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So erschließen Sie einen neuen Bewerberkreis

HR-Werkstatt zu soziale Aufsteiger als Bewerberkreis

Frage an die HR-Werkstatt: „Wie können Unternehmen soziale Aufsteiger als neuen Bewerberkreis erschließen und so für mehr Talente im Unternehmen sorgen?“

Es antwortet: Natalya Nepomnyashcha, Gründerin und Geschäftsführerin, Netzwerk Chancen.

Soft Skills und Methodenkenntnisse werden in unseren veränderten Arbeitswelten immer relevanter. Mitarbeiter, die ziel- und lösungsorientiert denken und handeln, sich nicht scheuen, auch mal unkonventionelle Wege zu gehen und dabei Durchsetzungsstärke an den Tag legen, sind die High Potentials. Sie bringen unsere Unternehmen nach vorne. Insbesondere Menschen aus finanzschwachen oder nicht-akademischen Familien bringen ebendiese Fähigkeiten mit. Denn der Bildungsaufstieg verlangt ihnen viel Durchsetzungskraft, Flexibilität und vollen Einsatz ab. Hört sich nach einer spannenden Zielgruppe an, die Sie bis jetzt nicht auf dem Schirm hatten?

1. Tipp : Formulieren Sie Ihre Jobausschreibungen kompetenzbasiert

Noch immer skizzieren viele Stellenausschreibungen das Anforderungsprofil der sogenannten „eierlegenden Wollmilchsau“. Häufig setzen Trainee- oder Nachwuchskräfteprogramme ganz bestimmte Studiengänge, Auslandsaufenthalte und soziales Engagement voraus. Junge Menschen, die sich ihr Studium selbst finanzieren mussten, hatten womöglich nicht die Zeit oder das Geld, neben Studium und Nebenjob weitere berufsrelevante Erfahrungen (im Ausland) zu sammeln. Viele Kandidaten sehen jedoch von einer Bewerbung ab, wenn sie sich nicht zu einem Großteil im Stellenprofil wiederfinden. Dazu gehört es auch, wenn der eigene Studiengang in der Auflistung fehlt. Unternehmen, die soziale Aufsteiger gewinnen möchten, sollten sich somit beim Ausformulieren der Stellenausschreibungen Gedanken machen, welche Kernkompetenzen für den jeweiligen Job unbedingt notwendig sind und eher diese in den Vordergrund stellen als formale Qualifikationen.

2. Tipp : Geben Sie in Ausschreibungen persönliche Ansprechpartner an

Beim Berufseinstieg können soziale Aufsteiger auf kein Netzwerk zurückgreifen. Sie können nicht ihre Eltern oder deren Freunde nach Unterstützung und Tipps fragen. Vermutlich haben sie auch keine Kontakte beim Zielarbeitgeber. Gerade deshalb ist es sehr sinnvoll, Stellenausschreibungen mit persönlichen Kontaktdaten von Ihren Mitarbeitenden zu versehen, die Fragen zum Job, Berufsalltag und dem Einstellungsprozess beantworten können. Das wirkt sehr einladend und nahbar und erhöht die Chancen, dass sich soziale Aufsteiger melden, um ein Vielfaches.

3. Tipp: Sensibilisieren Sie Ihre Personalentscheider für den Wert ungerader Lebensläufe

Neben der Ansprache stellt insbesondere der Personalauswahlprozess die größte Hürde für Aufsteiger dar. Wenn Sie soziale Aufsteiger gewinnen möchten, sollten Sie Ihre Personaler schulen, auch für ungerade Lebensläufe offen zu sein und jenseits von Schlagwörtern zu suchen. Denn gerade soziale Aufsteiger haben häufig erst auf dem zweiten Bildungsweg studiert, waren womöglich auf keiner Top-Uni, da sie nicht wussten, wie man auf diese gelangt. Vielleicht haben sie auch keine Praktika bei den Branchengrößen absolviert, da ihnen durch ihre Herkunft seinerzeit Informationen dazu fehlten, welche Praktika wirklich wertvoll sind. Trotzdem haben sie sich durchgebissen und bringen wie oben erwähnt diverse Kompetenzen mit, die Ihr Unternehmen bereichern. Doch um diese zu erkennen, muss man manchmal hinter die Fassade blicken. 

4. Tipp: Führen Sie Non-Bias-Trainings für Personalentscheider und Führungskräfte durch

Es ist menschlich und passiert häufig unterbewusst, dass wir mit Kandidaten sympathisieren, die uns ähnlich sind. Dazu gehören dasselbe soziale Umfeld, aus dem man stammt, dieselbe absolvierte Universität oder die gleichen Hobbys. Wenn Sie als Unternehmen sozial divers sein möchten, sollten Sie Ihren Personalentscheidern helfen, die möglicherweise existenten unterbewussten Vorurteile zu erkennen. Diese Eigenreflexion kann helfen, offen und unvoreingenommen in jegliche Gespräche mit Kandidaten zu gehen und sozialen Aufsteigern den Weg in Ihr Unternehmen zu erleichtern. Als Maßnahme eignen sich hier Non-Bias- oder Diversity-Trainings für alle Mitarbeiter, die Personalentscheidungen fällen.

5. Tipp: Werben Sie aktiv damit, dass Sie gerne soziale Aufsteiger einstellen

In jeglicher Form von Marketing ist heute Zielgruppenansprache das A und O. Wenn Sie eine bestimmte Gruppe erreichen möchten, lohnt es sich, diese gezielt zu benennen. Es spricht also vieles dafür, aktiv damit zu werben, dass Sie soziale Aufsteiger als wertvolle Mitarbeitende ansehen und sie gerne einstellen. Sie können etwa in einer Social-Media-Kampagne zeigen, wie sich soziale Aufsteiger in Ihrem Unternehmen fühlen und was Sie schon heute für diese Gruppe tun. Sie können (Online-)Events besuchen, die sich explizit an soziale Aufsteiger wenden und danach öffentlich Ihre Unterstützung für das Thema soziale Diversität bekunden. Ebenso spricht vieles dafür, in den Ausschreibungen explizit zu erwähnen, dass Sie für soziale Aufsteiger offen sind und soziale Herkunft als einen Diversity-Faktor begreifen. Das ermutigt die Zielgruppe zusätzlich zu einer Bewerbung.

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