Frage an die HR-Werkstatt: Wie können wir im Rahmen einer Restrukturierung einen Management Audit zielführend begleiten?
Es antwortet Stephan Lang, Partner bei Indigo Headhunters
Steht in einem Unternehmen eine Restrukturierung an, müssen auch Personalerinnen und Personaler unterstützende Maßnahmen bereitstellen, die über Kostensenkungen, Sozialpläne oder die Optimierung von Unternehmensprozessen hinausgehen. Eine solche Maßnahme ist das Management Audit. Mit seiner Hilfe kann HR als Enabler für die Restrukturierung agieren.
Schätzen Sie die Ausgangslage richtig ein und machen Sie eine Bestandsaufnahme!
Bevor sich HR-Verantwortliche mit der zielführenden Begleitung von Management Audits auseinandersetzen können, sollten sie zuerst die Ausgangslage analysieren. Ursachen für die Schieflage von Unternehmen gibt es nämlich vielfältige. So können die Gründe auf externen makroökonomischen Einflüssen basieren, die exogene Schocks wie durch die Finanzkrise oder zuletzt die COVID-Pandemie auslösen und je nach Stärke und Aufstellung des Unternehmens massiv auf das Ergebnis von Firmen durchschlagen.
Deutlich größere Treiber sind allerdings die Disruption in vielen Branchen, die digitale Transformation von Geschäftsmodellen und die damit einhergehende Konsolidierung globaler Märkte gepaart mit dem Eintritt neuer Wettbewerber. Beispiele sind die Transformation der Financial-Services-Märkte mit dem Eintritt der Fintechs und die Elektrifizierung der Automobilindustrie mit dem Wegfall einer kompletten auf den traditionellen Antriebsstrang fokussierten Zulieferindustrie.
Daraus resultierend fordern in der Regel die Investoren und Gläubiger einen umfassenden Turnaround ein, um das jeweilige Unternehmen aus einer schwerwiegenden Ertrags- und Liquiditätskrise herauszuführen. Neben Maßnahmen auf Finanzseite müssen sich die Unternehmen vor allem auch strategisch neu aufzustellen und positionieren. Dabei steht im Vordergrund, die Unternehmensvision weiterzuentwickeln, eine entsprechende Unternehmensstrategie aufzusetzen und die Roadmap zu definieren, um in die notwendige Operationalisierung der Maßnahmen einleiten zu können.
Um diese Herausforderung zu meistern und um das Unternehmen aus der Krise zu führen, ist ein Management-Team mit darauf zugeschnittenen Kompetenzen notwendig. Hier kommt nun die Personalabteilung ins Spiel, die entweder im Auftrag der Geschäftsführung ein Management Audit vorbereiten oder dieses im Sinne weiterer Stakeholder wie Investoren, Gläubiger oder Aufsichtsgremium auf den Weg bringen kann.
Im Vordergrund steht dabei die Frage der relevanten Kompetenzprofile, die das Management-Team als Befähigung zur Entwicklung, Implementierung und Umsetzung künftiger Strategien vorhalten muss.
Wählen Sie die richtigen Personalberater aus!
Um ein Management Audit dieser Tragweite erfolgreich umzusetzen, ist die erste wichtige Facette, die richtige Personalberatung auszuwählen, die als externe und unvoreingenommene Berater die inhaltliche Gestaltung des Audits, Analyse des Managements und daraus resultierende Ergebnisse sowie Empfehlungen mit einem Mehrwert umsetzen und begleiten können.
Wichtig ist, dass das Personalberatungsunternehmen tiefgehende Erfahrung in der Durchführung von Management Audits vorweisen kann und im Idealfall ein Baukastensystem an Tools vorhält, die sich durch hohe Validität, Objektivität und Methodenkompetenz auszeichnen. Ferner ist zu empfehlen, eine Personalberatung zu wählen, die ein interdisziplinäres Beraterteam vorhält, welches unter anderem auch auf Branchen- und Marktexperten aus dem Executive Search setzt und nicht nur auf Psychologen setzt. Dies ist nicht nur für eine hohe Akzeptanz unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Management Audits notwendig, sondern auch für die weiteren Stakeholder des Restrukturierungsfalles.
Stellen Sie aktiv alle notwendigen Insights und Parameter für die Konzeption zur Verfügung!
Im Idealfall holt der Personalberater das Management-Team dort ab, wo es steht. Dabei gehen Standortbestimmung und Konzeption des Audits Hand in Hand. Insofern ist es wichtig, seitens HR die Personalberater bestmöglich zu briefen, damit Strategie, Anforderungen und Bedürfnisse individuell auf den Kunden abgestimmt werden.
Die Kür liegt dabei in der Entwicklung und Abstimmung eines Kompetenzmodells, das die Basis für das Assessment bildet. Dabei kann das HR-Management je nach Vorarbeit und Involvement die Weichen für die passgenaue Definition der Kompetenzen stellen. Das Modell beinhaltet in der Regel kognitive Kompetenzen, wie zum Beispiel Strategie, Innovation oder Veränderungsbereitschaft, soziale Kompetenzen wie Kooperationsfähigkeit oder Kundenorientierung und operative Kompetenzen, wie beispielsweise Umsetzungsstärke oder Lösungsorientierung.
Begleiten Sie die Auswahl an Diagnostik-Tools!
Auf Basis eines auf den Kunden zugeschnittenen Kompetenzmodells operationalisiert die Personalberatung einen Kriterienkatalog und baut darauf abgestimmt je nach Wunsch des Auftraggebers Fallstudien, Business Case-Simulationen und Rollenspiel-Situationen, bietet Selbst-Assessments oder ermöglicht 180°-/360°-Feedbacks.
Ferner stehen im Mittelpunkt strukturierte Interviews der Executives, in welchen auf Basis intensiver Gespräche die Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz hinterfragt, strategische Fragestellungen beleuchtet und mögliche Herausforderungen thematisiert werden. Darüber hinaus stellen die geschulten und erfahrenen Experten der Personalberatung passende personaldiagnostische Tools zur Auswahl.
Die Personalberatung bringt qualitative und quantitative Verfahren zum Einsatz, um Potenziale zu identifizieren und Kompetenzen zu bewerten. Die vom Kunden ausgewählten personaldiagnostischen Tools machen in Kombination mit teilstrukturierten, kompetenzbasierten Interviews das Bild rund. Dabei sollte die HR-Organisation darauf achten, dass die Interviews ausschließlich von erfahrenen Senior-Beraterinnen und -Beratern durchgeführt werden.
Holen Sie Diagnose und Empfehlung ein und unterstützen Sie die Umsetzung!
Die Personalberater setzen das individuelle Analyseergebnis in Korrelation zu den definierten Anforderungen, zeigen Überschneidungen und Abweichungen auf, geben unmissverständliche Hinweise auf Potenziale, Gaps, Chancen und Risiken.
Dabei ist es sehr wichtig, dass basierend auf der Analyse eine pointierte und transparente Ergebnisdokumentation erarbeitet wird. Je nach Zielsetzung erfolgen dadurch Empfehlungen zu Auswahl, Besetzung oder strategischer Personalplanung in Bezug auf das Management-Team. Daraus resultieren klar formulierte Entwicklungsempfehlungen zur Übernahme einer entsprechenden Funktion bzw. Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen oder Coaching. Hierbei sollte die Personalabteilung darauf achten, dass die Personalberater über diesen Prozess hinweg eine unvoreingenommene, objektive Rolle als Moderatoren, Berater und Impulsgeber wahrnehmen.
Abschließend liegt der Ball bei HR, die Umsetzung der Empfehlungen soweit wie möglich inhaltlich zu begleiten.
Werkstatt-Check
Wie kann die Personalabteilung Management Audits zielführend begleiten?
- Schätzen Sie die Ausgangslage richtig ein und machen Sie eine Bestandsaufnahme
- Wählen Sie die richtigen Personalberater aus
- Stellen Sie alle notwendigen Insights und Parameter für die Konzeption durch den Personalberater zur Verfügung
- Begleiten Sie die Auswahl an Diagnostik-Tools
- Monitoren Sie die Durchführung der Potenzialanalyse
- Holen Sie Diagnose und Empfehlung ein und unterstützen Sie die Umsetzung
Autor
Stephan Lang ist Partner bei Indigo Headhunters. Er verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Personalberatung auf Top-Level. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen Industry, Digital & Technology, Professional Services und Management Audits. Stephan Lang leitet bei Indigo Headhunters die Digital & Technology und Industrial Practice Groups.