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Ohne psychologische Sicherheit lässt sich Potenzial nur bedingt entfalten

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In einer Welt, in der sich Anforderungen ständig verändern und Fachkräfte knapp sind, brauchen Organisationen keine perfekten Lebensläufe. Sie brauchen Menschen, die sich entwickeln wollen – und ein Umfeld, welches das möglich macht.

Wer Entwicklung zur Priorität macht, entscheidet sich nicht nur für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, sondern auch für eine Kultur, in der Menschen ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Das beginnt bei kleinen, konsequenten Schritten – und zahlt sich langfristig in Loyalität, Innovationskraft und unternehmerischer Stabilität aus.

Die entscheidende Frage lautet also: Wie lassen sich diese Potenziale erkennen? Denn was intern schlummert, zeigt sich nicht immer automatisch – es braucht gezielte Aufmerksamkeit, passende Methoden und einen offenen Blick. Vor allem braucht es aber auch eines: psychologische Sicherheit. 

Der erste Schritt: Potenziale im Team erkennen

Potenziale im Team lassen sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Viele Talente bleiben verborgen, wenn sie nicht aktiv gefördert werden. Oft sind es nämlich nicht die Lauten, sondern die Stillen, die mitdenken, querdenken, und durch ihre Genauigkeit ganze Prozesse stabilisieren. Es gibt einige Strategien, die dabei helfen, Potenziale im Team zu erkennen: 

  • Der Führungsalltag als Beobachtungsraum
    Für HR-Verantwortliche und vor allem für Führungskräfte ist es hilfreich, die tägliche Arbeit mit dem Team als Beobachtungsraum zu verstehen: Wer stellt Fragen? Wer denkt mit? Wer bringt sich ein, ohne gefragt zu werden? Und wer löst Probleme vielleicht im Stillen?
  • Strukturierte Feedbackformate
    360-Grad-Feedback oder regelmäßige Entwicklungsgespräche helfen, ein vollständigeres Bild zu bekommen. Sie sollten dabei nicht nur auf die Zielerreichung, sondern auch auf Interessen, Wünsche und ungenutzte Fähigkeiten abzielen: Wo will die Person hin? Was würde sie gerne ausprobieren, wenn sie könnte?
  • Digitale Tools, Kompetenz- oder Potenzialanalysen
    Kompetenz- und Potenzialanalysen können unterstützen – jedoch nie das direkte Gespräch und einen offenen Austausch ersetzen. Tools wie Stärkenprofile oder Potenzialdiagnostik geben Hinweise, aber sie brauchen Kontext. Objektive Analysen vermeiden auch gleichzeitig rein subjektive Bauchentscheidungen und bringen deshalb in jedem Fall einen Mehrwert.
  • Selbsteinschätzungsbögen
    Praktische Methoden wie Selbsteinschätzungsbögen fördern die Selbstreflexion der Mitarbeitenden und helfen beim Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung. 

Entwicklungsräume schaffen, um interne Potenziale zu fördern

Ist Potenzial erkannt, stellt sich die nächste Frage: Wie lässt es sich gezielt weiterentwickeln? Die erste Antwort lautet oft: Weiterbildung. Ein sinnvoller Impuls, der aber für sich alleine noch nicht ausreicht. Denn Entwicklung bedeutet mehr als das Aneignen von Wissen. Es geht um Verantwortung, um persönliches Wachstum und darum, ein Mindset zu etablieren, das Mitarbeitende dazu befähigt, ihre Potenziale zu erkennen und Herausforderungen proaktiv und lösungsorientiert anzugehen. HR-Teams und Führungskräfte können hier mit ein paar gezielten Methoden und Strategien ansetzen.

Interne Mobilität fördern

Job-Rotationen oder projektbasierte Einsätze eröffnen nicht nur neue Perspektiven, sondern fördern gezielt die Entwicklung individueller Stärken. Mitarbeitende erweitern ihre Kompetenzen, wenn sie Einblicke in andere Rollen oder Abteilungen erhalten. So kann zum Beispiel eine Marketing-Mitarbeiterin, die temporär in ein Sales-Projekt wechselt, nicht nur neue Fähigkeiten erwerben, sondern auch die Kundenansprache künftig strategischer gestalten.

Dieser Perspektivwechsel wirkt doppelt: Mitarbeitende entdecken eigene Interessen und Talente neu, während Unternehmen offene Stellen gezielt intern besetzen können – schneller, effizienter und oft mit dem besseren Fit. Ganz nebenbei stärkt dieser Austausch auch die bereichsübergreifende Zusammenarbeit – was sich langfristig in besseren Ergebnissen widerspiegelt.

Mentoring- und Coaching-Programme anbieten

Immer mehr Unternehmen setzen auf Mentoring-Programme, um gezielt den internen Austausch zu stärken und persönliche Entwicklung zu fördern. Besonders jüngere Mitarbeitende profitieren vom Erfahrungswissen anderer – während erfahrene Führungskräfte durch das Coaching lernen, ihre Kommunikation und ihr eigenes Mindset in Bezug auf Veränderungen und Herausforderungen weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus können auch Coachings mit externen Expertinnen und Experten wertvolle Impulse geben. In einem geschützten Rahmen lassen sich individuelle Stärken und Schwächen analysieren, Entwicklungspotenziale sichtbar machen und konkrete nächste Schritte definieren. Diese Formate wirken oft als Katalysator für persönliches Wachstum – und damit auch für die Weiterentwicklung des Unternehmens. 

Individuelle Entwicklungspläne erarbeiten

Entwicklung funktioniert nicht nach Schema F. Sie ist so individuell wie die Menschen selbst. Während manche Teammitglieder durch zusätzliche Verantwortung und Freiräume motiviert werden, können sich andere davon überfordert fühlen. Deshalb braucht es Entwicklungspläne, die sich an den persönlichen Stärken, Interessen und dem individuellen Lerntempo orientieren. Erfolgreiche Unternehmen setzen inzwischen auf flexible Entwicklungspfade, die echte Entfaltung ermöglichen. Mitarbeitende können sich so basierend auf ihren Stärken und Vorlieben weiterentwickeln – eine Mitarbeiterin aus der Finanzabteilung landet so vielleicht im Marketingteam oder ein Teamkollege aus dem Marketing entwickelt sich zum Data Engineer. 

Das richtige Mindset fördern

Nicht zuletzt entscheidet auch das richtige Mindset darüber, ob Entwicklung gelingen kann – insbesondere im Umgang mit Veränderung. Soft-Skills wie Selbstreflexion, Lernbereitschaft, Ambiguitätstoleranz und ein Growth Mindset sind heute genauso wichtig wie fachliche Qualifikationen. Sie bilden die Grundlage dafür, dass Mitarbeitende ihre Potenziale überhaupt wahrnehmen und proaktiv weiterentwickeln wollen und können.

HR und Führungskräfte sollten gezielt Formate schaffen, in denen solche Fähigkeiten geübt und gestärkt werden. Das gelingt etwa durch Reflexionsrunden, offene Feedbackformate oder gezielte Entwicklungsimpulse im Alltag, wie etwa Micro-Learning-Sessions oder Lernanstöße im Slack-Channel oder in den wöchentlichen Team-Meetings. Auch Peer-Coaching-Gruppen können Räume öffnen, in denen Mitarbeitende über sich hinauswachsen.

Psychologische Sicherheit: Die Voraussetzung, um interne Potenziale zu nutzen

Doch das alles bringt nur bedingt etwas für eine positive und nachhaltige Potenzialentfaltung, wenn sich die entsprechende Mitarbeiterin oder der jeweilige Mitarbeiter nicht psychologisch sicher im Unternehmen fühlt. Psychologische Sicherheit ist die Basis dafür, dass Menschen sich zeigen, Neues ausprobieren und auch Fehler machen dürfen. Nur wer sich sicher fühlt, bringt sich ein und ist bereit, neue Wege zu gehen.

Die Anzeichen für ein unsicheres Arbeitsumfeld sind oft eher subtil: Schweigen in Meetings, ausweichende Kommunikation, innerer Rückzug. Hier sind sowohl das Unternehmen als Ganzes als auch die einzelnen Führungskräfte gefordert – mit jeweils unterschiedlichen Hebeln gegenzusteuern:

  • Auf Unternehmensebene: Klare Richtlinien für die Zusammenarbeit, transparente Kommunikation und institutionalisierte Gesprächsformate (zum Beispiel regelmäßige Feedbackrunden oder Workshops zur Teamkultur) fördern eine Atmosphäre, in der Offenheit und Fehlertoleranz nicht nur erlaubt, sondern erwünscht sind. Auch ein struktureller Rahmen – etwa durch anonyme Stimmungsabfragen oder offene Gespräche zu schwierigen Themen – kann das Sicherheitsgefühl stärken.
  • Auf Führungsebene: Führungskräfte haben einen enormen Einfluss auf die psychologische Sicherheit im Team. Sie sollten eine offene, wertschätzende Kommunikation vorleben, emotionale Signale der Mitarbeitenden wahrnehmen und sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Wenn sie eigene Fehler und Unsicherheit offen ansprechen, sendet das ein klares Signal: Hier darf man Mensch sein.

Fazit 

Wenn sich Mitarbeitende im Unternehmen psychologisch sicher fühlen und wenn sie durch unterschiedliche Tools von HR und ihren Führungskräften in der eigenen Entwicklung individuell gefördert werden, steht ihrer vollen Potenzialentfaltung wenig im Weg. Und damit kann auch das Unternehmen den bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolg erzielen. 

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