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Motherhood Penalty: Warum verdienen Mütter weniger?

Wird eine Frau Mutter, verdient sie fortan weniger – für Männer, die Väter werden, gilt dies nicht. Dieses als „Motherhood Penalty“ oder manchmal „Child Penalty“ bekannte Phänomen ist nicht neu. Studien zeigen jetzt aber: In Deutschland ist es im internationalen Vergleich besonders ausgeprägt. „Unter den 30-Jährigen verdienen Mütter im Durchschnitt 70 bis 80 Prozent weniger als Väter“, heißt es beispielsweise vonseiten des Ifo Instituts. Bei kinderlosen Personen im selben Alter sei der Gender Pay Gap hingegen in den vergangenen Jahren auf weniger als 5 Prozent gesunken.

Diese Diskrepanz liegt vor allem daran, dass es oft noch die Mütter sind, die nach der Geburt längere Zeit in Teilzeit gehen, seltener die Väter. (Zu gleichgeschlechtlichen Paaren liegen uns leider keine Erkenntnisse vor, Anm. der Redaktion) Ifo-Forscherin Elena Herold, die sich mit der Thematik beschäftigt, weist allerdings auf eine Studie hin, an der sie mitgearbeitet hat. Sie zeigt, „dass nach der Geburt des ersten Kindes auch die Stundenlöhne sinken, jedoch nicht so stark wie die Erwerbstätigkeit.“ Sie vermutet, dass sei darauf zurückzuführen, dass Mütter häufig in Berufe wechseln, die besser mit dem Familienleben zu vereinbaren sind – aber schlechtere Löhne zahlen.

Mutterschaft erklärt 97 Prozent der Unterschiede

Dass hierzulande im internationalen Vergleich überdurchschnittliche viele Mütter oft lange Zeit nicht auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, zeigt auch der Child Penalty Atlas des Princeton-Wissenschaftlers Henrik Kleven. Er hat für insgesamt 134 Länder untersucht, welchen Einfluss Mutter- und Vaterschaft auf die Beteiligung an der Erwerbstätigkeit – und damit mittelbar auf den Pay Gap haben.

Hierzulande sinkt demnach die Erwerbstätigkeit bei Frauen im ersten Jahr nach der Geburt um 84 Prozent, selbst 10 Jahre nach der Geburt des ersten Kindes sind knapp ein Drittel der Mütter noch nicht wieder erwerbstätig. In Norwegen liegt die Erwerbstätigkeit von Müttern über die gesamte Zeit bei über 95 Prozent, auch in Schweden ist der „Motherhood Penalty“ mit 16 Prozente nach einem und 10 Prozent nach zehn Jahren deutlich niedriger als hierzulande. Auch zahlreiche ärmere Länder wie Burundi verzeichnen kaum einen Effekt der Mutterschaft – oder sogar eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit bei Frauen. Das hat mutmaßlich allerdings damit zu tun, dass Arbeit in diesen Ländern einfach zum Überleben nötig ist – umso mehr, wenn eine Familie ernährt werden muss.

Zurück zu den reicheren Ländern wie Deutschland. Insgesamt ist der „Motherhood Penalty“ hierzulande laut dem Atlas für 97 Prozent der Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei der Erwerbstätigkeit verantwortlich. Dieser hohe Anteil zeigt sich wiederum auch in vielen anderen Ländern in Westeuropa und Nordamerika. Das heißt: Wenn die Situation der Mütter verbessert wird, schließt sich fast automatisch auch das Gender Pay Gap.

Es gibt keinen „Fathership Penalty“

Die Forscherinnen und Forscher vom Ifo-Institut haben sich für ihre Veröffentlichung deutsche Daten aus den vergangenen Jahrzehnten angeschaut. Demnach ist, was den reinen Anteil der Erwerbstätigen angeht, die Schere zwischen Müttern und Vätern immerhin kleiner geworden. Nur seien viele Mütter für lange Zeit immer noch nur in Teilzeit tätig – bei den 30-Jährigen viermal so viele wie bei kinderlosen Frauen. „Der starke Einfluss einer Elternschaft auf das Einkommen von Frauen bleibt bestehen, trotz der in den vergangenen Jahren sinkenden Ungleichheit bei der Beschäftigungsquote“, schreiben sie.

Sowohl die Erkenntnisse von Kleven als auch jene des Ifo Instituts (die für Deutschland allerdings auch auf den gleichen Zahlen aus dem Sozioökonomischen Panel basieren) zeigen darüber hinaus, dass es weltweit keinen „Fathership Penalty“ gibt, in Deutschland gilt sogar das Gegenteil: „Väter auf dem Arbeitsmarkt werden durch eine Elternschaft nicht negativ beeinflusst“, wie ifo-Forscher Max Lay ausführt. „Vielmehr sind sie etwas häufiger erwerbstätig und verdienen etwas mehr als kinderlose Männer.“ Das liege unter anderem an Fehlanreizen im deutschen Steuer- und Transfersystem, etwa dem Ehegattensplitting. Aber die Forschung zeige auch, dass Normen eine sehr große Rolle spielen, wie Elena Herold ergänzt.

Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit dem Berufsbild HR und Karrieren in der Personalabteilung sowie mit Personalberatungen. Auch zu Vergütungsthemen schreibt und recherchiert er.