Wenn man über konjunkturabhängige Branchen in Deutschland spricht, dann geht es meist um die Automobilindustrie oder den Chemiesektor. Eher selten spielt die Zeitarbeitsbranche eine Rolle, dabei schlagen die Metadaten der deutschen Wirtschaft kaum irgendwo so direkt durch wie hier. Wenn der Motor brummt, dann läuft es auch bei den Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung. Doch wenn er stockt – so wie momentan –, dann merken sie es schnell.
Die volatile Lage und das geringe Wachstum waren auch prägende Themen beim Round Table Zeitarbeit der Personalwirtschaft. „Das erste Halbjahr 2024 war nicht ganz einfach, die hohe Volatilität in der Wirtschaft führt dazu, dass viele Unternehmen vorsichtig in der Personalplanung sind“, sagt Kathrin Hess, Managing Director des Personaldienstleisters ManpowerGroup Deutschland. Zu schaffen macht den Zeitarbeitsexperten die große Unsicherheit und das unklare Bild.
Ungleichgewicht der Branchen
„Die schwierige Lage trifft nicht alle Unternehmen gleich hart“, meint Adrian Kandel, der die Zeitarbeit bei Page Personnel und der Page Group Deutschland verantwortet: „Energieintensive Betriebe leiden etwa, zum Beispiel die Pharmabranche konsolidiert.“ Bei Gesundheitseinrichtungen oder im öffentlichen Dienst sei der Bedarf hingegen stabil, und es gibt noch einige mehr. „Auf der einen Seite bricht unser Kundenportfolio ein, auf der anderen Seite ergeben sich neue Chancen“, so Kandel. Eine Beobachtung, die auch Ingrid Hofmann bestätigt: „Es ist aktuell so, dass ein Kunde Kurzarbeit anmeldet, während ein anderer einen Großauftrag erteilt“, erklärt die Geschäftsführerin des Zeitarbeitsriesen I. K. Hofmann.
Marc Schach, CEO vom Personalsoftwareentwickler talent360, sieht die Branche der Personaldienstleister sogar noch stärker im Umbruch: „Vor allem Anbieter, die nur einen oder zwei Großkunden haben, geraten in Schieflage.“ Dass das erste Halbjahr nach dem ohnehin schwachen Jahr 2023 noch einmal so schlecht für die Dienstleister laufe, habe ihn überrascht. „Aktuell herrscht vielerorts ein Fokus darauf, interne Kosten zu senken“, sagt er.
Es ist aber nicht nur die schlechte Konjunktur, die auf die Stimmung der Kurzarbeiter drückt. „Unsere Kunden spiegeln uns, dass Zeitarbeit immer teurer wird und sich unsere Löhne teilweise von ihren entfernen“, berichtet Andreas Brohm, geschäftsführender Gesellschafter bei der Zeitarbeitsagentur iperdi, und vermutet: „Das scheint mir auch politisch gewollt zu sein.“ In Kombination mit der abnehmenden Bewerberqualität führe das dazu, dass die Kunden das Gefühl hätten, mehr Geld für schlechtere Leistung zu zahlen.
Ein bisschen Bürokratieabbau
Der demografische Wandel und die zunehmende Regulierung sehen die Branchenvertreter als gefährliches Gemisch, das ihnen die Arbeit deutlich erschwert. „Die Politik unterstützt die Zeitarbeit zu wenig“, beklagt Adrian Kandel: „Dabei ist die so wichtig für die Unternehmen, was aber leider nicht gesehen wird.“
Immerhin für die Änderung des Nachweisgesetzes, welche im Rahmen des vierten Bürokratieentlastungsgesetzes verabschiedet wurde, gibt es allseits Lob. Nun müssen unter anderem Arbeitnehmerüberlassungsverträge nicht mehr eigenhändig unterschrieben werden. Die Textform – zum Beispiel eine Erklärung per Mail mit E-Signatur – reicht. „Das ist schon ein großer Wurf“, freut sich Markus Humpert, Geschäftsführer des Personaldienstleisters avitea: „Aber dass wir uns darüber so freuen, zeigt schon, wie sehr wir als Branche ansonsten gegängelt werden.“ Marcus Haase, Vorstand bei der DIS AG, bestätigte diese Einschätzung: „Allein, was früher bei uns an Schriftverkehr auflief, war bezeichnend.“ Auch Marc Schach sieht durch die Reform eine Beschleunigung der Prozesse. „Endlich gibt es in Deutschland digitalen Mut. Davon würde ich mir mehr wünschen, denn wir haben starkes Aufholpotenzial.“
Allgemein herrschte beim Round Table Hoffnung, in den kommenden Monaten und Jahren auf mehr Gehör bei der Politik zu stoßen. Auch aufgrund der Umstrukturierung der Interessenvertretung: Schließlich hatten sich Anfang des Jahres der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) zum Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP) zusammengeschlossen. „Das hilft nicht nur uns, sondern auch der Politik“, meint Ingrid Hofmann, die auch Vizepräsidentin des GVP ist: „Bisher war es oft nicht klar, wer denn nun für die Branche spricht.“
Das Ende des Drittstaatlerverbots?
Trotz neuer Vertretung erwartet niemand, dass eines der drängendsten Probleme der Branche noch in dieser Legislaturperiode gelöst wird: die Zulassung von Drittstaatlervermittlungen in der Zeitarbeit. „Das Arbeitsministerium hat das bisher nicht beschleunigt, auch die Gespräche mit der Politik haben wenig Hoffnung gemacht“, so Hofmann. Langfristig erwartet sie aber, dass das Verbot fällt: „Viele Unternehmen wollen das, sie verstehen nicht, warum es ihnen selbst erlaubt ist, Drittstaatler anzuwerben, ihren Personaldienstleistern aber nicht.“ Kurz vor dem Round Table Zeitarbeit fand die Mitgliederversammlung des neuen GVP statt – der Tag der Personaldienstleister. Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen und Bundesvorsitzender der FDP, äußerte bei dieser Veranstaltung auf der Bühne: „Gerade die Zeitarbeitsbranche ist eine echte Expertin in der Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften, und es war eine schwere Unterlassung, dass beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften die Zeitarbeit nicht berücksichtigt worden ist. Ich will nicht spoilern, aber das wird in der Regierung inzwischen anders gesehen. Ich erwarte eine entsprechende Veränderung im Bereich der Fachkräfteeinwanderung in sehr kurzer Zeit.“
Kurz nach dem Round Table Zeitarbeit wiederum hat sich die Ampelkoalition auf den Bundeshaushalt 2025 sowie eine sogenannte Wachstumsinitiative geeinigt. In dieser heißt es: „Ferner wird sie die Einwanderung von ausländischen Arbeitnehmern in die Zeitarbeit erlauben.“ Eine genaue Ausarbeitung steht noch aus. Dem Dokument zufolge wolle man die Maßnahmen der Wachstumsinitiative aber noch im zweiten Halbjahr 2024 beschließen. Christoph Kahlenberg von Randstad sieht die Zeitarbeitsbranche sogar als besonders geeignet an, Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten im deutschen Arbeitsmarkt unterzubringen. „Wir senken das Risiko“, meint er: „Wenn es zwischen Arbeitnehmer und -geber nicht passt, können wir die Arbeitskräfte sehr gut anderweitig einsetzen.“
Zuwanderung ist nötig – aber schwierig
Es gibt allerdings auch vorsichtige Einwände. „Manche unserer Kunden haben Bedenken beim Einsatz von Ausländern“, gibt etwa Marcus Haase von der DIS AG zu bedenken: „Vor allem die Sprachhürde bereitet ihnen Sorgen.“ Von ähnlichen Bedenken berichten mehrere Teilnehmer und Teilnehmerinnen. „Der Mega-Trend ist aber klar“, sagt Markus Humpert von avitea: „Zuwanderung ist unabdingbar, und Zeitarbeit kann bei der Integration helfen.“ Positiv stimmen sollte die Branche der weiterhin stark angespannte Markt an Fach- und Führungskräften im White-Collar-Segment und darüber hinaus. „Der ‚Need‘ des Kunden einzustellen ist da, und wir sind so aufgestellt, dass wir auf Kundenwünsche optimal eingehen können“, sagt Kandel. „Je nach Bedarf vermitteln wir in Festanstellung als auch in Zeitarbeit mit einer professionellen Beratung und sehen einen positiven Trend.“ Um Sprachbarrieren zu überwinden, setzt die Branche viel Hoffnung auf Technologie. „Simultanübersetzung mithilfe von KI kann es ermöglichen, den Bewerber auch ohne Deutschkenntnisse beim Kunden einzusetzen“, berichtet Marcus Haase: „Das setzen wir bereits heute bei dem ein oder anderen Kunden ein.“
Hoffnung macht vielen auch die gute Erfahrung mit ukrainischen Geflüchteten, die über die Zeitarbeit in Stellen vermittelt werden konnten. „Wir sind die Branche in Deutschland, die die meisten Ukrainer integriert hat“, betont Ingrid Hofmann. Die ukrainischen Arbeitskräfte bringen allerdings auch meist gute Voraussetzungen mit. „Die Ukrainer sind oft hochqualifiziert und wollen unbedingt arbeiten“, berichtet Christoph Kahlenberg von Randstad. Doch das führe bei ihrer Integration in den Arbeitsmarkt zu einem Problem: „Von der Qualifikation wären sie für White-Collar-Jobs geeignet, aber da wird in der Regel erwartet, dass man Deutsch auf B1- oder B2-Niveau spricht“, sagt er. Da die Sprachkurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) meist überfüllt seien und private Träger fehlten, sei es schwierig für die Ukrainer, dieses Defizit schnell auszugleichen. Ob der vom Bundesarbeitsministerium angestoßene Job-Turbo für die ukrainischen Geflüchteten der nötige Paradigmenwechsel wird, da ist die Branche skeptisch. „Bisher galt in Deutschland immer: erst Sprache, dann Qualifizierung, dann Arbeit“, sagt Christoph Kahlenberg. Wenn sich das nun ändere und Arbeit in den Vordergrund rücke, sei das zu begrüßen.
„Wir müssen uns aber trotzdem nicht verstecken“, meint DIS-Vorstand Marcus Haase: „Zeitarbeit ist ein absoluter Motor für die Integration in den Arbeitsmarkt. Ein Viertel aller erfolgreichen Beschäftigungsaufnahmen Geflüchteter erfolgen über diese Form der Beschäftigung.“ Die Branche bringe hier oft das Know-how und die Flexibilität mit, von der die Gesamtwirtschaft profitieren könne.
Info
Round Table Zeitarbeit
Für ausgewählte Themen lädt die Personalwirtschaft Experten und Expertinnen zu einem Round Table ein. Beim aktuellen Round Table diskutierten die Teilnehmenden die Situation und Entwicklungen in der Zeitarbeit. Die Expertenrunde wurde von Gesine Wagner, Redakteurin der Personalwirtschaft, und Erwin Stickling, Herausgeber der Personalwirtschaft, moderiert.
KI-Einsatz kann Absprungquoten senken
Gegen einen größeren Pool potenzieller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hätten die Zeitarbeitsfirmen wohl auch nichts einzuwenden. Denn ein großes Problem haben sie aktuell mit unzuverlässigen Bewerbern und Bewerberinnen. Viele würden trotz unterschriebenem Vertrag nicht zur Arbeit erscheinen oder nach anfänglich vielversprechenden Gesprächen die Zeitarbeitsfirmen „ghosten“. „Wir sehen das in unseren Daten, dass es aktuell etwa dreimal so viele Bewerber braucht, bis überhaupt ein Interview zustande kommt“, berichtet Marc Schach, dessen Firma talent360 als Softwareentwickler Personaldienstleister unterstützt. Selbst bei Jobs auf höheren Ebenen sei das ein Problem, berichtet Adrian Kandel: „Da unterschreiben die Bewerber teilweise zwei Verträge und suchen sich dann den aus, der ihnen besser gefällt.“ Bei diesem Thema ist es wichtig, nach Lösungen zu suchen, berichtet er weiter. „Eine Lösung könnte sein, Kandidaten noch enger auf dem Weg zur Unterschrift zu begleiten.“
Gerade bei Kandidaten, die aus der Arbeitslosigkeit kommen, gebe es manchmal Schwierigkeiten, sagt Andreas Brohm von iperdi: „Aber da kommt auch von den Jobcentern zu wenig Unterstützung in Form von Sanktionen.“ Für seine Kolleginnen und Kollegen seien diese Fälle sehr frustrierend: „Die haben alles gemacht, und dann kommt der Kandidat am Ende trotzdem nicht.“
Probleme sahen alle Gesprächspartner aber nicht nur auf der Bewerberseite, auch die eigenen Abläufe tragen nach allgemeiner Ansicht dazu bei, dass die Bewerber während des Prozesses noch abspringen. „Bewerber erwarten heute eine viel schnellere Rückmeldung als früher“, sagt Marcus Haase: „Zugespitzt gesagt: Wenn sich einer um drei Uhr nachts meldet, müssen wir ihm um drei Uhr fünf antworten.“ Möglich machen soll das Technologie, etwa KI-Assistenten, die die ersten Schritte im Onboarding übernehmen. Erfahrungen damit hat Ingrid Hofmann bereits gemacht, etwa auf dem US-amerikanischen Markt: „Da antwortet ein Roboter innerhalb von Minuten auf Bewerbungen.“ Künstliche Intelligenz helfe auch bereits dabei, Bewerber auszuwählen. „Was interessant ist: Die durch KI ausgewählten Bewerber verweilen länger beim Kunden als die anderen“, so Hofmann: „Wir Menschen reden uns, glaube ich, manchmal gewisse Bewerber schön, da ist die KI nicht anfällig.“
Marc Schach rät, KI gezielt einzusetzen, etwa beim Management der Bewerber-Pipeline. Die endgültigen Gespräche sollten aber in der Hand der Menschen bleiben. Was nach einer guten KI-gestützten Vorauswahl auch kein Problem sei: „Das entlastet die Recruiter und Consultants sehr, die haben ja auch keine Lust, zwanzigmal mit aussichtslosen Bewerbern zu sprechen.“
Hoffnungsträger Weiterbildung
Und wenn trotz allem die Bewerber und Bewerberinnen nicht den Ansprüchen der Kunden genügen, dann muss man eben qualifizieren. Weiterbildungsangebote sind ein Thema, an dem sämtliche Branchenvertreter interessiert sind. Letztendlich erhöhe man so selbst die Zahl geeigneter Kandidaten, meint Christoph Kahlenberg. „Das Feld bietet eine riesige Spielwiese, vor allem aber auch die Möglichkeit, mehr Talente erfolgreich an Unternehmen zu vermitteln“, sagt er. „Aktuell haben wir etwa 20 Prozent unserer Kandidaten und Kandidatinnen in der Qualifizierung“, so Haase.
Entsprechende Angebote aufzubauen, sei aber gar nicht so einfach, so Haases Beobachtung: „Ein breites Weiterbildungsangebot aufzubauen, benötigt viel Wissen und persönliches Engagement – sowohl vor Ort als auch in der zentralen Steuerung. Schließlich wollen wir, dass das Angebot optimal auf die regionalen Bedarfe unserer Kunden reagiert, aber auch gesamtunternehmerisch Sinn macht.“
Fraglich ist allerdings nach wie vor, wie sich die Weiterbildungsmaßnahmen finanziell niederschlagen. „Schließlich braucht man dafür intern auch verantwortliche Spezialisten, die refinanziert werden müssen“, gibt Kathrin Hess von Manpower zu bedenken. Auch Ingrid Hofmann sieht Unklarheiten: „Wie gut der Return on Investment für solche Maßnahmen ist, ist noch völlig unklar, weil der Aufbau so lange dauert.“ Oft geschehe deshalb wenig ohne Förderung durch die öffentliche Hand, wie Christoph Kahlenberg berichtet.
Info
Das Wichtigste in Kürze
- Konjunkturabhängigkeit: In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit wie derzeit spüren Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung sofort die Auswirkungen.
- Ungleichgewicht: Während energieintensive und konsolidierende Branchen Schwierigkeiten haben, bleibt der Bedarf in Gesundheitseinrichtungen stabil. Das führt zu einem unausgeglichenen Kundenportfolio bei Zeitarbeitsunternehmen.
- Steigende Kosten: Die gestiegenen Kosten der Zeitarbeit und die sinkende Bewerberqualität belasten die Branche. Kunden haben das Gefühl, mehr für weniger zu zahlen.
- Bürokratieabbau und politische Unterstützung: Die Branche begrüßt die Änderungen im Nachweisgesetz, die den administrativen Aufwand reduzieren. Trotzdem wird die mangelnde politische Unterstützung für die Zeitarbeit kritisch gesehen.
- Zuwanderung und Integration: Die Zeitarbeitsbranche sieht großes Potenzial in der Integration von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten, doch bestehen Sprachbarrieren und regulatorische Hürden.
- Einsatz von KI und Weiterbildung: Künstliche Intelligenz könnte helfen, die Bewerberauswahl zu verbessern und Absprungraten zu senken. Gleichzeitig betonen Branchenvertreter die Bedeutung von Weiterbildungsmaßnahmen, um die Qualifikationen der Bewerber zu steigern.
Fokussierung oder Verbreiterung?
Nicht alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Round Table sprachen sich aber für eine Verbreiterung des eigenen Geschäfts aus. „Ich bin ein absoluter Fan von Fokussierung“, erklärt etwa Adrian Kandel, auch, um die gestiegenen Kundenansprüche besser bedienen zu können. „Viele Kunden suchen temporäre Mitarbeiter, haben aber das gleiche Anforderungsprofil wie an feste Mitarbeiter“, sagt er: „Um das in Einklang zu bringen, müssen wir uns inhaltlich fokussieren und einen sauberen Beratungsansatz fahren.“ Was Marcus Haase bestätigte: „Je spezialisierter wir sind, desto besser.“ Wer sich auf ausgewählte Kunden konzentriere, könne diese auch enger betreuen.
Gerade bei der Betreuung stellten aber viele Teilnehmer in jüngerer Vergangenheit Schwierigkeiten fest. Durch Corona, so der Konsens, seien persönliche Gespräche seltener geworden. „Dadurch haben wir langsam, aber merklich eine Verlangsamung der Produktivität“, beklagte Ingrid Hofmann. Alles vom Schreibtisch machen, gehe letztendlich nicht, sagt auch Christoph Kahlenberg: „Wir sind ein People Business.“
Noch mehr als den persönlichen Austausch wünschen sich die Vertreter der Zeitarbeitsbranche aber Vertrauen von ihren Kunden, vor allem von den HR-Abteilungen. „Ich wünsche mir Verständnis und eine Begegnung auf Augenhöhe“, betont etwa Andreas Brohm. Die HR-Abteilungen dürfen angesichts der gestiegenen Herausforderungen mehr Mut haben, den Zeitarbeitsfirmen das Recruiting und Onboarding zu überlassen und sich vor allem auf personalstrategische Themen wie Unternehmenskultur fokussieren, die kein Externer übernehmen könne, meint Marcus Haase. Und sie sollten deutlicher kommunizieren, was sie sich wünschen, ergänzte Markus Humpert: „Je mehr wir wissen und je mehr wir mitbekommen, was im Unternehmen gebraucht wird, desto präziser können wir helfen.“
Für die unmittelbare Zukunft erwarten die Branchenvertreter eine Verbesserung der Stimmung. „Ich bin superoptimistisch für das zweite Halbjahr“, sagt etwa Marcus Haase: „Wir müssen rausgehen und selbstbewusst unseren Mehrwert als Personaldienstleister sichtbar machen, dann wird das schon.“ Auch Kahlenberg gibt sich optimistisch: „Krise können wir, Auf und Abs gehören zu unserer Branche dazu.“ Der Sektor habe sich schon tausendmal neu erfunden. „Dass wir heute über Personalvermittlung, Ausbildung und Weiterbildung sprechen, zeigt das doch“, sagt er. Vor zehn oder 15 Jahren seien solche Punkte noch überhaupt kein Thema gewesen.
