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Warum wir alle länger arbeiten müssen – aber es keiner mitmacht

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In Deutschland sind derzeit rund 1,8 Millionen Arbeitsplätze unbesetzt, weil Personal fehlt. Und wir dürfen uns auf mehr „freuen“: Neben dem aktuellen Arbeitskräftemangel droht auch der demographische Wandel. Gehen die Babyboomer in Rente, wird der deutsche Arbeitsmarkt bis 2035 um sieben Millionen Arbeitskräfte schrumpfen, prophezeit Arbeitsforscher Professor Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Um diese Lücke zu schließen, so Weber, müssten ältere Menschen und Frauen für das Erwerbsleben gewonnen werden. Und Deutschland müsste auf Zuwanderung und eine sehr gute Integration setzen.

Andere bringen jedoch auch eine längere Erwerbstätigkeit ins Spiel. So sagte zum Beispiel Alexander Burstedde vom Institut der Deutschen Wirtschaft der Frankfurter Rundschau, dass, um die drohende Personallücke zu schließen, mehr Menschen später in den Ruhestand gehen sollten: „Wenn wir es schaffen, die Babyboomer nur etwas länger arbeiten zu lassen, wäre uns bereits enorm geholfen“.

Die Realität stellt sich anders da

Doch die Bevölkerung möchte etwas anderes als länger arbeiten: So gaben im Jahr 2022 laut einer Statista-Studie rund 97 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass sie sich eine Vier-Tage-Woche wünschen, weil sie mehr Zeit für sich selbst haben wollen. Zudem gaben rund 89 Prozent an, dass sie mehr Zeit mit der Familie haben wollen. Auch gesundheitliche Probleme stellen für rund 31 Prozent der Befragten einen Grund für den Wunsch nach einer Vier-Tage-Woche dar.

Das Interessante dabei: Auf mögliche Gehaltseinbußen haben die deutschen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen offenbar keine Lust: Rund 73 Prozent der Befragten wünschten sich eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn.

Auch das Angestellten-Dasein steht dabei noch auf dem Prüfstand: Bereits 2022 ist zum Beispiel das Buch „Gen Z. Für Entscheider:innen“ erschienen. Darin gibt es etwa 25 Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern der Generation Z und Menschen, die sich mit der Lebens- und Arbeitswelt der heute 15- bis 25-Jährigen auseinandersetzen. Das Ergebnis: Viele glaubten, der Schlüssel für den Ausstieg aus dem Hamsterrad sei die Selbstständigkeit.

Und wenn es nicht die Selbständigkeit ist, dann auf jeden Fall das selbstbestimmte Arbeiten. Denn: Auch wenn sich die Generation Z bei den Arbeitszeiten und der Work-Life-Balance uneinig ist, ist Autonomie einer der wichtigsten Kriterien im Arbeitsalltag. So wollten rund 83 Prozent ihre Zeit selbst einteilen und nach ihrem eigenen Rhythmus arbeiten, so das Ergebnis der Studie „Future of Work“ aus dem Jahr 2022. 

Man könnte also zugespitzt festhalten: Wir müssten eigentlich alle mehr arbeiten, während alle, die im Angestelltenverhältnis arbeiten, eher weniger arbeiten wollen (bei gleichem Lohn) und die meisten sich sowieso in die Selbständigkeit verabschieden oder wenigstens ihre Arbeitszeiten selbständig bestimmen wollen. So werden sich Arbeitgeber auf neue Arbeitsmodelle einstellen müssen.

Die Teilzeitarbeit wird zum „New Normal“ und wir werden Themen wie Job-Sharing und die Arbeit mit Selbständigen noch mehr auf die Agenda holen müssen. Denn der Markt bestimmt das Handeln. Also: Wann besetzen Sie die erste Führungsposition in einem Job-Sharing-Modell?

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