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Corona-Krise schwächt Inklusionsfortschritt

Junger Mann mit Behinderung arbeitet in Café
In Tourismus und Gastronomie sind wegen der verhängten Beschränkungen auch Menschen mit Behinderung stark von Arbeitslosigkeit betroffen.
Foto: © Aktion Mensch / Thilo Schmülgen

Seit 2013 hat sich die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung hierzulande fast stetig verbessert. Doch dieses Jahr erlebt die Entwicklung einen Rückschlag: Im Oktober lag die Anzahl der Arbeitslosen mit Schwerbehinderung bei 173 709, das sind rund 13 Prozent mehr als im Oktober 2019. Damit hat die Arbeitslosigkeit den höchsten Stand seit 2016 erreicht. Allein von März bis April stieg die Zahl um mehr als 10 000. Das zeigt das aktuelle „Inklusionsbarometer Arbeit 2020“ der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes.

Die rasant negative Entwicklung in diesem Jahr mache in kürzester Zeit die Erfolge der letzten vier Jahre zunichte, kommentiert Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes, die Situation.

Haben Menschen mit Behinderung ihren Arbeitsplatz erst einmal verloren, finden sie sehr viel schwerer in den ersten Arbeitsmarkt zurück als Menschen ohne Behinderung. Im Durchschnitt suchten arbeitslose Menschen mit Behinderung schon letztes Jahr 100 Tage länger nach einer neuen Stelle als Menschen ohne Behinderung,

ergänzt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. Nach dem Ende der Corona-Krise wird es laut Studie eine geraume Zeit dauern, die ökonomischen Schäden zu beheben – auch und besonders mit Blick auf die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland.

Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Bayern und Hamburg am höchsten

Die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderung ist bundesweit gestiegen, allerdings ist diese Beschäftigtengruppe in einigen Bundesländern besonders stark betroffen. Die größte Zunahme der Arbeitslosigkeit verzeichnet Bayern mit 19,1 Prozent, dicht gefolgt von Hamburg mit 18,9 Prozent. Auch in Baden-Württemberg mit einem Anstieg von 16,4 Prozent und in Hessen mit einer Zunahme von 16,2 Prozent liegen die Werte deutlich über dem deutschlandweiten Schnitt von 13 Prozent. Am niedrigsten fällt der Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Sachsen-Anhalt (6,6 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (6,7 Prozent) und Brandenburg (7,6 Prozent) aus.

Corona-Krise verstärkt vorhandene Strukturkrise in einigen Branchen noch

Die hohen Zahlen, etwa in Bayern und Baden-Württemberg, machen laut Studie deutlich, dass die ohnehin anhaltende Strukturkrise – etwa in der Automobil- und -zuliefererindustrie – durch die coronabedingte Konjunkturkrise noch verstärkt wird. Außerdem verzeichneten stark vom Tourismus geprägte Regionen wie Hamburg in der aktuellen Krise einen großen Verlust von Arbeitsplätzen, der auch viele Menschen mit Behinderung trifft.

Zu den vollständigen Studienergebnissen geht es > hier.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.