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Im Change bleibt die Moral auf der Strecke

Mann in Businesskleidung versucht, einen angestoßenen überdimensional großen Dominostein aufzuhalten
Ist ein Change-Projekt erstmal angestoßen, folgt der Erfolgsdruck – und ethische Normen werden oft vergessen.
Foto: © Africa Studio/StockAdobe

Derzeit geben 49 Prozent der Unternehmen in Deutschland an, dass sie in ihrer Firma 15 bis 60 Change-Projekte parallel durchführen. Dabei fühlen sich 62 Prozent einem sehr hohen Erfolgsdruck ausgesetzt. Dass die Veränderungs- prozesse aber tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden, erwarten die Organisationen nur für jedes fünfte Projekt. Angesichts dieser frustrierenden Situation macht sich zunehmend eine Ellenbogenmentalität in den Unternehmen breit. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Befragung „Verlieren wir durch Change-Projekte Ethik und Moral?“, die > Mutaree unter 235 Fach- und Führungskräften aus Unternehmen aller Branchen durchgeführt hat.

Fast jeder Zweite sagt, dem Erfolg zuliebe würden menschliche Normen aufgeweicht

Großer Druck bei gleichzeitig geringen Erfolgsaussichten der angestoßenen Change-Projekte führten dazu, dass in den Unternehmen mit allen Mitteln gekämpft werde, so die Studie. Lediglich etwas mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) kann bestätigen, dass in ihrer Organisation bei Veränderungsprojekten ethische und moralische Grundsätze ihre Gültigkeit behalten. Knapp jeder Fünfte (18 Prozent) findet, dass diese Grundsätze nicht mehr dieselbe Gültigkeit haben wie bisher. Und fast jeder Zweite sagt, dem Erfolg zuliebe würden gesellschaftliche und menschliche Normen aufgeweicht. Auch dass die Einhaltung von Ethik und Moral in ihrem Unternehmen kontrolliert wird, stellen nicht mehr als 49 Prozent fest. 28 Prozent geben an, dieses Thema werde schlicht ignoriert. Und werden Normen nicht eingehalten, bleibt dies in einem Drittel der Fälle (33 Prozent) folgenlos.

Fast drei Viertel (72 Prozent) der Studienteilnehmer sagen, im Change
werde die Wertschätzung vernachlässigt. Außerdem findet jeder zweite
Befragte (51 Prozent), dass es in Veränderungsprojekten an Fairness
fehlt. Genauso viele sagen, es mangele an Transparenz. Claudia Schmidt, Geschäftsführerin der Mutaree GmbH, zeigt sich „erschrocken über diese raue Realität“. Es scheine, als ob die Wettbewerbssituation Unternehmen zu diesem Verhalten zwinge.

Wenn wir heute nicht anfangen zu begreifen, dass es die Menschen sind, die eine Organisation tragen, verändern und erfolgreich machen können und wir sie allein aus diesem Grund wertschätzen müssen, so werden bald nicht nur die Menschen, sondern auch die Organisationen kollabieren,

so Schmidt.

Druck gefährdet die Gesundheit der Belegschaft

Was die konkreten Auswirkungen betrifft, so sind 60 Prozent der Befragten der Meinung, Burnout sei die logische Konsequenz. Jeweils 57 Prozent nennen Angstzustände und Rückzug der Menschen aufgrund der Arbeitssituation und 53 Prozent denken, die Arbeitsleistung gehe verloren. Da Arbeitgeber infolge des permanenten Drucks die Gesundheit ihrer Mitarbeiter riskierten und darüber hinaus auch Innovation und Kreativität keine Chance hätten, sollten sie ihre Prozesse und Interaktionen überdenken sowie Rollen und Verantwortlichkeiten definieren, rät Schmidt. Und damit ein werteorientierter Ansatz auch gelebt werde, müssten Normüberschreitungen konsequent kontrolliert und sanktioniert werden.

In Heft 3 der Personalwirtschaft wird es ein Special zum Thema Change Management geben.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.