Die Generationen Y und Z sind es gewohnt, alles mobil zu erledigen und ihr Leben per Smartphone zu organisieren. Warum also nicht via Handy bewerben? Als logische Konsequenz des Mobilefirst-Trends, der sich durch alle Bereiche der Wirtschaft zieht, sollte der gesamte Bewerbungsprozess mobil verankert sein. Die Realität sieht aber anders aus, die Bewerber werden zu einem Medienbruch gezwungen und eine Bewerbung durch den Online-Portal-Dschungel dauert gerne 60 Minuten und länger – abschreckend für viele Bewerber. Aus Firmensicht heißt das: Wer Mitarbeiter im Alter von 17 bis 35 Jahren sucht, die für den Aus- und Aufbau innovativer Geschäftsmodelle dringend benötigt werden, kommt an der digitalen Wende im Recruiting nicht vorbei.
In der Praxis eingesetzt
Das Consulting-Unternehmen P3 Automotive aus Stuttgart hat die Wende bereits vollzogen. Der Ingenieurdienstleister berät große Automobilkonzerne in der Unternehmensführung und bei neuen Ingenieurslösungen – und steht im täglichen Kundenkontakt. Daher ist nicht nur die Technologiekompetenz eines Bewerbers wichtig, sondern auch seine Persönlichkeit. Das Beratungshaus entschied sich dafür, die Lösung des Start-ups Talentcube einzusetzen. Diese macht es möglich, ein komplett mobiles Bewerbungsverfahren per App abzuwickeln, und Kandidaten können sich bereits bei Bewerbungseingang per Video vorstellen. „Wir finden es toll, durch den Einsatz der App direkt bei Bewerbungseingang einen persönlichen Eindruck von den Kandidaten zu erhalten“, kommentiert Daniel Wulf, Head of Human Relations bei P3. Eine weitere Überlegung, die die Entscheidung beeinflusste: Der Einsatz der Bewerbungsmöglichkeit per Video wird komplett innerhalb der App abgewickelt und „signalisiert den Kandidaten, dass wir als Arbeitgeber selbst auf digitaler Höhe der Zeit sind“.
Auch das in Velbert ansässige Handelsunternehmen Procar entschied sich für die mobile Recruiting-Lösung, da es insbesondere für seine Ausbildungsplätze regelmäßig eine hohe Anzahl von Bewerbungen erhält. Das Unternehmen benötigte deshalb effiziente Prozesse, um die besten Azubis zu identifizieren. Da die Kandidaten erst am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen, ähneln sich Lebensläufe und Schulnoten oft sehr stark und stellen die Recruiter oft vor das Problem, dass ihnen kaum Differenzierungsmerkmale zur Verfügung stehen. Das Unternehmen entschied sich daher für die App-gesteuerte Bewerbung, bei der Personaler bereits beim ersten Kontakt mit dem potenziellen neuen Mitarbeiter mehr über seine Persönlichkeit und seine Motivation erfahren. „Die Lösung ist mittlerweile ein fester Bestandteil beim Recruiting unserer Auszubildenden und unterstützt uns optimal dabei, hochkarätige Nachwuchstalente frühzeitig zu erkennen“, kommentiert Julia Behler, Personalmanagerin und Ausbilderin bei Procar Automobile GmbH.
Auch auf dem Gebiet der Personaldienstleistungen kommt die mobile Video-Bewerbung bereits zum Einsatz. So stellt für Pharma K die zeitversetzte Video-Bewerbung eine willkommene Arbeitserleichterung dar. Unter vielen Bewerbern für die Positionen als Pharmareferent und -berater, Naturwissenschaftler und im Pharma-Außendienst gilt es, die besten zu identifizieren und diese dem Kunden optimal zu präsentieren. Die Kunden von Pharma K bekommen somit nicht länger lediglich PDF-Profile, sondern gleich den Menschen hinter der Bewerbung zu sehen.
Ein Bewerbungsvideo interpretieren
Unternehmen können die App für die mobile Bewerbung ohne großen Aufwand in ihren Recruiting-Prozess einbinden. So kann die Bewerbung via Video direkt bei der ersten Reaktion auf die OnlineStellenanzeige eingesetzt werden. Oder aber erst im zweiten Schritt, wenn aufgrund der Bewerbungsunterlagen entschieden werden soll, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Auch ist der Einsatz komplett unabhängig von der Plattform, soll heißen, ob die Stellenanzeige bei einer der großen Jobbörsen, einer Meta-Jobsuchmaschine, auf der eigenen Karriereseite oder in Printmedien geschaltet wurde: Die Integration ist immer möglich.
In der App hinterlegen die Recruiter drei für die Tätigkeit relevante Fragen, die der Kandidat in jeweils 30 Sekunden per Video über das Smartphone beantwortet. Das Besondere: Der Kandidat kann die Fragen vorher nicht einsehen, muss also spontan antworten. Unternehmen können zum Beispiel folgende Fragen stellen: Was zeichnet Sie aus? Was reizt Sie an der Position?
Mobile Bewerbungen anzunehmen bedeutet, dass auch geschulte Lebenslauf-Leser vor neue Aufgaben gestellt werden: Der visuelle Aspekt gesellt sich neben den Text zu den Entscheidungskriterien. Standardisierte Auswahlprozesse nach Schema F werden aufgebrochen und die Recruiter müssen sich umstellen. Dabei sollten Kriterien, die sonst erst im Bewerbungsgespräch Anwendung finden, bereits für die Vorauswahl genutzt werden: Wie ist die Körpersprache des Bewerbers? Wie gut kann er sich ausdrücken? Wie geht er mit schwierigen Fragen um? So bekommen die Personaler ein persönliches Bild von dem Jobsuchenden, das ihnen durch das pure Scannen des Lebenslaufs und des Anschreibens verwehrt geblieben wäre.
Da inzwischen ein Großteil der Smartphones hochqualitative Kameras integriert, ist die eigene Aufzeichnung in guter Bildqualität machbar und neue Wege für den Bewerbungsprozess eröffnen sich. Im Fall von Talentcube lädt sich der Bewerber ganz einfach die iOS- oder Android-App über den Appstore herunter und wird intuitiv von der App durch den Bewerbungsprozess, inklusive Videoclip-Aufnahme, geführt. Der Lebenslauf kann vom Bewerber direkt via Linkedin oder Xing importiert oder von ihm in der App gepflegt werden, was die Bewerbung deutlich vereinfacht.
Datenschutz ist (k)ein Thema
Zurecht fragen sich Firmen und Recruiter, wie es um den Datenschutz beim mobilen Recruiting steht. Hier ist es wichtig hervorzuheben, dass es sich bei der Video-Bewerbung nicht um ein „alternativloses“ Bewerbungsgespräch, sondern um eine freiwillige Aktion handelt, die die Informationen zur mobilen Bewerbung ergänzt. Der Nutzer stimmt also nach dem Download der App und vor der Weitergabe seiner persönlichen Daten im Rahmen eines aktiven Opt-in der Datenschutzerklärung zu. Diese klärt den Kandidaten über die Erhebung, Nutzung und Weitergabe der Bewerberdaten auf. Die Datenschutzerklärung enthält zudem den Hinweis, dass die Verweigerung der Nutzung keine Auswirkungen auf die Chancen im jeweiligen Bewerbungsverfahren hat. Der Bewerber kann sich also stets bei dem Unternehmen auch auf schriftlichem oder einem anderen angebotenen elektronischen Wege bewerben, ohne dass er deswegen Nachteile zu befürchten hat.
Durch die Zustimmung des Bewerbers wird Talentcube dem § 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gerecht. Die Datenhoheit der Bewerbungsdaten und deren Löschung liegen bei den Unternehmen, die mit der App arbeiten. Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen im Zuge des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) die Daten jedes nicht eingestellten Bewerbers maximal sechs Monate aufbewahren. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 4 AGG sowie § 61b ArbGG.
Authentisch und nah am Bewerber
Die mobile Video-Bewerbung ermöglicht es Unternehmen, statt seitenlangen, oft nichtssagenden, wenig authentischen Bewerbungsschreiben einen unmittelbaren und unverfälschten Blick auf Kandidaten zu erhalten: Mindset und Cultural Fit inklusive. Die mobile Video-Bewerbung eignet sich besonders gut für eine junge Zielgruppe sowie für Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Kommunikation und Persönlichkeit erfordern. Dies trifft zum Beispiel für Aufgaben im Vertrieb, Beratung, Kundenservice oder auch im Marketing zu. „Probier es mal mit Persönlichkeit!“ könnte der Aufruf an die Personaler heißen. Die neuen Technologien machen es möglich.