auf die sich die Auswertung dort bezieht) auf Menschen ausländischer Herkunft zurückzuführen und 46 Prozent auf Frauen – wobei Frauen ausländischer Herkunft natürlich in beide Gruppen zählen, weshalb die beiden Zahlen nicht addiert werden sollten.
Insgesamt stellt sich der Arbeitsmarkt also mehr als stabil dar. Laut dem Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Warwei, habe er aber „Federn gelassen“, wie der Wissenschaftler der F.A.Z. sagte. Ohne die multiplen Krisen könnte die Zahl der Erwerbstätigen sogar noch höher liegen.
Es wird nicht unbedingt mehr gearbeitet
Wobei auch jetzt schon – wieder: trotz aller Krisen – in vielen Branchen das Problem vor allem ist, offene Stellen zu besetzen. So beklagten laut dem schon zitierten Fachkräftebarometer im vierten Quartal 2022 wieder knapp die Hälfte der Unternehmen den Fachkräftemangel. Dazu kommt: Mutmaßlich, weil in einigen Branchen wieder vermehrt Kurzarbeit angemeldet wurde und die Tendenz schon seit Jahren zu einer niedrigeren Jahresarbeitszeit pro Person geht, dürfte die insgesamt in Deutschland geleistete Arbeit noch nicht das Vorkrisen-Niveau erreicht haben. Laut noch vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes arbeiteten Erwerbstätige hierzulande 2022 knapp 62 Milliarden Stunden, was zwar mehr ist als 2021 (60,3 Milliarden Stunden), aber etwas weniger als 2019 (62,1 Milliarden Stunden).
Aber zurück zu den 2022er-Zahlen. Denn dort zeigen sich beim Blick auf die einzelnen Branchen und Wirtschaftsbereiche weitere interessante Entwicklungen. So liegt die Zahl der Erwerbstätigen in Handel, Verkehr und Gastgewerbe immerhin fast wieder auf Vorkrisenniveau (10,1 Millionen im Jahr 2022, 10,2 Millionen im Jahr 2019), während im öffentlichen Dienst, im Erziehungs- und Gesundheitsbereich mit 11,9 Millionen so viele Menschen arbeiten wie nie zuvor. Hier waren es 2021 11,7 Millionen Menschen, vor Corona 11,3 und 1991 sogar nur 8,1 Millionen. Die umgekehrte Entwicklung nahm in der gleichen Zeit etwa der Bereich Land- und Forstwirtschaft: Dort setzt sich der Trend zu immer weniger Beschäftigten fort. Nach 1,2 Millionen Erwerbstätigen kurz nach der Wende und immerhin noch knapp 600.000 im Vor-Corona-Jahr sank die Zahl 2022 auf 558.000 Menschen.
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Der fortgesetzte Boom am Arbeitsmarkt zeigt sich darüber hinaus auch in der jüngsten Monatsstatistik. Demnach wurde im November 2022 mit knapp 46 Millionen in Deutschland tätigen Menschen ebenfalls ein Rekordwert erreicht. Ein Jahr zuvor hatte die Zahl mehr als eine halbe Million niedriger gelegen.
Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.