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Quereinstieg: Unbeachtete Zielgruppen für Ausbildung begeistern

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In vielen Berufsfeldern wird der Bedarf an qualifizierten Fachkräften immer größer, während gleichzeitig junge Menschen mit oder ohne Schulabschluss auf der Suche nach einer Beschäftigungsmöglichkeit sind. Nicht immer führt der Weg in die duale Berufsausbildung. Wie Betriebe und Jugendliche an dieser Stelle zusammenfinden können, damit beschäftigt sich diese Kolumne.

Knapp 50.000 Jugendliche (6,2 Prozent aller Schulabgänger) sind in Deutschland laut Bertelsmann Stiftung (2021) jährlich ohne Schulabschluss und werden nach der Schule nicht sofort in Beschäftigungsverhältnisse vermittelt. Zudem gibt es Zielgruppen wie Studienabbrecher, Ausbildungsabbrecher, junge Eltern, die eine Ausbildung nicht in Vollzeit durchführen können und deshalb vorerst keinen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden. Außerdem können Unternehmen noch Potenziale bei Hilfskräften, älteren Mitarbeitenden mit Berufswechselwunsch, Personen mit Behinderung sowie Selbstständigen ohne bisherige formale Ausbildung, heben, die nicht für einen Ausbildung angesprochen oder im ersten Schritt aus dem Bewerbungsprozess aussortiert wurden.

Um Personen aus diesen Zielgruppen zu erreichen und für eine Ausbildung zu gewinnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Unternehmen müssen sich hierfür allerdings zuerst einmal dafür entscheiden, sich neuen Zielgruppen bei der Suche nach Auszubildenden zu öffnen und die Potentiale zu erkennen.

Quereinsteiger machen Unternehmen und Teams diverser

Die größte Chance der Einstellung dieser speziellen Zielgruppen besteht daran, offene Ausbildungsplätze besetzen zu können. Darüber hinaus können diese Quereinsteiger die Vielfalt in einem Unternehmen erhöhen und andere Herangehensweisen an verschiedene Probleme ermöglichen. Dies kann sich langfristig positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auswirken.

Die Ansprache anpassen

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass diese Zielgruppen herausfordernd sind: Sie müssen erstmal erschlossen werden. Personen dieser Zielgruppe sind nicht durch eine „Standardansprache“ zu erreichen, die für Schülerinnen und Schüler verwendet wird. Auch kann der administrative Aufwand und natürlich die Betreuung aufgrund der individuellen Herausforderungen an Arbeitszeiten, Lernschwierigkeiten, soziale Schwierigkeiten et cetera nicht vorhergesehen werden.

Einige Unternehmen haben sich bereits einigen der oben genannten Zielgruppen geöffnet und geben Einblick in ihre Recruiting-Praxis. Daraus lassen sich Ansätze für die Kommunikation ableiten:

  1. Anerkennung von Studienleistungen oder bisheriger Berufserfahrung
    Je nach Übereinstimmung können Studienleistungen im Ausbildungsberuf angerechnet werden beziehungsweise Auszubildende mit einem Studienabbruch können bei entsprechenden Leistungen die Ausbildung verkürzen. Auch ist dies interessant für ältere Bewerbende mit vorhandener Berufserfahrung.
  2. Einstiegsqualifizierung (=EQ)
    Eine EQ wird immer beliebter als Berufsorientierungs- oder auch Berufsvorbereitungsmaßnahme. Es ist im Kern ein Langzeitpraktikum, dass häufig als Vorbereitungsjahr auf die Ausbildung genutzt wird und das Ziel der Übernahme in den Betrieb hat. Eine Flexibilisierung in Form von drei bis sechs Monaten wird aktuell diskutiert. Interessant ist dies für alle quereinsteigenden Zielgruppen, die ihre Berufswahl noch nicht getroffen haben oder aufgrund mangelnder Ausbildungsreife nicht direkt in eine Ausbildung starten können.
  3. Teilzeitausbildung
    Berufsausbildungen können gänzlich in Teilzeit absolviert werden oder teilweise Arbeitszeit verkürzt werden. Die Dauer verlängert sich entsprechend. Die gesamte Dauer kann jedoch nur 1,5-fach betragen. Interessant ist diese Ausbildung nicht nur für Alleinerziehende oder Eltern mit Betreuungspflichten, sondern auch Angehörige von zu Pflegenden. Dieses Modell bietet auch für bereits erwachsene oder ausgelernte in anderen Berufsausbildungen die Möglichkeit einer betrieblich verkürzten Umschulung oder das Angebot einer Ausbildung für Personen ohne bisherigen formalen Berufsabschluss. Weitere Zielgruppen sind Personen mit Behinderungen, Leistungssportler oder auch Geflüchtete, die aufgrund von körperlichen Herausforderungen, Sprachkursen oder auch Sporttrainings keine Vollzeitausbildung absolvieren können.

Weitere Unterstützungen gibt es je nach Bundesland für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Natürlich sind dies keine revolutionären Modelle, aber die Revolution ist für jeden eingestellten Auszubildenden beziehungsweise Bewerbenden ein individuelles Konzept zu finden.

Dazu will ich an dieser Stelle Mut machen und sich zu öffnen für die genannten Bewerbenden der oben genannten Zielgruppen, aber auch alle Bewerbende, die von der bisherigen Einstellungsnorm abweichen. Im nächsten Schritt macht es Sinn sich stärker auch der Rekrutierung zu widmen, das heißt wo finde ich diese neuen Zielgruppen und mit welchen Institutionen muss ich nun Kontakt pflegen.

Probieren Sie es für das nächste Jahr aus und bleiben Sie offen!