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Fristlose Kündigung wegen Mitnahme von Europaletten rechtens?

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Bei Kündigungen muss eine Interessenabwägung stattfinden und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Besonders hohe Anforderungen sind an fristlose Kündigungen zu stellen. Das Landesarbeitsgericht Köln erklärte die fristlose Kündigung eines Produktionsleiters für unverhältnismäßig (LAG Köln, Urteil vom 06.07.2023, Aktenzeichen 6 Sa 94/23). Die Kündigung war ausgesprochen worden, weil der Arbeitnehmer den Abtransport von drei Europaletten aus dem Betrieb veranlasst hatte, um diese bei einem Osterfeuer auf einem Sportplatz als Brennholz verwenden zu lassen.

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne von Paragraf 626 Abs. 1 BGB ist immer dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Gemäß dem Urteil lag hier kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor – unabhängig davon, ob es sich um neuwertige Europaletten oder um alte Paletten handelte.

Abmahnung wäre als milderes Mittel infrage gekommen

Einen Gegenstand des Arbeitgebers ohne ausdrückliches Einverständnis vom Betriebsgelände zu schaffen und beim Osterfeuer verbrennen zu lassen, stellt nach Ansicht des LAG Köln zwar eine Pflichtverletzung dar, die an sich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein kann. Jedoch rechtfertigt die Pflichtverletzung nach Auffassung des Gerichts im konkreten Fall nicht die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung. Denn eine fristlose Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im vorliegenden Fall wäre eine Abmahnung als milderes Mittel infrage gekommen. Die Abmahnung war nach Meinung des LAG Köln auch nicht wegen der Schwere des Vorwurfs entbehrlich. Dafür sei der Wert der Paletten zu gering und dafür zeige sich bei der Tat zu wenig kriminelle Energie.

Interessenabwägung fiel zu Gunsten des Mitarbeiters aus

Zu Gunsten des Produktionsleiters berücksichtigte das Gericht außerdem, dass er seit über zehn Jahren im Betrieb beschäftigt ist und er bisher offenbar jahrelang beanstandungslos seine Arbeitsleistung als Produktionsleiter erbracht hat und es sich im vorliegenden Fall um die erste Pflichtverletzung dieser Art handelte. Das Gericht hielt dem Produktionsleiter auch zugute, dass er sich mit den Paletten nicht in dem Sinne bereicherte, dass er sie mit Gewinnerzielungsabsicht weiterverkaufen wollte.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.