Lockdowns und andere Maßnahmen haben sich während der Corona-Zeit deutlich auf den betrieblichen Alltag von Auszubildenden ausgewirkt. Viele Unternehmen haben versucht, das Lernen und Arbeiten der Azubis auf Distanz zu organisieren. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts Netzwerk Q 4.0 untersucht, wie gut das funktioniert hat und wie stark das Lernen und Arbeiten der Azubis beeinträchtigt wurde. In das Ergebnis flossen die Aussagen von 674 Ausbildern, Ausbildungsleiterinnen und Ausbildungsbeauftragten ein. Die Befragung fand von Februar bis Mai dieses Jahres statt.
Fast sechs von zehn Betrieben bildeten auf Distanz aus
Generell sind trotz Corona-Pandemie nicht alle Ausbildungsbetriebe zum Distanzlernen übergegangen. Jeder Dritte sagte, dass in seinem Betrieb keine Ausbildungsinhalte und Tätigkeiten über virtuelles Lernen vermittelt wurden. Die meisten davon (26 Prozent) sagten, dass sich der Beruf für Distanzlernen nicht eignet. Fünf Prozent gaben an, dass Distanzlernen in ihrem Unternehmen nicht möglich ist und ebenso viele nannten andere Gründe, beispielsweise fehlende mobile Endgeräte. Die Mehrheit der Betriebe wechselte allerdings zum Lernen und Arbeiten aus dem Homeoffice: Gut die Hälfte (55 Prozent) der Befragten gab an, dass die Azubis im Unternehmen zeitweise auf Distanz ausgebildet wurden, wenn dies notwendig war. Weitere neun Prozent der Ausbilder und Ausbilderinnen nutzten digitale Lernmöglichkeiten als strategisches Element der Wissensvermittlung.
70 Prozent der Betriebe stellen Lernrückstände bei Azubis fest
Unternehmen, die teilweise auf eine digitale Ausbildung gewechselt sind, schafften es größtenteils ihre Lerninhalte in gewohntem Ausmaß zu vermitteln. Insgesamt 70 Prozent der Ausbildungsverantwortlichen stellten zwei Jahre nach Beginn der Corona-Krise Defizite beim Wissensstand ihrer Azubis fest – allerdings in den meisten Fällen nur kleine. Große Lernrückstände verzeichneten vor allem jene Betriebe, in denen die Inhalte nicht digital vermittelt werden konnten (9 Prozent). Dagegen konnten die Befragten aus Unternehmen, in denen das Distanzlernen strategisch eingesetzt wird, keine großen Lernrückstände ausmachen.
Mögliche Erklärungen dafür sind laut IW, dass diese Betriebe schon vor Corona Erfahrungen mit digitaler Ausbildung gemacht haben und dass Distanzlernen vor allem dann einsetzt wird, wenn besonders leistungsstarke Auszubildende betreut werden. Auch eine Rolle könnte spielen, dass Ausbildungsverantwortliche, die Homeoffice systematisch einsetzen, in der didaktischen Umsetzung von digitalem Lernen stärker fortgeschritten sind als ihre Kollegen und Kolleginnen in anderen Unternehmen. Insgesamt sei es eher der unvorbereitete Wechsel auf Distanzlernen gewesen, der zu Lernrückständen geführt hat, als das digitale Lernen an sich, so das Fazit der Befragung.
Maßnahmen, um versäumten Lernstoff aufzuholen
Um den Auszubildenden zu ermöglichen, den versäumten Lernstoff nachzuholen, haben mit rund 90 Prozent fast alle befragten Unternehmen Maßnahmen aufgesetzt: 82 Prozent der Ausbilder unterstützen die Lehrlinge intensiver bei den Prüfungsvorbereitungen. 81 Prozent nehmen sich mehr Zeit, um ihre Auszubildenden zu begleiten und zu fördern. Zusätzlichen Unterricht oder Nachhilfe bieten 71 Prozent an. 60 Prozent haben praktische Ausbildungsphasen später nachgeholt. Jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) arbeitet mit anderen Betrieben und externen Partnern zusammen, beispielsweise, um gemeinsamen Förderunterricht durchzuführen. Ein weiteres Viertel (25 Prozent) bietet den Jugendlichen in Rücksprache mit den zuständigen Stellen die Option, die Ausbildung zu verlängern.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.