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„Ich könnte mir keine spannendere Aufgabe vorstellen“

Sagt ein neu installierter Recruiting-Leiter, er habe „die inspirierendste Talent-Acquisition-Rolle auf der ganzen Welt“, klingt das verdächtig nach Employer-Branding-Blabla. Doch Sören Frickenschmidt glauben wir’s: Er verantwortet künftig die Talentgewinnung bei Biontech. Im Interview erklärt Frickenschmidt, wie er an seinen neuen Job kam und was er in den ersten Wochen und Monaten vor hat.

Personalwirtschaft: Herr Frickenschmidt, um Ihren neuen Job dürften Sie viele Recruiterinnen und Recruiter beneiden. Wie wird man Recruitingchef bei Biontech?
Frickenschmidt: (lacht) Es ist ehrlicherweise ziemlich unspektakulär – und so, wie man es sich vermutlich vorstellen würde: Der Kontakt erfolgte durch einen Personalberater, der eine Empfehlung aus meinem Netzwerk bekommen hatte …

… und wie haben Sie geschaut, als der Personalberater offenlegte, um welches Unternehmen es sich bei der infrage stehenden Position handelt?
Das klingt jetzt, als sei ich schon voll im Vertriebsmodus. Aber wenn man mich im Vorfeld gefragt hätte, was die inspirierendste Talent-Acquisition-Rolle auf der ganzen Welt im Moment ist, hätte ich geantwortet: Biontech. Das Wachstum, die Sichtbarkeit, auch aber die extrem raren Profile, die gesucht werden: Ich könnte mir gerade keine spannendere Aufgabe in der Talent Acquisition vorstellen.

Und das durch den unternehmerischen Erfolg in der Pandemie aufgelaufene Kapital dürfte diesen Job nicht unattraktiver machen.
Das ist natürlich kein Schaden. Ich finde aber, die Visibilität, die das Unternehmen derzeit hat, ist für meine Themen ein fast noch größerer Vorteil. Genau wie das starke Recruiting-Team. Dass die was können, hat man ja nun schon gesehen.  

Trotzdem unterscheiden sich beide Unternehmen in ihrer Größe, ihrer Historie, auch im Spirit vermutlich, deutlich. Wie schauen Sie auf diesen Unterschied?
Von außen ist das noch nicht ganz einfach einzuschätzen. Ich rechne aber damit, dass es ein wenig eine Rückkehr zu meinen Wurzeln wird. Ich komme ursprünglich aus der Beratung, war Teil der Promerit, die seinerzeit auch ein schnelles Wachstum erlebte – in der Zeit als ich da war, hat sich die Zahl der Mitarbeiter etwa verfünffacht. Ich vermute, dass es da ein paar Erfahrungen geben wird, an die ich anknüpfen kann.

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Biontech ist in den Pandemie-Jahren stark gewachsen, die Mitarbeitendenzahl ist in die Höhe geschnellt. Weitere Zukäufe und weiteres Wachstum sind geplant. Ist die Hypergrowth-Phase vorüber oder geht es so rasant weiter?
Ich vermute einen zweigleisigen Prozess: einerseits weiterhin ein Wachstum, das man in klassischen, gesetzten Unternehmen in dieser Größenordnung nicht hat. Andererseits wird es nötig sein, Dinge zu konsolidieren, Prozesse und Strukturen zu etablieren – ohne die Kultur und Flexibilität einzubüßen. Das konnte in den vergangenen zwei Jahren mutmaßlich nicht die höchste Priorität gewesen sein.

Wie bereiten Sie sich konkret auf den Job vor? Gibt es Punkte, die Sie erwarten, die neu für Sie sind?
Im Unterschied zur letzten Rolle bei Boehringer werde ich im Unternehmen deutlich sichtbarer sein: Wenn’s ein Problem gibt im Recruiting, zeigt der Finger auf mich (lacht). Das kenne ich durchaus noch aus meiner Zeit als Leiter Recruiting für Deutschland bei Boehringer, es ist aber etwas anderes als zuletzt, als ich eher Teil eines Teams in der strategischen Talent Acquisition-Arbeit war.

Jetzt kommt wieder deutlich mehr Operatives auf Sie zu. Wo liegt der Unterschied?
Ich bin der Überzeugung: Die rein strategische Arbeit ist sowohl intellektuell als auch was die Accountability angeht, weniger herausfordernd, als wenn man auch fürs Operative verantwortlich ist.

Knapp zehn Jahre Boehringer liegen hinter Ihnen. Eine lange Strecke …
… nicht nach Boehringer-Maßstäben (lacht)! Bei einem so guten Arbeitgeber bleiben die Leute oft noch viel länger. Nach Maßstäben der Außenwelt sind zehn Jahre aber natürlich lang.

Nehmen Sie uns mal mit in Ihre letzte Rolle bei Boehringer. Wie sah die aus?
Ich war Teil des Corporate CoE „People Growth & Talent Acquisition“ – die globale Konzeptschmiede für alles, was Personalentwicklung und -gewinnung angeht. Ich hatte etwa ein großes, weltweites Projekt für das Thema Recruiting-Delivery und Recruiting-Organisation und die Verantwortung für das Corporate Employer Branding. Im Wesentlichen haben wir Themen moderiert, die konzernweite, weltweite Lösungen brauchen.

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Im neuen Job wird das Employer Branding ebenfalls auf Ihrem Aufgabenzettel stehen. Hatten Sie im Kopfkino schon die ersten Kampagnenideen?
Auf jeden Fall. Zwar hat Biontech derzeit die Gunst der Stunde, dass man ohne große Kampagne eine sehr hohe Visibilität und Beliebtheit bei den Zielgruppen genießt. Ich weiß aber auch, dass das nicht alle Herausforderungen bei der Talentgewinnung löst – und dass man sich vor allem nicht darauf ausruhen darf. Aber damit kann man natürlich arbeiten.

Wir sprachen über Ihre Sichtbarkeit im neuen Job: Gilt das auch nach außen? Mein Eindruck ist, dass Sie in der deutschsprachigen HR-Szene vor einigen Jahren präsenter waren als derzeit.
Das stimmt und hat mit der Tatsache zu tun, dass ich in den vergangenen vier Jahren international aktiv war und mit Deutschland weniger zu tun hatte. Daher habe ich im deutschsprachigen Raum weniger publiziert und war seltener auf Veranstaltungen. Das kann sich jetzt aber durchaus wieder ändern.

Sie steigen in Mainz als „Global Head of Talent Acquisition“ ein. Wie ist die Rolle aufgehängt?
Ich werde als Teil des HR-Leadership Teams an die oder den „Global Head of HR“ berichten. Die Rolle ist derzeit noch unbesetzt …

… und Sie wissen insgeheim schon, wer es wird?
Nein, ich weiß es noch nicht. Aber ein bisschen Abenteuer ist doch auch mal schön.

Am 16. Februar geht es los für Sie: Wir wünschen einen guten Start und ein glückliches Händchen – und danken für das Gespräch.

Info

Cliff Lehnen ist Chefredakteur der Personalwirtschaft und unter anderem spezialisiert auf die Themen Organisationsentwicklung, Unternehmenskultur, Innovations- und Veränderungsmanagement.