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Lediglich ein gutes Drittel (37 Prozent) der deutschen Arbeitnehmer mit einer LGBT-Orientierung legt diese gegenüber allen Arbeitskollegen offen. 36 Prozent vertrauen sich einigen Kollegen an und 27 Prozent verschweigen ihre sexuelle Orientierung. Im internationalen Durchschnitt outen sich 52 Prozent gegenüber allen Arbeitskollegen. Am offensten sind Berufstätige in Großbritannien (63 Prozent), Brasilien (60 Prozent) und den USA und Kanada (55 Prozent). Es folgen Frankreich (48 Prozent), Mexiko (47 Prozent), Italien (46 Prozent), die Niederlande (43 Prozent)und Spanien (42 Prozent). Damit liegt Deutschland am untersten Ende der Skala, was die Offenheit hinsichtlich der sexuellen Orientierung betrifft. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Out@Work“ der Boston Consulting Group (BCG), für die in den zehn Ländern mehr als 4000 Berufstätige und Studenten unter 35 Jahren befragt wurden, die verschiedene LGBT-Profile repräsentieren.
22 Prozent der deutschen LGBT-Talente sehen Outing als Karrierehindernis
Theoretisch wäre in Deutschland die Mehrheit (85 Prozent) der Befragten bereit, sich im Job zu outen. 38 Prozent glauben auch, dass ein öffentliches Bekenntnis zu ihrer Sexualität im Job ihr Leben einfacher machen würde. Doch 22 Prozent machen sich Sorgen, dass ihr Outing für sie ein Karriererisiko bedeuten könnte. 42 Prozent geben sogar an, dass sie im Gespräch mit Vorgesetzten über ihre sexuelle Orientierung lügen. Nur vier Prozent der deutschen LGBT-Vertreter wäre bereit, in einem Land zu arbeiten, in dem Homosexualität strafrechtlich verfolgt wird – der niedrigste Wert unter den zehn untersuchten Ländern.
Viele Unternehmen haben sich das Thema Diversity bereits auf die Fahnen geschrieben. Sie müssen aber noch besser darin werden, ein sicheres und unterstützendes Umfeld für LGBT-Mitarbeiter zu schaffen, wenn sie diese Talente künftig gewinnen und halten wollen,
sagt Studienautorin Annika Zawadzki. Neben Gehalt und Standort achteten LGBT-Talente bei der Wahl des Arbeitgebers vor allem auf eine LGBT-freundliche Unternehmenskultur, dazu zähle, dass Unternehmen eine Antidiskriminierungsrichtlinie befolgen und LGBT-Mitarbeiter nicht in Ländern arbeiten müssen, in denen Homosexualität unter Strafe steht. Außerdem sei den deutschen Studienteilnehmern ein lebendiges LGBT-Netzwerk wichtig, das Mitarbeiter zusammenbringt und LGBT-Karrieren aktiv fördert, so Zawadzki, die Arbeitgebern empfiehlt, bei diesen Themen anzusetzen.
Frauen machen ihre sexuelle Orientierung seltener öffentlich als Männer
Im internationalen Durchschnitt haben sich von den Befragten 44 Prozent im Job geoutet und fühlen sich wohl damit. 35 Prozent halten ihre sexuelle Orientierung im Beruf geheim und sind damit zufrieden. 13 Prozent hatten noch kein „Coming Out“ im Job und sind damit unzufrieden. Acht Prozent haben sich geoutet und fühlen sich damit unwohl. Frauen (43 Prozent) outen sich am Arbeitsplatz seltener als Männer (57 Prozent) und nichtbinäre Menschen (46 Prozent), die sich weder der weiblichen noch der männlichen Kategorie zuordnen. Transgender-Menschen (44 Prozent) geben sich im Berufsumfeld seltener als andere Gruppen (52 Prozent) zu erkennen.
LGBTs haben andere Arbeitgebervorlieben als Heteros
Außerdem zeigt die Studie, dass Menschen mit LGBT-Orientierung andere Vorlieben haben als Heterosexuelle, was die Wahl des Arbeitgebers betrifft. 40 Prozent der LGBT-Studienteilnehmer zieht es in den öffentlichen Sektor, während es bei anderen Berufstätigen mit 34 Prozent etwa weniger sind. Auch Non-Profit Organisationen sind bei Nicht-Heteros beliebter (29 Prozent) als bei Heterosexuellen (19 Prozent). Die Privatwirtschaft ist in der ersten Gruppe bei 58 Prozent als Arbeitgeber attraktiv und in der zweiten bei 69 Prozent. Auch Start-Ups sind bei LGBT-Menschen mit 19 Prozent weniger populär als bei Heterosexuellen (26 Prozent).
Die vollständigen Studienergebnisse stehen in englischer Sprache zum > Download zur Verfügung.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.