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So fördern Unternehmen den gesunden Schlaf ihrer Beschäftigten

Frage an die HR-Werkstatt: Wie können Unternehmen das Thema „erholsamer Schlaf“ zum festen Bestandteil ihrer Gesundheitsförderung machen?

Es antwortet: Karin Welter, Health & Safety-Referentin bei T-Systems

Wir verschlafen rund ein Drittel unseres Lebens – wenn es gut läuft. Doch die Meisten erreichen diesen Anteil nicht. Etwa 40 Prozent der Erwachsenen in Deutschland schlafen nach eigenen Angaben schlecht. Das geht aus einer neuen repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor. Schlafstörungen sind ein ernstzunehmendes Problem, wirken sie sich doch unmittelbar auf unsere Gesundheit, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit aus.

Wenn sich der Tag dem Ende neigt, dann beginnt für unseren Körper die Nachtschicht: Im Schlaf repariert er beschädigte Zellen, stärkt das Immunsystem und tankt die Energiereserven wieder auf. Schafft er dies nicht, sind die Folgen gravierend: Bei chronischem Schlafmangel steigt das Risiko, an Diabetes Mellitus oder Depressionen zu erkranken, auch Herz und Kreislauf können Schaden nehmen. Seit 2005 haben Fehltage von Beschäftigten wegen Schlafstörungen um 77 Prozent zugenommen.

Die Störfaktoren nehmen zu

Es gibt viele Gründe, die unseren Schlafrhythmus aus dem Takt bringen können. Und es werden immer mehr. Wer sich abends noch an die Arbeit macht, dem fehlt die Zeit, um abzuschalten. Auch wer sich zu wenig bewegt, wälzt sich nachts im Bett oft hin und her. In der Pandemie peinigten beispielsweise Angststörungen viele Menschen. Mit dem Ukraine-Krieg sind neue Sorgen und damit Störfaktoren für den gesunden Schlaf hinzugekommen. Deshalb hat sich der Kommunikationsdienstleister T-Systems International GmbH mit der BARMER, dem Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) und der BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH zusammengetan, um etwas gegen schlaflose Nächte der Beschäftigten zu tun und die Nöte der Betroffenen zu lindern. Die Dachkampagne #ausruhezeichen bei T-Systems startete schon 2020; sie soll die Beschäftigten drei Jahre lang begleiten und unterstützen, anschließend wird das Thema „gesunder Schlaf“ zum Bestandteil des betrieblichen Managementkonzepts der Deutschen Telekom.

Denn ein Blick auf die Statistik und die oben genannten Zahlen macht klar, dass das betriebliche Gesundheitswesen nicht die Augen vor Schlafstörungen verschließen darf und die Schlafgesundheit langfristig mitdenken muss, wollen Unternehmen die Gesundheit und Produktivität der Beschäftigten dauerhaft fördern. Gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels und der Great Resignation sollten Firmen das Wohlergehen und die Resilienz der Belegschaft fördern um Mitarbeitende zu binden und Ausfällen vorzubeugen. Die Wirksamkeit unserer Schlafkampagne haben wir mit der sogenannten Mesana Messung, also einer Vorher/Nachher-Erhebung, überprüft. Die Tendenz ist positiv. Das gilt fürs Schlafverhalten, aber auch für das allgemeine Wohlbefinden. Unsere Gesellschaft wird immer älter und unsere Beschäftigten gehen immer später in Rente: Deshalb sollten sich Unternehmen zum Ziel setzen, dass die Mitarbeitenden fit und gesund bleiben. Im Konzern liegt die Gesundheitsquote seit einigen Jahren um die 95 Prozent. Mit Aktionen wie diesen wollen wir sie konstant halten oder sogar noch verbessern.

Leicht zugängliche Angebote

Wer Schlafgewohnheiten ändern möchte, muss wissen wie. Zum Beispiel, wie man vom Gedankenkarussell am besten abspringt, welche Einschlafrituale helfen können und an wen man sich bei Schlafproblemen und Konzentrationsverlust wenden kann.

Im Projekt hat es sich bewährt, Multiplikatoren in einer achtstündigen Schulung auszubilden, die die Angebote an unterschiedlichen Unternehmensstandorten erklären und dafür werben. Diese Multiplikatoren sind Mitarbeitende, die sich freiwillig gemeldet haben. Bestandteil ihrer Online-Ausbildung waren beispielsweise Tipps, wie sich Wissen am besten vermitteln lässt. Dazu haben wir die Teilnehmenden auf eine Lernreise geschickt, ihnen einen „Methodenkoffer“ zur Verfügung gestellt – mit Online-Tutorials, Fachmaterial. Außerdem haben wir Refresher-Workshops angeboten und eine Community für den Austausch aufgebaut. Neben der Wissensvermittlung haben wir den künftigen Expertinnen und Experten aber auch konkrete Tipps für die Beratung mitgegeben. Unsere Multiplikatoren stehen den Mitarbeitenden an den einzelnen Standorten beratend zur Seite und erklären etwa, wie der Schlaf mit der richtigen Bewegung und Ernährung zusammenhängt. Bei ihnen können sich Mitarbeitende auch nach wirksamen Methoden erkundigen, wie sich das abendliche Grübeln und Kreisen der Gedanken abstellen lässt.

Zusätzlich zum Werben der Multiplikatoren wurde mit einer Roadshow auf das neue Angebot aufmerksam gemacht. Vertreter der projektbeteiligten Unternehmen besuchten die zehn größten T-Systems Standorte und erreichten damit mehr als 600 Mitarbeitende. Dabei hatte die Belegschaft die Gelegenheit, sich in persönlichen Gesprächen zu allen Fragen des gesunden Schlafs beraten zu lassen. Ein #ausruhecoaching des Gesundheitsdienstleisters BAD unterstützte zusätzlich. So besteht das Coaching aus bis zu fünf telefonischen Beratungsterminen, auf die jeder Beschäftigte in Deutschland Anspruch hat. Darüber hinaus werden moderne Technologien eingesetzt, um dem Thema Schlaf die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen: In dem eigens entwickelten #ausruhemobil können die Beschäftigten mit der Hilfe einer VR-Brille einen Schlafzimmercheck durchführen. Per VR-Brille betritt die jeweilige Person ein virtuelles Schlafzimmer und muss Störfaktoren wie Licht, Lärmquellen von Nachbarn oder Schnarchen identifizieren. Das soll dabei helfen, potenzielle Störfaktoren im heimischen Schlafzimmer zu entdecken. Dieses Angebot haben im vergangenen Jahr bereits 144 Mitarbeitende genutzt.

Wie sich die Unternehmenskultur verändern lässt

Bei T-Systems ist die Gesundheitsquote in die Unternehmensstrategie aufgenommen sowie ein Business KPI – und damit Ansporn, sich nachhaltig mit dem Wohlbefinden der Beschäftigten auseinanderzusetzen. Bewegungsangebote oder Ernährungsberatung gibt es schon lange, das betriebliche Gesundheitswesen fokussiert sich nun mit dem Projekt zusätzlich darauf, die Mitarbeitenden resilienter zu machen. Gesundheitsmanagement und Personalpolitik gehen dabei immer häufiger Hand in Hand – etwa, wenn Freiräume für die Kolleginnen und Kollegen geschaffen werden, was die Wahl von Arbeitszeit und -ort betrifft. Im Service hat T-Systems beispielsweise ein Pilotprojekt aufgesetzt, bei dem alle Beschäftigten ihre Schicht frei wählen konnten.

Mit der 5-Minuten-Regel will das Unternehmen verhindern, dass virtuelle Meetings nahtlos ineinander übergehen. Es sollen wenigstens fünf Minuten zwischen den Terminen liegen, damit die Mitarbeitenden durchatmen können. Und in der #ausruhezeitung sowie auf der Schlaf-Onlineplattform finden die Beschäftigten regelmäßig neues Know-how rund um die Nachtruhe. Da geht es dann zum Beispiel darum, wie man ein Schlaftagebuch führt oder weshalb der Schlaf mit dem Medienkonsum zusammenhängt.

Dank des ganzheitlichen Ansatzes hat die Initiative bereits den Practice Benchmark Award des Bundesverbands Betriebliches Gesundheitsmanagement gewonnen. Gegenwärtig wertet T-Systems aus, wie sich das Projekt auf die Gesundheit der Mitarbeitenden auswirkt.

Auch Erwachsene können schlafen lernen – und Unternehmen sollten ein Interesse an einer erholsamen Nachtruhe ihrer Beschäftigten zeigen: mit einem Mix aus Wissensvermittlung, Coachings und der Bereitschaft, die eigene Unternehmenskultur zu überdenken.

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