Personalwirtschaft: Frau Dussen, Sie sind dreifache Mutter
und haben gleichzeitig eine Führungsposition in einer Beratung inne. Wie
bringen Sie die Aufgaben unter einen Hut?
Monika Dussen: Mein Mann unterstützt mich bei der Familienarbeit
sehr. Er ist momentan in Elternzeit, während ich nach rund einem Jahr wieder in
meinen Beruf eingestiegen bin. Allerdings arbeite ich seit der Geburt meines
ersten Kindes 80 Prozent. Ohne die Bereitschaft, Verantwortung abzugeben, auch
Fremdbetreuung in Anspruch zu nehmen und einen Partner, der das mitträgt, wäre
mein derzeitiges Arbeits- und Lebensmodell schwierig.
In wie weit hatten Sie Unterstützung von außen – etwa
durch die Personalabteilung Ihres Unternehmens?
Nach der Geburt meiner Tochter und meiner Rückkehr aus der
ersten Elternzeit habe ich vom Aufgabenumfang her wie zuvor gearbeitet – was
für eine 80-Prozent-Stelle viel zu viel war. Mir wurde klar, dass ich mich
anders organisieren muss. Der Personalverantwortliche hat mir deshalb einen
weiblichen Coach vermittelt. Mit ihrer Hilfe konnte ich priorisieren und
herausarbeiten, in welchen Bereichen ich den höchsten Mehrwert für unser
Unternehmen einbringen kann. Dabei wurden Themen sichtbar, die nicht zwingend
zu meinen Stärken gehören und die ich mit einer klaren Positionierung meiner
Stärken an Kollegen abgeben kann. Auch hilfreich war, dass der Konzern, in dem
mein Mann arbeitet, eine Kooperation mit einer Agentur hat, die Babysitter und
Kinderbetreuungen vermitteln. Damit hat er uns bei der Suche viel Arbeit
abgenommen und eine hervorragende Kinderfrau für uns gefunden.
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Wie haben die Kolleginnen und Kollegen darauf reagiert,
dass Sie gleichzeitig Partnerin und mehrfache Mutter sein wollten?
Als ich Partnerin geworden bin, habe ich von Anfang an klar
kommuniziert, dass ich dennoch plane, Kinder zu haben. Das wurde recht positiv
aufgenommen. Die Kollegen versprachen ihre Unterstützung. Aber es gibt es
natürlich eine Erwartungshaltung an einen Partner als Unternehmer. Man muss
viel Zeit ins Unternehmen investieren und dieses sehr weit oben in der
Prioritätenliste einordnen. Da es in unserer Firma bis dato kein Rolemodel für
Mütter als Partnerin gab, ist Selbstorganisation und Eigeninitiative sehr
wichtig gewesen. Wenn man Freiheiten bekommt, dann muss man sich selbst darum
kümmern, diese auszugestalten. Ich arbeite montags im Home Office und habe
freitags frei. Das gab es bei uns davor nicht. Natürlich ist es aber immer
wieder eine Umstellung, erneut einen strukturierten Arbeitsalltag zu haben.
Wenn man Freiheiten bekommt, dann muss man sich selbst darum
kümmern, diese auszugestalten.
Mehrfache Mütter gibt es auf einer Position wie der Ihren
besonders selten – zumal Frauen auch sonst in der Restrukturierungsbranche in
der Unterzahl sind. Waren Sie dadurch Vorurteilen ausgesetzt?
Glücklicherweise wurde ich nie Opfer von Diskriminierung
oder Vorurteilen. Unwohl gefühlt zwischen all den Männern in der
Restrukturierungsbranche habe ich mich auch nicht. Das Männerdominierte hat
mich allerdings auch nie abgeschreckt. Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen an
einer technischen Universität in Karlsruhe studiert und war im Studium mit rund
zehn Prozent Frauenanteil schon sehr häufig alleine unter Männern. Das hat mich
an ein überwiegend männliches Umfeld gewöhnt. Ich hatte nie das Gefühl, mich da
durchboxen zu müssen. Zudem bin ich nicht benachteiligt worden – auch nicht was
das Gehalt angeht. In der Beraterbranche geht es recht leistungsorientiert zu
sich. Da tritt das Geschlecht vielleicht eher in den Hintergrund, als es in
anderen Branchen der Fall ist. Für andere Branchen würde ich mir natürlich
wünschen, dass diese Leistungsorientiertheit auch gelebt wird und besonders
auch Personaler danach entscheiden, welcher Person sie welche Stelle geben.
Wenn sich bei der Auswahl einer Führungsposition nicht
auf die Leistung der Mitarbeiter konzentriert wird, worauf dann?
Leistung ist sicher immer ein Kriterium, nur Männer fordern
für ihre Leistung eher aktiv auch Anerkennung und Beförderungen ein. Frauen
haben oftmals nicht diesen unbedingten Karrierewillen. Viele trauen sich Aufgaben
erstmal nicht zu. Das ging mir selbst auch so. Ich bin immer befördert worden,
bevor ich selbst auf die Idee gekommen wäre, dass der nächste Karriereschritt ansteht.
Zum Glück bin ich auch nie nach meinen Gehaltsvorstellungen gefragt worden. Ich
hätte nämlich immer weniger bekommen, als ich am Ende erhalten habe. Die
Forderung nach Karriere, Gehalt und mehr Verantwortung stellen Männer meiner
Erfahrung nach sehr viel natürlicher. Frauen sind hier häufig viel
zurückhaltender. Personaler sollten deshalb gezielt nach Talenten suchen, die
sich weniger aktiv positionieren aber genauso geeignet sind. Sie sollten bei
gleicher Eignung eher die Frauen ermutigen und die Frauen mit Potenzial für
eine Führungsposition oder den nächsten Karriereschritt fast schon zu ihrem
Glück zwingen und sie aktiv dort hinbringen. Dabei ist es auch wichtig, ihnen
unter Umständen über Bedenken hinwegzuhelfen.
Die
Forderung nach Karriere, Gehalt und mehr Verantwortung stellen Männer meiner
Erfahrung nach sehr viel natürlicher. Frauen sind hier in häufig viel
zurückhaltender.
Sie sollten also in gewisser Maßen ins kalte Wasser
geworfen werden?
Genau. Dabei merken qualifizierte Frauen oftmals, dass sie
doch dort schwimmen und sich behaupten können.
Sie engagieren sich im Netzwerk „Distressed Ladies –
Women in Restructuring“. Was bringen solche Zusammenschlüsse von Frauen?
Karrierenetzwerke für Frauen sind hilfreich, um
Rollenvorbilder und Mentoren zu finden. Veranstaltungen, bei denen Frauen in
Führungspositionen sichtbar werden, die gleichzeitig Mütter sind, zeigen, dass
Karriere und Familie vereinbar sind. Diese Sichtbarkeit herzustellen, könnte
auch Aufgabe der Personalabteilungen sein. Bei den Treffen mit anderen Karrierefrauen
wurde mir vor allem auch eins klar: Es geht nicht nur darum, sich auf Frauen zu
fokussieren, sondern auch auf Männer.
Das müssen Sie uns erklären!
Eine Frau, die Mutter sein möchte, wird seltener Karriere
machen, wenn ihr Partner nicht die Möglichkeit hat, bei seiner Arbeit etwas
kürzer zu treten. Ihr Partner braucht ein Umfeld, das das mitmacht. Ihm muss es
auch möglich sein, seine Arbeitszeit zu reduzieren, ohne ein Ende seiner Karriere
befürchten zu müssen. Männern muss bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
dieselbe Flexibilität geboten werden wie Frauen. Natürlich sind diese
Flexibilität und Teilzeitmodelle eine Herausforderung für die Personalabteilung
und zudem kostenintensiv. Aber wenn wir ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen
wollen – besonders für junge Arbeitnehmer -, dann müssen wir uns darauf
einstellen. Theoretisch wird dies bereits in vielen Unternehmen geboten, in der
Praxis wird das Angebot dennoch selten angenommen. Dafür benötigen wir noch
mehr Vorbilder.
Monika
Dussen ist Partnerin bei der Turnaround-Beratung Struktur Management Partner in
Köln. Dort konzipiert sie Turnaround-Programme und setzt diese um.