Um ein Start-up-freundliches Umfeld zu schaffen, hat die Bundesregierung die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen angepasst. Der einkommensteuerliche Freibetrag wurde erhöht und die Möglichkeit einer nachgelagerten Besteuerung wurde vergrößert. Die jüngsten Änderungen haben aber auch eine gesellschaftsrechtliche Dimension.
Vorteile von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen
Es spricht viel dafür, Mitarbeitende durch eine Kapitalbeteiligung zu Gesellschaftern zu machen. Denn wer als Anteilseigner im Unternehmen beschäftigt ist, wird sich aus eigenem Profitstreben dafür einsetzen, dass das Arbeitgeberunternehmen erfolgreich bleibt. Außerdem entfalten Beteiligungen eine Identifizierungs- und Bindungswirkung. In der Start-up-Szene überbrücken Beteiligungen auch die Vergütungsunterschiede, die vielfach gegenüber etablierten Großkonzernen bestehen.
Wie erfolgreich dieses Konzept sein kann, haben heute weltbekannte Unternehmen des Silicon Valley gezeigt. In ihrer Wachstumsphase haben sie Mitarbeitende durch eine Beteiligung an sich gebunden. Durch die späteren Erfolge der Unternehmen wurden die beteiligten Arbeitnehmer oftmals vermögend und haben selbst wieder Unternehmen gegründet. Doch hierzulande bremst unter anderem das Steuerrecht derartige Erfolgsgeschichten.
Steuerliche Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz
Das könnte das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) ändern. Die Bundesregierung hat dieses Ende 2023 auf den Weg gebracht, um die Start-up-Szene zu stärken. Für Mitarbeiterbeteiligungen haben sich dadurch unter anderem die steuerlichen Regelungen geändert. So wurden der Freibetrag für die Gewährung einer vergünstigten Beteiligung von 1.440 Euro auf 2.000 Euro (§ 3 Nr. 39 EStG) angehoben und der Anwendungsbereich für eine nachgelagerte Besteuerung beim Arbeitnehmer (§ 19a EStG) erweitert. Letztere soll verhindern, dass bereits zum Zeitpunkt der Überlassung Lohnsteuer gezahlt werden muss, obwohl dem Arbeitnehmer noch keine liquiden Mittel zugeflossen sind, aus denen diese finanziert werden könnte („Dry-Income“-Besteuerung).
Bisher konnte die alte Regelung kaum genutzt werden, da ihr Anwendungsbereich nur Gesellschaften offenstand, die maximal zwölf Jahre alt waren und die unterhalb der Schwellenwerte für kleine und mittlere Unternehmen lagen (weniger als 250 Mitarbeitende, Jahresumsatz von maximal 50 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro).
Seit Jahresbeginn 2024 können – nach der neuen Regelung – auch etabliertere Start-ups die aufgeschobene Besteuerung für ihre Mitarbeitenden nutzen, da im Rahmen des § 19a EStG der Gründungszeitraum auf 20 Jahre ausgedehnt und die Schwellenwerte deutlich erhöht wurden (weniger als 1.000 Mitarbeitende, Jahresumsatz von maximal 100 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme von maximal 86 Millionen Euro). Zudem kann für die Größenordnung nun bis zu sechs Jahre zurückgeschaut werden. Des Weiteren hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Haftungsübernahme des Arbeitgebers eingeführt, wodurch die nachgelagerte Besteuerung über den Zeitraum von 15 Jahren hinaus aufgeschoben werden kann. Die Änderungen gelten bereits.
BMF-Schreiben: Anwendung und vinkulierte Anteile
Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelungen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 1. Juni 2024 das überarbeitete Anwendungsschreiben zur steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen vorgelegt. Darin finden sich steuerliche Klarstellungen, aber auch gesellschaftsrechtliche Erläuterungen. So wurde mit dem ZuFinG in § 19a Abs. 1 S. 3 EStG klargestellt, dass auch solche Anteile unter die Regelung der nachgelagerten Besteuerung fallen, über die Beschäftigte rechtlich nicht verfügen können. Damit sind sogenannte vinkulierte Anteile gemeint, wie sie regelmäßig in Beteiligungsprogrammen gewährt werden.
Durch Vinkulierung kann das Arbeitgeberunternehmen, das die Beteiligungen gewährt, die Kontrolle über seinen Gesellschafterkreis behalten. In der Praxis ist bei börsennotierten Unternehmen insbesondere für vinkulierte Namensaktien regelmäßig ein standardisierter Prozess implementiert, durch den die Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen zeitgleich mit der Aktienübertragung erfolgt. Insofern sehen die Satzungen der Unternehmen, die vinkulierte Aktien ausgeben, zumeist vor, dass die Zustimmung der Gesellschafter zur Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen nur im Ausnahmefall bei Vorliegen von außerordentlichen Gründen verweigert werden kann.
Mit Blick auf den Freibetrag in § 3 Nr. 39 EStG ist außerdem erforderlich, dass das Beteiligungsprogramm allen Beschäftigten offensteht, die bei Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Arbeitgeberunternehmen stehen. In diesem Kontext enthält das überarbeitete Schreiben unter anderem Ausführungen zu bestimmten Teilnahmeausschlüssen (zum Beispiel mittels eines sogenannten Vetorechts des Arbeitgebers). Allein die Möglichkeit des Ausübens eines solchen Rechts soll der Neufassung zufolge einer Inanspruchnahme des Freibetrags nicht entgegenstehen. Sobald der Arbeitgeber allerdings tatsächlich einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von der Teilnahme ausschließt, soll von diesem Zeitpunkt an bei allen am Beteiligungsprogramm teilnehmenden Arbeitnehmern die Inanspruchnahme des Freibetrags ausgeschlossen sein.
Konzernklausel im Entwurf für Jahressteuergesetz
Eine weitere gesellschaftsrechtlich motivierte Veränderung der nachgelagerten Besteuerung gemäß § 19a EStG ist im Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) vorgesehen. Demzufolge soll die Regelung um eine Konzernklausel ergänzt werden, so dass die nachgelagerte Besteuerung auch für die vergünstigte Gewährung einer Beteiligung an Konzernunternehmen des Arbeitgebers im Sinne des § 18 AktG möglich werden soll. Dafür soll der Konzern jedoch insgesamt die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG bezüglich Jahresumsatz, Jahresbilanzsumme und Mitarbeiteranzahl einhalten müssen.
Eine weitere Voraussetzung soll sein, dass die Gründung keines Konzernunternehmens mehr als 20 Jahre zurückliegt. Während die Einführung einer Konzernklausel grundsätzlich zu begrüßen ist, bleibt abzuwarten, ob eine so restriktive Ausgestaltung der Klausel in der Praxis tatsächlich zu einer zunehmenden Mitarbeiterbeteiligung innerhalb verbundener Unternehmen führt. Die Einführung der Konzernklausel in § 19a EStG wurde ursprünglich im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes im Jahr 2023 geplant und soll nunmehr im Zuge des vorliegenden JStG 2024 nachgeholt werden. Diskutiert wird dabei sogar eine Rückwirkung zum 1. Januar 2024.
Fazit
Die steuerrechtlichen Veränderungen für Mitarbeiterbeteiligungen stärken die Start-up-Szene und sind auch von gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen beherrscht. Während die Regelungen im überarbeiteten BMF-Schreiben zu einer praktikablen Verwaltungssicht auf die Neuregelungen führen, bleibt die Konzernklausel in § 19a EstG, die der Regierungsentwurf für das JStG 2024 vorsieht, mit Blick auf die Übertragung der Schwellenwerte verbesserungswürdig.
Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden, die über die Einführung eines Beteiligungsmodells nachdenken, sollten prüfen, ob sie die Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung erfüllen können. Das würde ein attraktiveres Angebot für die Mitarbeitenden ermöglichen.
Autor

André Thoß, LL.M. ist Senior Consultant in der Grundsatzabteilung bei EY in Leipzig.

