Ausbildungsverantwortliche stellen immer mehr fest, dass sie ihre Ausbildungsstellen nicht gut besetzen können. Quantität statt Qualität berichten mir viele. Es liegt daher auf der Hand, die bewährten Marketingstrategien zu überprüfen, zu ergänzen und zu erweitern. Dabei gilt es nicht, noch mehr Bewerbungen zu erhalten, sondern die richtigen.
Der Einsatz von Social Media im Azubi-Recruiting wird schon lange diskutiert. Instagram als ein Tool fürs Employer Branding und ergänzendes Marketingtool hat sich trotz aller Diskussionen in den letzten Jahren bei vielen Arbeitgebern etabliert.
Welche Möglichkeiten bietet Tiktok im Recruiting?
TikTok ist eine Social Media Plattform, die es Nutzenden ermöglicht, kurze Videos zu erstellen, anzusehen und zu teilen. Sie hat weltweit enorm an Popularität gewonnen, insbesondere bei jüngeren Nutzenden von 13 bis 24 Jahren.
Das Hauptmerkmal von TikTok sind die kurzen Videos, die in der Regel eine Länge von 15 bis 60 Sekunden haben. Die Nutzenden können verschiedene Tools und Effekte nutzen, um ihre Videos zu bearbeiten und mit Musik, Filtern, Texten und Stickern zu versehen. Die Plattform bietet eine breite Palette von Inhalten, darunter Tanz- und Lip-Sync-Videos, Comedy-Sketches, DIY-Anleitungen, Mode- und Beauty-Tipps, Sport- und Fitnessinhalte und vieles mehr.
Der Algorithmus von TikTok ist darauf ausgelegt, personalisierte Inhalte basierend auf den Vorlieben und dem Verhalten jedes einzelnen Nutzenden anzuzeigen. Dies ermöglicht es den Nutzenden, schnell und einfach neue Inhalte zu entdecken und mit anderen Nutzenden zu interagieren. TikTok hat eine lebendige Gemeinschaft von Nutzenden, die sich gegenseitig folgen, Inhalte kommentieren, teilen und mit „Gefällt mir“ markieren können.
Auf welchen Kanälen suchen Auszubildende nach Stellen?
Laut der Studie Azubi-Recruiting Trends 2023 der u-form Testsysteme nutzen nur 11 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland Social Media für ihre Ausbildungsplatzsuche und von diesen Befragten nutzen 52 Prozent Instagram, 39 Prozent Youtube und 28 Prozent TikTok aktiv, um nach Ausbildungsplätzen zu suchen und sich über Betriebe zu informieren.
Eine auf den ersten Blick kleine Zielgruppe – verglichen mit anderen Marketingmaßnahmen wie Praktika oder Schulmessen. Wichtig nun bei der Einordnung zu beachten: Hier wurde nach der aktiven Nutzung der spezifischen Social-Media-Kanäle bei der Suche nach dem Ausbildungsplatz gefragt. Es wurde nicht abgefragt, ob man indirekt oder durch Zufall über einen bestimmten Social-Media-Kanal auf ein Unternehmen oder eine Stellenanzeige aufmerksam wurde.
Wie sollten Unternehmen werben?
Als allgemeine Begründung gegen Marketing mit Social Media Tools wie Instagram, Twitch, Youtube und nun auch TikTok wird immer wieder angeführt, dass die jungen Leute unter sich bleiben wollen und auch auf Nachfrage keine Werbung auf ihrer Plattform sehen wollen. Das wäre so, als würde man Fernsehzuschauer fragen, ob sie gerne Werbung sehen. Die Ergebnisse der Studie verwundern also nicht.
Essenziell ist – und das galt schon immer bei Werbung –, dass diese nicht als klassische Werbung erkennbar sein darf. Sie sollte vielmehr informieren, unterhalten und gegebenenfalls sogar provozieren.
Die Vorteile von TikTok beim Recruiting von Azubis
Reichweite: TikTok hat weltweit Millionen von aktiven Nutzenden, darunter viele junge Menschen. Indem man auf TikTok präsent ist, kann man eine große Anzahl von potenziellen Auszubildenden erreichen.
Authentizität: TikTok ist eine Plattform, die stark von den generierten Inhalten ihrer Nutzenden lebt. Indem Unternehmen auf TikTok aktiv sind, können sie ihre Kultur und Arbeitsumgebung auf authentische und unterhaltsame Weise präsentieren. Das kann für junge Menschen, die nach Ausbildungsplätzen suchen, ansprechend sein.
Viralität: TikTok-Inhalte haben oft das Potenzial, viral zu gehen. Wenn ein Unternehmen auf TikTok ansprechende Inhalte erstellt, besteht die Möglichkeit, dass diese Inhalte von Nutzenden geteilt und verbreitet werden. Dadurch kann die Reichweite der Inhalte erhöht werden, was durch bewährte Methoden wie eine Schulmesse meist nicht möglich ist.
Zielgruppe: TikTok arbeitet ähnlich wie Instagram daran, dass Inhalte einem bestimmten Personenkreis eingeblendet werden. Dazu können Interessen, Orte (Regionalität) und Alter eingestellt werden.
Die Nachteile von TikTok beim Recruiting von Azubis
Machen wir uns nichts vor, Social Media Marketing ist sehr zeitaufwendig und es bedarf eines gewissen Händchens, um Trends und für die Zielgruppen Interessantes so aufzubereiten, dass es auch Aufmerksamkeit erzeugt und wirkt. War es etwa noch bei Instagram möglich, ein paar nette Stories und ein Beitragsbild mit Inhalt zu posten, setzt TikTok ausschließlich auf kurze, unterhaltsame Videos, die erstmal erstellt werden müssen.
Auch das Thema Datenschutz ist insbesondere bei TikTok als chinesisches Unternehmen kritisch zu betrachten. TikTok sammelt eine Vielzahl von Daten, einschließlich Informationen zum Standort, Geräteinformationen, Kontakte, Inhalte, die hochgeladen oder angesehen wurden, und Informationen über das Nutzungsverhalten. In der Vergangenheit äußerten Datenschützer immer wieder Bedenken, dass TikTok möglicherweise mehr Daten sammelt, als für den Betrieb der App erforderlich ist.
Verschiedene Medien haben darüber berichtet, dass TikTok Daten an Dritte, insbesondere an Unternehmen in China, weitergegeben hat. Diese Praxis hat Befürchtungen hinsichtlich des Zugriffs auf persönliche Daten und möglicher Einflussnahme auf politischer Ebene ausgelöst. TikTok verwendet einen Algorithmus, um personalisierte Inhalte für die Nutzenden anzuzeigen. Es besteht die Sorge, dass dieser Algorithmus und die damit verbundenen Empfehlungen die Verbreitung von bestimmten Inhalten oder politischen Meinungen beeinflussen könnten.
Da TikTok besonders bei jungen Menschen beliebt ist, gibt es Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Minderjährigen und der Sammlung ihrer persönlichen Daten. Es wurden Fälle von unangemessenem Verhalten, Belästigung und Kontakt mit Minderjährigen gemeldet.
Ich bin dennoch der Meinung, dass TikTok neben anderen Social Media Tools und bewährten Methoden wie Praktika, Schulbesuchen und -messen zukünftig nicht mehr wegzudenken ist. Insbesondere um Bewerbende anzusprechen, die nicht über bewährte Maßnahmen erreichbar sind. Probieren Sie es doch mal aus!
Info
Claudia Schmitz ist Unternehmerin, Beraterin, Autorin und Speakerin. Für die Personalwirtschaft kommentiert sie jeden Monat Entwicklungen und Verbesserungsbedarfe bei der dualen Berufsausbildung. Ihre Kolumne finden Sie hier.
