Um ein Azubi-Recruiting erfolgreich aufzusetzen, muss HR den Ausbildungsmarkt kennen. Neue Studien zeichnen ein durchwachsenes Bild. Die Zahl der Ausbildungsplätze sinkt, gleichzeitig aber scheinbar auch die Passungsprobleme. Zudem gibt es mehr Anfängerinnen und Anfänger mit einem ausländischen Pass und der Gender Pay Gap ist bei der Ausbildung andersherum als bei den restlichen Beschäftigten. Die Studien im Detail.
Weniger Ausbildungsplätze
Dass die Rezession auch den Ausbildungsmarkt erreicht, ist wenig überraschend. Deutliche Warnsignale hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in der Ausbildungsumfrage 2025 wahrgenommen. Demnach bieten in diesem Jahr aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Lage ein Viertel der DIHK-Betriebe weniger Ausbildungsplätze an als im Vorjahr. Lediglich 15 Prozent der Betriebe steigern laut der Umfrage ihre Ausbildungsanstrengungen.
Etwas besser sieht laut DIHK die Besetzungsbilanz aus: Zuletzt sank zum ersten Mal seit 2018 der Anteil der DIHK-Ausbildungsbetriebe, die nicht alle der von ihnen angebotenen Stellen besetzen konnten – von 49 Prozent im Jahr 2023 auf 48 Prozent im Jahr 2024. Damit sei der Anteil der Betriebe mit Besetzungsschwierigkeiten aber immer noch 17 Prozentpunkte höher als vor zehn Jahren, so die DIHK.
Schlechte Passung
Ein Problem ist oftmals die schlechte Passung zwischen vorhandenen Ausbildungsplätzen einerseits und den Wünschen und Qualifikationen der Jugendlichen andererseits. Im Juli dieses Jahres waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) bundesweit noch 182.000 bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern gemeldete Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichzeitig waren 140.000 junge, ausbildungsinteressierte Menschen gemeldet, die noch keinen Ausbildungsplatz oder eine Alternative gefunden hatten. Nach Einschätzung der BA wird – auch wenn sich erfahrungsgemäß auf dem Ausbildungsmarkt oft sehr kurzfristig noch einiges bewegt – dieses „Mismatch auch dieses Jahr anhalten“.
Auch gibt es eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. Sie ist insbesondere abhängig vom Beruf, ergeben die Daten der BA. Manche Berufe sind für die Jugendlichen attraktiv, andere weniger begehrt. So fällt in vielen Handwerksberufen, wie in der Herstellung und im Verkauf von Lebensmitteln oder in Bauberufen, aber auch im Verkauf, in der Lagerlogistik, in Gaststättenberufen oder in technischen Berufen die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen laut der BA deutlich höher aus als die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber.
Im Gegensatz dazu gibt es etwa im Friseurhandwerk, in der Softwareentwicklung, in der Tischlerei oder auch in sehr beliebten Berufen wie der technischen Mediengestaltung und der Tierpflege deutlich weniger Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber.
Auch wenn manche Berufsgruppen größere Probleme haben als andere, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, gibt es doch Beispiele, wie auch in „schwierigen“ Berufsfeldern Azubis gewonnen werden können. Builtech etwa setzt auf eine starke Social-Media-Präsenz, Lokalevents und auch das bewusste Adressieren von Eltern.
Mehr ausländische Azubis
Dass der Ausbildungsmarkt – neben der wirtschaftlichen Situation – auch Tendenzen der allgemeinen Bevölkerungsentwicklung spiegelt, zeigen Auswertungen aus Nordrhein-Westfalen (NRW). Im Jahr 2024 haben nach Angaben des Statistischen Landesamtes 13.569 Auszubildende mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Nordrhein-Westfalen einen Ausbildungsvertrag im dualen System neu abgeschlossen.
Damit stieg die Zahl der ausländischen Ausbildungsanfängerinnen und -anfänger im Vergleich zum Vorjahr um 21,5 Prozent. Im Gegensatz dazu sank die Zahl der deutschen Azubis mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag 2024 um 3,8 Prozent auf 91.353. Insgesamt gab es in NRW 104.922 neue Azubis, also rund ein Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Azubi-Verdienst: Frauen liegen vorne
Ob sich ein Talent für eine Ausbildungsstelle entscheidet, hängt auch vom Gehalt ab. Auszubildende in Deutschland verdienen – über alle Ausbildungsjahre und Berufe hinweg – im Durchschnitt 1.238 Euro brutto im Monat (ohne Sonderzahlungen), besagen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Beim Gehalt gibt es einen Gender Pay Gap. Der ist aber bei den Azubis anders ausgeprägt, als man es sonst kennt: Frauen verdienen nämlich in der Ausbildung mit 1.302 Euro mehr als die Männer mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.187 Euro.
Dieser Unterschied hängt mutmaßlich mit dem hohen Frauenanteil in Pflegeberufen zusammen, wo fast drei Viertel aller Auszubildenden Frauen sind – und das Ausbildungsentgelt mit 1.310 Euro brutto den Spitzenplatz hat.
Aber nicht nur in der Pflege wird ein vergleichsweise hohes Ausbildungsentgelt gezahlt, auch in Schifffahrtsberufen. Die Ausbildung zur Schiffbauerin und zum Schiffbauer etwa wurde mit 1.236 Euro brutto im Monat hoch vergütet. Das liegt zwar sehr nah am Durchschnittsgehalt, welches aber vor allem wohl auch durch die vielen Pflege-Azubis in die Höhe getrieben wird. Im Handwerk verdienten Auszubildende im Durchschnitt 1.008 Euro brutto im Monat. Die geringste Vergütung erhielten Auszubildende in Künstlerberufen: Im Bereich Musik, Fotografie oder Grafikdesign verdienten die Azubis durchschnittlich gerade einmal 914 Euro.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Verdiensthöhe hat die Größe des Ausbildungsbetriebes. Es gilt die Faustregel: Je größer der Betrieb, desto höher die Vergütung. Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten zahlten ihren Auszubildenden 2024 ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 929 Euro. Auszubildende in Unternehmen mit 50 bis 99 Beschäftigten verdienten 1.083 Euro brutto im Monat. In Unternehmen mit 1.000 oder mehr Beschäftigten erhielten Auszubildende im Schnitt 1.494 Euro brutto im Monat.
Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Berichterstattung zur Aus- und Weiterbildung. Zudem ist sie verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft sowie den Deutschen Personalwirtschaftspreis.

