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„Azubis nur im Home Office arbeiten zu lassen, halte ich für schwierig“

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Tobias Heberlein, Geschäftsführer der FUNKE Works GmbH, zu der die Online-Stellenbörse AZUBIYO gehört.
Tobias Heberlein, Geschäftsführer der FUNKE Works GmbH, zu der die Online-Stellenbörse AZUBIYO gehört.

Herr Heberlein, blicken wir auf das letzte Jahr zurück. Wie haben Sie die Lage in den Ausbildungsbetrieben wahrgenommen?

Tobias Heberlein: Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, je nach Unternehmensgröße und Branche. Vor allem zu Beginn der Pandemie gab es viel Unsicherheit seitens der Unternehmen, aber auch seitens der Bewerber. Nach der ersten Schockstarre haben viele Unternehmen verstärkt in Online-Recruiting investiert und Formate wie Video-Bewerbungsgespräche und digitale Messen ausprobiert. Auch diejenigen, die bisher sehr klassisch nach Nachwuchs suchten, stellten sich um.

Wird das Recruiting künftig fast nur noch digital ablaufen?

Die Digitalisierung ist zur Realität jedes Einzelnen geworden, nicht nur im beruflichen Kontext. Es gibt digitale Sportstunden, Online-Konzerte und so weiter. Für jeden von uns bedeutet Digitalisierung viel mehr als nur Homeoffice. Es verändert unseren Alltag und somit auch die Bewerbungsprozesse.

Es ist wichtig zu sagen, dass E-Recruiting keine Erfindung der Krise war. Onlinestellenanzeigen und aktive Kandidatenansprache etwa gab es auch schon vorher. Viele Unternehmen haben gelernt, welche Prozesse darüber hinaus digitalisiert werden können. Es war eine gute Möglichkeit, zu reflektieren: Wo kann Digitalisierung auch künftig im Recruiting verwendet werden, um Zeit und Kosten zu sparen? Auf der anderen Seite konnten Unternehmen sehen, was man lieber analog machen möchte. Themen wie Bewerbungsgespräche per Video werden auch in Zukunft ihren Platz haben, können den persönlichen Austausch aber nie ganz ersetzen.

Remote Work verändert das Arbeitserlebnis. Worauf müssen sich Arbeitgeber einstellen?

Arbeitnehmer haben in den letzten 1,5 Jahren ganz genau beobachtet, wie ihr Unternehmen mit der Krise umgegangen ist. War man für seine Mitarbeiter da, konnten trotz der räumlichen Distanz genügend Kontaktpunkte geschaffen werden und ist im Austausch geblieben?

Home Office kann die Bindung zum Arbeitgeber schwächen. Man wird austauschbar und die Wechselbereitschaft steigt. Azubis und dual Studierende nur im Home Office arbeiten zu lassen, halte ich daher für schwierig. Gerade bei Berufseinsteigern sinkt die Bindung, wenn das Erleben im Ausbildungsbetrieb wegfällt.

Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie ihre Azubis in Home Office schicken?

Setzen Sie auf konkrete Aufgaben und Ziele und halten Sie feste Termine ein, in denen die Umsetzung und der Fortschritt der Tätigkeiten besprochen werden. Für einen persönlichen Austausch sollte ebenso Zeit sein. Gemeinsame Kaffeepausen und Mittagessen per Video bieten sich dafür an. Auch ein gemeinsames Workout per Video mit den Kollegen kann Spaß machen und motivierend wirken.

Noch haben wir Corona nicht überstanden. Wie können Unternehmen jetzt noch Azubis finden und binden?

Corona hat viele Jugendliche verunsichert, ob sich die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz lohnt. Unternehmen sollten deutlich machen, dass sie weiter Azubis suchen und ihre Stellen aktuell sind. Eine starke Botschaft auf der Karriereseite oder in Stellenanzeigen kann lauten „Wir sind für dich da – auch in einer Krise“. Erzählen Sie zum Beispiel, wie die Ausbildung während der Coronazeit bei Ihnen stattgefunden hat, wie der Berufsschulunterricht ablief und wie Sie allgemein mit der Umstellung umgegangen sind. Das strahlt Sicherheit und Verlässlichkeit aus. Hat Ihr Unternehmen oder Ihre Branche die Krise gut gemeistert, lohnt es sich bei der Mitarbeiterakquise, dies als Pluspunkt hervorzuheben.

Was spricht junge Bewerber darüber hinaus an?

Die Frage nach dem Sinn treibt immer mehr Menschen an und spielt auch bei der Wahl des Berufs und des Arbeitgebers eine große Rolle. Die Bewerber schauen, welche Werte ein Unternehmen vertritt. Engagieren Sie sich zum Beispiel für Nachhaltigkeit? Dann sprechen Sie darüber und präsentieren Ihre Umweltprojekte auf Ihrer Karriereseite. In Stellenanzeigen können Sie darauf eingehen, wie neue Mitarbeiter einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten können. Im Bewerbungsverfahren können Sie mit Nachhaltigkeit punkten, indem Sie zum Beispiel auf papierlose Bewerbungen setzen, erste Gespräche per Video führen und auf Tablets setzen, anstatt Unterlagen auszudrucken.


Tobias Heberlein ist Geschäftsführer der FUNKE Works GmbH,
zu der die Online-Stellenbörse AZUBIYO gehört. AZUBIYO bringt über ein
wissenschaftlich fundiertes Matching-Verfahren Schüler und Unternehmen
passgenau für Ausbildung und Duales Studium zusammen. Mehr unter www.azubiyo.de.