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Aus Büromenschen werden Künstler

Die Welt verändert sich in rasantem Tempo, neben der Corona-Pandemie ist der Krieg in der Ukraine ein schreckliches Zeugnis dieser Entwicklung. Der Wandel, den wir dabei auch im Unternehmensalltag erleben, bedeutet, sich vom liebgewonnenen Gewohnten zu trennen und Routinen zu beenden. Heute sollen Mitarbeitende in einer schnelllebigen, komplexen und teils unplanbaren Arbeitswelt effizient agieren können.

Dafür ist die verbreitete Lösung: neue Fähigkeiten erlernen, um die Flexibilität von Beschäftigten und Unternehmen zu steigern. Seit Jahren stehen Scrum, Design Thinking, Kanban et cetera als Fort- und Weiterbildungsthemen hoch im Kurs. Hierbei wird jedoch gerne vergessen, dass man so eher Methoden schult als Kreativität. Dabei gilt Kreativität doch als Schlüsselelement, mit der Unternehmen ihre Innovationskraft und Mitarbeitende ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt steigern.

So verlangt die vielzitierte VUCA-Welt den Menschen neue Denkweisen und Selbstverständnisse ab: weg vom Bewahrer des Alten hin zum mutigen Entdecker, der kontinuierlich neue und kreative Lösungen entwickelt. Das bedeutet zugleich: Nur Unternehmen, die an den Glaubenssätzen ihrer Mitarbeitenden rütteln, dürfen als zukunfts- und marktfähig gelten.

Alternative Vorstelllungen von der Realität entwickeln

Welchen Beitrag kann Kunst leisten, dies zu erreichen? Kunst ist das Ergebnis des komplexen, individuellen, undurchschaubaren Schaffensprozesses eines Künstlers. Seine tägliche Aufgabe ist es, Veränderung zuzulassen, um Neues zu schöpfen. Künstler entwickeln alternative Vorstellungen von der Realität, sie entwerfen andere Wirklichkeiten. Die Begegnung mit ihnen ermöglicht die Reflexion eigener Wahrnehmungs- und Denkmuster. Aus dem kreativen und auch zerstörerischen Prozess, den Künstler in Schaffensphasen durchleben und den manche in Seminaren oder interaktiven Workshops vermitteln, können Mitarbeitende lernen und eine offenere Haltung und Weltanschauung entwickeln. Sie erfahren Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderung, erleben Wandel als Selbstverständlichkeit und erkennen, warum man ihn mitgestalten kann und sollte.

Dass die Begegnung mit Kunst und Künstlern einen positiven Einfluss auf Mitarbeitende haben kann, ist nicht ganz neu. Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft, zu deren Mitgliedern Dax-Konzerne und Mittelständler gehören, hat beispielsweise verstanden, dass die Auseinandersetzung mit Kunst ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung ist und Managementfähigkeiten befördert. Sein Arbeitskreis „Kulturelle Bildung“ unterstützt die Entwicklung kreativer und kultureller Kompetenzen in der Wirtschaft. In dem Programm „Discover – leadership training through arts“ lernen karriereorientierte Studierende und Promovierende künstlerische Denk- und Arbeitsprozesse kennen. Dabei gewinnen sie neue Perspektiven auf Führung und reflektieren ihr eigenes Verständnis des Begriffs.

Auch das gemeinnützige Institut Age of Artists, das sich mit dem Transfer von künstlerischen Praktiken und Ansätzen – beispielsweise Co-Creation oder kreatives Story-Telling – in wirtschaftliche Disziplinen beschäftigt, vermittelt Fähigkeiten durch Kunst. Ebenso wie Kunst-Coaches, die Kreativ-Workshops, Bildbesprechungen oder sogar systemische Aufstellungen anhand von Kunstwerken anbieten.

Denn Kunst ist geeignet, eingefahrene Sichtweisen zu durchbrechen, komplexe Sachverhalte symbolisch zu vereinfachen und intensive Erlebnisse zu schaffen. Kunstwerke ermöglichen Assoziation und geben Inspiration. Zudem liefern sie dem Unterbewusstsein emotionale Impulse für neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Diese sind der Ausgangspunkt für menschliche Neugier und die treibende Kraft für Veränderung. Mein Appell an Personalverantwortliche: Entwickeln Sie Mitarbeitende zu Künstlern. Lassen Sie sie ihr kreatives Potenzial entdecken und nutzen.

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Unser April-Heft

Der Gastbeitrag ist zuerst in unserem April-Heft erschienen, das sich diesmal vor allem dem Themenschwerpunkt Fachkräftemangel in der HR-Branche widmet.