Wenn es um Gesundheit im Unternehmen geht, sind Führungskräfte und Ausbildungsleiter in der Pflicht, sagt Dr. Sabine Voermans, Leiterin Gesundheitsmanagement bei der Techniker Krankenkasse (TK). Sie nehmen für ihre Schützlinge eine besondere Vorbildfunktion ein.
Personalwirtschaft: Der TK-Gesundheitsreport 2017 widmet sich der Gesundheit von Auszubildenden. Warum diesem Thema?
Frau Dr. Voermans: Dafür gibt es gute Gründe: Zum einen verändert sich die Lebenssituation der jungen Azubis mit dem Eintritt in die Berufswelt grundlegend. Sie haben einen neuen Tagesablauf, oftmals neue Wohnverhältnisse, ein verändertes soziales Umfeld und damit häufig auch ein anderes Freizeitverhalten. Sie müssen sich komplett neu ordnen: Wann treffe ich Freunde? Wann mache ich Sport? Wie bekomme ich genug Schlaf? Wieviel Zeit verbringe ich am Smartphone und im Netz? Dieses ganze Paket kann ungesunden Stress hervorrufen
Wie genau wirkt sich diese Belastung auf das Wohlbefinden der Auszubildenden aus?
Dem Report zufolge verzeichnen die Krankenkassen seit Jahren einen Anstieg psychisch bedingter Fehlzeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Bei Auszubildenden fällt dieser noch stärker aus als bei den Beschäftigten. Die Fehlzeiten aufgrund von Depressionen, Anpassungs- und Belastungsstörungen bei Auszubildenden zwischen 16 und 25 Jahren sind seit dem Jahr 2000 um 108 Prozent gestiegen. Über alle Altersgruppen hinweg betrug der Anstieg psychisch bedingter Fehlzeiten „nur” 88 Prozent. Das sind besorgniserregende Zahlen!
Welchen Einfluss hat das Medienverhalten junger Menschen auf diese Entwicklung?
Die Azubis von heute sind „Always on”. Viele sind es gewohnt, immer digital erreichbar zu sein. Experten sehen in dem Status der Dauerverfügbarkeit eine der Ursachen für den hohen Stresslevel der Berufseinsteiger. Unsere Berater für Betriebliches Gesundheitsmanagement berichten immer häufiger aus den Unternehmen, dass es den Azubis zunehmend schwer fällt, sich über längere Zeit zu konzentrieren. Sie sind sensibler gegenüber Stress und haben Probleme abzuschalten. Dabei ist es gerade in einer Umwelt, in der wir ständig von Medien umgeben sind, wichtig, auch mal bewusst offline und nur bei sich zu sein.
Vielleicht ist diese Generation auch gar nicht so digital, wie Ausbilder von ihnen erwarten. Stehen sie gegebenenfalls auch deshalb unter erhöhtem Druck?
Die Azubis sind Digital Natives. Sie nutzen digitale Medien selbstverständlich und meist intuitiv. Für einen kompetenten Umgang mit den Medien reicht es nicht, zu wissen, wie das Smartphone und der Laptop bedient werden. Es braucht auch die Kompetenz zu beurteilen, wann ihr Einsatz sinnvoll ist und welche Informationen aus dem Netz kritisch zu hinterfragen sind.
Gibt es präventive Maßnahmen, um die Gesundheit der Azubis zu stärken?
Das Thema Gesundheit gehört für uns in den Ausbildungsplan. Deshalb haben wir für Firmen ein spezielles Programm für Auszubildende entwickelt. Das Programm „Gesund und fit durch die Ausbildung” bietet Bausteine zu sämtlichen Themen der Gesundheitsförderung, also auch zu den Klassikern wie Bewegung, Ernährung und Stress. Bewegungsmangel ist oft die Kehrseite des Medienkonsums.
Zum Thema Medienkompetenz bei Azubis haben wir einen 30-minütigen Film „Digital ins Berufsleben“ produziert. Der Film zeigt, wie Jugendliche stressfrei und mit einem gesunden Medienkonsum durch die Ausbildung kommen und wie man sie dabei unterstützen kann.
Inwiefern kann die Krankenkasse Hilfestellungen für Ausbilder und Auszubildende leisten?
Wenn wir über Gesundheit im Unternehmen sprechen, stehen auch die Führungskräfte und Ausbildungsleiter im Fokus. Sie haben eine wichtige Vorbildfunktion für die Auszubildenden. Unsere #whatsnext-Studie zeigt, dass das Engagement der Führungskräfte nach wie vor der wichtigste Faktor für die Gesundheit der Beschäftigten ist. Eine gesunde Umgebung am Arbeitsplatz, ein geregeltes Pausenmanagement, Bewegungsangebote und ein ausgewogenes Kantinenessen tragen außerdem dazu bei.
Darüber hinaus spielt auch das soziale Miteinander im Unternehmen eine große Rolle. Motivation, wertschätzende Kommunikation, transparente Informationen sind hier nur einige wichtige Faktoren. Mit speziellen Angeboten wie zum Beispiel „Gesundheit und Führung”, „Interkulturelles Kompetenztraining” und „Krankenstände vermeiden” unterstützen wir Unternehmen und Führungskräfte gezielt beim Thema Gesundheit.
Von: Christin Isken
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