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Praxisforum Total Rewards: Das beschäftigt Comp-&-Ben-Experten

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Vergütung soll und muss individueller sowie gerechter werden. Darin stimmten zumindest viele der rund 150 Expertinnen und Experten für Compensation & Benefits überein, die sich zum Austausch beim Praxisforum Total Rewards im Frankfurter F.A.Z. Tower trafen. Was das für Gehalt, Benefits und die betriebliche Altersvorsorge (bAV) bedeutet und was hinter den Begriffen Equal Pay sowie Fair Pay wirklich steckt, war Thema der insgesamt acht Keynotes, Vorträge und Diskussionsrunden.

Ist Fair Pay unfair?

Michael Christ ist Professor für Human Resources Management (HRM) an der Hochschule Mainz und Advisor der Döhler Group. Beim Praxisforum sprach er über Gerechtigkeit in der Vergütung. (Foto: Dirk Beichert BusinessPhoto)

Den Start in den Tag machte Professor Michael Christ mit dem recht provokant gewählten Keynotetitel „Fair Pay ist unfair, wenn das Mittelmaß gewinnt“. Christ ist Professor für Human Resources Management (HRM) an der Hochschule Mainz und Advisor der Döhler Group. Er warf die These in den Raum: „Alle Menschen sind gleich, aber ihre Leistung ist es nicht. Wenn alle das gleiche Gehalt erhalten, aber mit unterschiedlichem Engagement an ihre Arbeit gehen, können sich die Leistungsträger schnell ungerecht behandelt fühlen.“ In Unternehmen seien nur 30 Prozent der Mitarbeitenden wirklich engaged und gäben 100 Prozent auf ihrer Arbeit, erklärte er weiter. Der Rest der Belegschaft bestehe bestenfalls aus Mitläuferinnen und Mitläufern. Seine Lösung dafür: Ownership. Damit Ownership jedoch möglich ist, müssten Unternehmen unterschiedliche Inputs unterschiedlich bewerten und somit gerecht honorieren. „Diese Gerechtigkeit lässt sich durch die richtige Vergütungsstruktur herstellen. Deshalb ist Gerechtigkeit das zentrale Thema in Comp&Ben“, schloss Christ.

Besondere Honorierung muss gut dokumentiert sein

Durch die kommende Entgelttransparenzrichtlinie könnte sich diese Honorierung von besonderen Leistungen jedoch erschweren beziehungsweise muss in Einklang mit dieser gebracht werden. Wie das in der Praxis gelingen kann, berichteten Christian Biemer, Bereichsleiter Personal der Frankfurter Bankgesellschaft, und Dr. Martin Hörtz, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei Görg sowie Dr. Alexander Insam ebenfalls Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei Görg. „Klar ist, dass in Zukunft noch stärker darauf geachtet werden muss, dass für die gleiche Tätigkeit auch der gleiche Lohn gezahlt werden muss, dennoch werden Unternehmen auch in Zukunft noch die Chance dazu haben, Mitarbeitende für besondere Leistungen auch besonders zu entlohnen“, erklärte Hörtz. Man müsse dies dann aber gut begründen können und diese Begründung gut dokumentieren.

„Ich glaube, dass durch dieses dokumentieren und die größere Transparenz ein gutes Instrument haben wird, um die Mitarbeitenden zu motivieren und deren Leistungen zu honorieren“, führt Insam weiter aus. Biemer will deshalb die Honorierung von besonderen Leistungen mit einer Art Punktesystem „wie bei der Jurybewertung beim Wasserspringen“ durchführen, erklärte er. So würde nach einem transparenten und nachvollziehbaren System die Leistung der Mitarbeitenden bewertet und darauf basierend geprüft werden, ob und in welcher Höhe eine Prämie gezahlt werden kann.  

Gerechtigkeit ist essenziel für hohes Engagement

Diese Honorierung von Belohnungen im Performance Management sehen Norbert Habeck, Manager Workforce Transformation und Peter Devlin Partner mit dem Schwerpunkt Benefits & Compensation  von Deloitte Consulting auch als essenziell für ein Gerechtigkeitsgefühl der Mitarbeitenden an und so auch für ein hohes Engagement der Belegschaft. Dabei müsse diese Honorierung nicht immer für jeden Mitarbeitenden gleich aussehen. Als einen der großen Trends identifizierte die vorgestellte „Deloitte Human Capital Trend Study“modulare Vergütungssysteme. Mitarbeitende könnten bei immer mehr Unternehmen entscheiden, ob sie ihr Gehalt bar, anteilig, in Unternehmensanteilen oder mit einem höheren variablen Anteil erhalten. „Mitarbeitende können so ihre Vergütung mit ihrem eigenen Interesse in Einklang bringen“, erläuterte Habeck.

Individualisierung statt Gießkanne

Die Vergütung der Mitarbeitenden in Einklang mit ihren eigenen Interessen bringen, das will auch Peter Rolinski. „Ich bin kein Freund des Gießkannenprinzips, sondern ein Fan der Individualisierung von Benefits. Genau das haben wir in Zusammenarbeit mit Belonio geschafft“, sagte der Chief People Officer der b’mine Hotels. Über den Benefitsanbieter können sich die Mitarbeitenden der Hotelgruppe jeden Monat für Benefits entscheiden, die gerade zu ihnen passen – egal ob ein Gutschein für den Einkauf im Supermarkt oder eine Geldkarte, die jeden Monat aufgeladen wird. „Für mich gehört zu einer modernen Lohngestaltung eine Möglichkeit zur Individualisierung“, sagte Magdalena Nübel, Head of Customer Relationship Management bei Belonio. „Aber man muss sich auch überlegen, welche Benefits zu meinen Mitarbeitenden passen und welches Ziel ich damit erreichen will. Sonst hat man am Ende ein Benefitpaket und die Mitarbeitenden nutzen es nicht.“.

Comp & Ben als Kulturförderung

Ulrich Wendeln, Head of Global Rewards & HR Data von Hugo Boss, hat beim Praxisforum eine Keynote gehalten. (Foto: Dirk Beichert BusinessPhoto)

Hugo Boss hat sich zu Benefits bereits Gedanken gemacht und bietet seinen Beschäftigten das Mitarbeitendenaktienprogramm SHIP an. Das Ziel dahinter: die Mitarbeitenden in Owner des Modeherstellers zu verwandeln. „Wir wollen Kunden in Fans verwandeln, aber genau das Gleiche wollen wir als HR auch mit unseren Mitarbeitenden erreichen“, sagte Ulrich Wendeln, Head of Global Rewards & HR Data von Hugo Boss. SHIP sei deshalb nicht nur als finanzieller Benefit zu betrachten, sondern auch als ein kulturförderndes Instrument. „Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, kann Comp & Ben so auch eine wichtige Rolle spielen, wenn es um das Thema Sinnstiftung und Ownership geht“, führte Wendeln weiter aus.

Professionalisierung on the fly

Einen weiteren spannenden Einblick in die Praxis gaben Dr. Christoph von Ungern-Sternberg, Senior Vide President People bei JobRad, sowie Nils Prüfer, Managing Director & Partner bei Kienbaum. Kienbaum unterstützt Jobrad bei der Professionalisierung der Vergütung. „In den Anfängen, als Start-up, haben wir einfach mal gemacht. Da wurden Vergütungsentscheidungen auf persönlicher Ebene getroffen. Das geht natürlich irgendwann nicht mehr, gerade bei diesem Wachstum nicht“, erinnerte sich von Ungern-Sternberg. Aufgrund des rasanten Wachstums des Unternehmens habe sich Prüfer bei der Professionalisierung der Strukturen teilweise gefühlt, „als wäre man in hohem Tempo auf einer Straße unterwegs, die gerade vor einem gebaut“ werde. Im Zuge der Professionalisierung wurden dann Dinge nachgeholt, die aufgrund des schnellen Wachstums erst einmal hintenangestellt wurden, beispielsweise die Standardisierung von Funktionsprofilen. Gerade auch mit Blick auf die Entgelttransparenzrichtlinie ein Schritt, der zur richtigen Zeit kam.

Entgelttransparenz, kein Comp & Ben Thema?

Bentje Grünewald, Head of Compensation bei DKV Mobility, betonte, dass Comp & Ben ein Thema für das ganze Unternehmen ist. (Foto: Dirk Beichert BusinessPhoto)

Nicht nur wegen der Standardisierung von Funktionsprofilen ist Bentje Grünewald, Head of Compensation bei DKV Mobility – einem Unternehmen, das den meisten wohl wegen seiner Tankkarten bekannt sein dürfte – , davon überzeugt, dass die Entgelttransparenzrichtlinie kein reines Comp-&-Ben-Thema ist. Nach dem Motto „It takes a village to raise a child“ brauche man mindestens die ganze HR-Abteilung, wenn nicht sogar das ganze Unternehmen, um die neue Richtlinie umzusetzen. „Am Ende geht es aber nicht nur einfach darum, irgendeine Regulatorik zu erfüllen, sondern darum, unsere Unternehmen zukunftssicher aufzustellen und darum, dass wir als Organisation erfolgreich sind“, fasste Grünewald zusammen.

Wie zukunftssicher ist die bAV?

Für die BASF ist ein Baustein für das Erfolgreich-Sein, die Mitarbeitendenbindung. Um eine hohe Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen zu haben , setzt der Chemiekonzern auf die betriebliche Altersvorsorge. „Mittlerweile sind wir in einer Zeit angekommen, in der immer mehr Leute verstehen, dass die gesetzliche Rente für die meisten Menschen nicht ausreichen wird, um ihren Lebensstandard zu halten“, erklärte Beate Petry Head of Pension & Benefits bei BASF. „Deshalb kann die bAV auch ein starkes Instrument für Employer Branding und Mitarbeiterbindung sein.“

Aber dafür müssen Menschen auch erst einmal verstehen, was betriebliche Altersvorsorge ist, brachte ihre Kollegin Sarah Mostowys ins Spiel. Um dieses Problem anzugehen, starteten die beiden ein Projekt bei dem Chemiekonzern, in dem Azubis das System der bAV nähergebracht wird. Auch Frank Kohler, Kaufmännischer Geschäftsführer des Robert Bosch Krankenhaus, ist sich bewusst, dass teilweise ein hoher kommunikativer Aufwand geleistet werden muss, um den Mitarbeitenden zu vermitteln, dass die bAV etwas Gutes für sie ist. „Deswegen muss man mit der Sensibilisierung schon in frühen Jahren angfangen“, ist er sich sicher.

Klaus Morgenstern, Experte für Altersvorsorge vom Deutschen Institut für Altersvorsorge und Mitdiskutant beim bAV-Panel, ist sich dennoch sicher, dass auch die beste Aufklärung nichts für die Zukunft der bAV bringt, wenn nicht zunächst ein Punkt geklärt wird – die Portabilität. „Mittlerweile herrscht eine viel höhere Fluktuation in Unternehmen als noch vor 20 Jahren, weshalb es relevant ist, wie bereits geleistete Beiträge mit zu einem neuen Arbeitgeber mitgenommen werden können. Finden wir dafür zukünftig keine gute Lösung, wird es Probleme für die bAV geben“, erläuterte Morgenstern. Dennoch sieht er in der bAV weiterhin einen attraktiven Benefit, sei es im Punkt Employer Branding oder Mitarbeiterbindung.

Wie relevant die bAV zukünftig noch als Benefit ist oder ab sich andere Benefits in den Vordergrund drängen, können Sie auf dem nächsten Praxisforum Total Rewards herausfinden. Es wird am 5. Mai 2026 wieder im F.A.Z. Tower stattfinden.

Frederic Haupt war Volontär der Personalwirtschaft.