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Neues FEG sorgt bisher nicht für großen Anstieg an Zuwanderung

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Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) sollte dabei helfen, deutlich mehr ausländische Fachkräfte für die deutsche Wirtschaft zu gewinnen. Doch ist der Plan bisher aufgegangen? Aktuelle Zahlen des Auswärtigen Amts zeigen eine erste Tendenz auf. Demnach ist die Anzahl der ausgestellten Arbeitsvisa in Deutschland nur gering gestiegen.

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa verkündete die Behörde: Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Deutschland mehr als 80.000 Arbeitsvisa ausgestellt. Rund die Hälfte der Menschen, die mit diesem Visum in die Bundesrepublik eingereist sind, sind Fachkräfte (etwa 40.000). Das waren gerade mal 3.000 mehr als im Vorjahreszeitraum (37.000).

Wie viele Arbeitsvisa im Gesamtjahr 2024 ausgestellt werden, bleibt abzuwarten. Bisher scheint aber ein Trend fortzulaufen, wie er in den vergangenen Jahren – ausgenommen der Pandemiezeit – zu beobachten war. Wurden im Gesamtjahr 2019 noch gut 119.000 Visa zur Erwerbstätigkeit in Deutschland ausgestellt, waren es 2022 rund 152.000 und 2023 knapp 158.000 – davon 79.000 Fachkräfte.

Erweiterungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Ein langsamer Anstieg, den der Gesetzgeber eigentlich durch das neue FEG beschleunigen wollte. Dafür hatte er seit 2023 zunächst die Einwanderungsmöglichkeiten mit der Blue Card neugestaltet und erweitert, wonach die Gehaltsschwelle für eine Zuwanderung gesenkt wurde. Auch wurde die Liste der Engpassberufe erweitert, die Westbalkanregelung entfristet und ausländischen Fachkräften erlaubt, auch in anderen Berufsfeldern als dem zu arbeiten, in dem ihre Ausbildung anerkannt wurde. Im zweiten Schritt entschied sich die Regierung dazu, längere Aufenthalte für Qualifizierungsmaßnahmen und das Anerkennungsverfahren bezüglich der Abschlüsse teilweise auch nach der Einreise zu ermöglichen.

Zu guter Letzt war die Chancenkarte, eine neue Form des Aufenthaltstitels für Menschen aus Drittstaaten, eingeführt worden. Sie erlaubt es besagter Personengruppe einzureisen, obwohl sie noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland unterzeichnet hat. Wer die Karte bekommt, wird anhand eines Punktesystems entschieden. Mit der Chancenkarte kann man 20 Stunden pro Woche einer Tätigkeit nachgehen oder zur Probe für bis zu zwei Wochen bei einem Arbeitgeber in Deutschland arbeiten. Die Chancenkarte gibt es seit dem 1. Juni 2024. Seitdem wurden knapp 200 Visa nach dieser Rechtsgrundlage erteilt. Kritikerinnen und Kritiker der Regelung betonen: Die Bedingungen seien zu kompliziert.

Mangelnde Willkommenskultur als Hürde

Mit all dem sollten mehr ausländische Fachkräfte Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Das bringt allerdings nur bedingt etwas, wenn die Erwerbstätigkeit in Deutschland von den Fachkräften nicht als attraktiv angesehen wird. Neben den regulatorischen Rahmenbedingungen, die vom Gesetzgeber mit dem FEG forciert wurden, betonen immer mehr Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft die Wichtigkeit einer Willkommenskultur. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordert diesbezüglich einen Wandel. Die Botschaft müsse lauten „Wir freuen uns, euch hier in Deutschland begrüßen zu können“, wird DIHK-Präsident Peter Adrian auf tagesschau.de zitiert.

Wie verschiedene Umfragen zeigen, könnte die Willkommenskultur in Deutschland aber besser sein. Laut einer Befragung der Königsteiner Gruppe vom August 2023 rechnet rund ein Viertel der Beschäftigten mit Ressentiments gegenüber ausländischen Kolleginnen und Kollegen. Auch viele ausländische Fachkräfte fühlen sich in Deutschland nicht willkommen. So zeigten im Frühjahr 2023 die „Indicators of Talent Attractiveness“ der OECD und Bertelsmann Stiftung, dass Deutschland als Arbeits- und Lebensort bei ausländischen hochqualifizierten Fachkräften, Gründerinnen und Unternehmern an Attraktivität verloren hat. Dies liege unter anderem am Mangel einer gesellschaftlichen Akzeptanz der Migrantinnen und Migranten. Im Sommer zeigte zudem eine Befragung des Expat-Netzwerks InterNations: Drei von zehn Expats in Deutschland (30 Prozent) finden, dass die deutsche Bevölkerung unfreundlich gegenüber ausländischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen ist. 

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.