Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin am Arbeitsplatz von einer dritten Person diskriminiert wird, muss der Arbeitgeber entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen. Kommt der Arbeitgeber seinen Schutzpflichten nicht nach, kann der oder die Beschäftigte eine Entschädigung gemäß den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verlangen. Dies zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg
Kundin verlangte Beraterwechsel
Im vorliegenden Fall hatte eine Bauinteressentin als Kundin des Unternehmens eine ihr zugeordnete Betreuerin mit der Begründung abgelehnt, keine Frau als Beraterin zu wollen. Daraufhin wurde die Betreuung der Kundin betriebsintern dem Vorgesetzten und Regionalleiter des Unternehmens übertragen. Dadurch fühlte sich die Arbeitnehmerin diskriminiert. Sie beschwerte sich daraufhin bei der betrieblichen AGG-Beschwerdestelle und äußerte auch gegenüber ihrem Vorgesetzten, dass sie diskriminiert werde. Dieser wiederum informierte den Personalleiter, der ebenfalls die AGG-Beschwerdestelle mit der Bitte um Prüfung konsultierte.
In der Folge schrieb die Mitarbeiterin den Kontakt mit der Bauinteressentin wieder auf sich um, weshalb die Kundin erneut unter dem Namen der Mitarbeiterin angeschrieben wurde. Daraufhin kam es zu einem Telefonat zwischen der Bauinteressentin und dem Regionalleiter. In diesem Gespräch bedauerte die Kundin zwar ihre Wortwahl im Zusammenhang mit der Ablehnung der Frau als Beraterin. Jedoch machte sie in dem Gespräch auch gegenüber dem Regionalleiter deutlich, dass sie einen anderen Ansprechpartner als die ihr zugeordnete Beraterin bevorzuge. Am Ende blieb es dabei, dass die Bauinteressentin nicht mehr von der Mitarbeiterin betreut wurde.
AGG-Schutzpflichten nicht erfüllt
Umstritten war im vorliegenden Fall, ob der Arbeitgeber seinen Schutzpflichten gemäß § 12 Abs. 4 AGG ausreichend nachgekommen ist. Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber, wenn seine Mitarbeitenden durch Dritte benachteiligt oder diskriminiert werden, die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ergreifen. Die betriebliche AGG-Beschwerdestelle war hier der Meinung, der Arbeitgeber habe seine Schutzpflichten erfüllt.
Das LAG Baden-Württemberg sah dies jedoch anders. Der Regionalleiter habe zunächst nicht deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber die Ablehnung der Mitarbeiterin durch die Bauinteressentin allein deshalb, weil es sich um eine Frau handelt, nicht widerspruchslos hinnimmt. Nach Ansicht des Gerichts hätte der Vorgesetzte auf die Kundin zugehen und versuchen müssen, sie von der Qualifikation der Mitarbeiterin als Betreuerin zu überzeugen. Auch hätte er sich nach den Gründen für die Vorbehalte der Bauinteressentin gerade gegenüber Frauen erkundigen können. Stattdessen habe er jedoch deren Haltung, die zu einer Benachteiligung der Mitarbeiterin geführt hat, unüberprüft übernommen und umgesetzt, indem er die Bauinteressentin auf sich überschrieben hat.
Das LAG Baden-Württemberg gab der Klägerin dem Grunde nach Recht. Jedoch reduzierte das Gericht die geforderte Entschädigungssumme erheblich. Während die Klägerin eine Entschädigung von sechs Bruttomonatsgehältern verlangte, was 84.300 Euro entsprochen hätte, sprach ihr das LAG im Ergebnis lediglich 1.500 Euro als Entschädigung zu.
Info
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.11.2024, Az. 10 Sa 13/24
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

