Die wirtschaftlichen
Folgen der Corona-Krise sind drastisch. Die Einbußen wirken sich direkt oder
indirekt auch auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) aus. Ob
Entgeltumwandung, arbeitgeberfinanzierte Systeme oder kapitalmarktabhängige
betriebliche Altersversorgung – bei jedem Durchführungsweg entstanden kurz-
oder mittelfristige Belastungen und Handlungsbedarfe, die sich auch im Jahr
2021 fortsetzen werden.
Wie der Markt reagiert
Wie
haben Versicherungen, Berater und Anbieter von bAV-Software-Lösungen die
wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise erlebt? Die Versicherer
versuchten zunächst zu verhindern, dass Beitragsstornierungen in Folge des
ersten Lockdowns vorgenommen werden mussten. Dort wo es die finanzielle Lage
erforderte, wurden Beitragsstundungen angeboten, die jedoch sehr schnell wieder
zurückgedreht werden konnten. Eine ähnliche Kurve zeigte sich bei den
bAV-Beratern: Zunächst brach das Beratungsgeschäft ein, aber dann ergaben sich
Nachholeffekte und seit Herbst/Winter läuft das Business wieder annähernd wie
im Vorkrisenjahr. Zudem bekamen Fragen rund um Liquiditätssicherung, De-Risking und Ausfinanzierung
von Pensionen eine neue Relevanz, da Arbeitgeber auf die neue wirtschaftliche
Situation reagieren mussten. Allerdings nicht überstürzt, so die Erfahrung der
Experten, sondern im Hinblick auf die mittel- und langfristige Zukunft.
Wie krisensicher sind die
bAV-Durchführungswege
Der Gesetzgeber hat im April 2020 die Pensionskassen, die nicht durch
den Sicherungsfonds Protektor geschützt sind, in die PSV-Sicherung einbezogen. Nach
den Schieflagen bei einigen Pensionskassen in den letzten Jahren und den zu erwartenden
Insolvenzen in diesem Jahr bringt das Gesetz nun zusätzliche Ausfallsicherheit
für die Versorgungsberechtigten. An dieser Stelle wurde die betriebliche Altersversorgung
gestärkt.
Für Pensionsfonds sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der
Corona-Krise dagegen ein Stresstest. Einerseits ließen sich im ersten Lockdown massive Verwerfungen bei stark aktienorientierten
Produkten beobachten. Andererseits haben sich die Aktienmärkte bereits im
Sommer 2020 schnell wieder erholt, und zum Jahresende 2020 lagen sie über dem
Vorjahresniveau. Die Empfehlung der Anlageverwalter: Gut konstruierte
Pensionsvermögensportfolios mit einem kurzfristigen Blick auf den Aktienindex
in eine Krise zu reden, sei unnötig. Wenn bAV-Instrumente intelligent
konstruiert sind, zeige sich auch in der Krise, dass sehr gute und tragfähige
Systeme möglich sind.
Widerstandsfähiges Sozialpartnermodell
Was tut sich beim Modell
der reinen Zielrente? Im Realitätscheck, den die Corona-Krise darstellt, zeigte sich, dass die
Kapitalanlagen der Anbieter zwar im ersten Shutdown nachgegeben haben, aber
keine Rente hätte deshalb gesenkt werden müssen. Der Grund: Die Sozialpartner-Rente
basiere auf einer guten Kombination von Sicherheitsmechanismen und kollektiver
Geldanlage. Außerdem
bildet das Sozialpartnermodell mit der reinen Beitragszusage den
Kapitalmarkt nicht eins zu eins ab, da es Sicherheitspuffer und Korridore
vorsieht. Die kollektive Anlage ist zwar sehr komplex, aber durch sie würden Sicherheiten
generiert, ohne eine Garantie aussprechen zu müssen. Diese positiven Ergebnisse
des Sicherungsmodells hätten dazu geführt, dass momentan wieder Verhandlungen
mit Tarifpartnern laufen. Der Gesetzgeber könnte mit Modifizierungen die
Akzeptanz sicherlich deutlich erhöhen, wenn er Klarheit für die Sozialpartner
in puncto Gestaltungsrahmen und Haftung schaffe.
Digitalisierte Prozesse plus persönliche Beratung
Ist die Digitalisierung der Königsweg zu einem
besseren Vorsorgeniveau der Beschäftigten? Ganz so einfach ist es nicht, wenden
die Diskussionspartner ein. Bekanntlich entscheidet in der ersten Stufe der
Arbeitgeber, welches Versorgungswerk für ihn das richtige ist. Diese Beratungsleistung
zu digitalisieren sei wenig sinnvoll. In der nächsten Stufe, bei der Beratung
der künftigen Versicherten, helfe die Digitalisierung ungemein, aber dennoch möchten
Beschäftigte eine Beraterin oder einen Berater ansprechen können. Das Fazit: Der Traum der Politik, dass die Digitalisierung eine Beratung komplett überflüssig mache und die
Produkte viel günstiger würden, sei ein Trugschluss. Alle Untersuchungen, aber
auch die Erfahrungen in anderen Ländern zeigten, dass sowohl Arbeitgeber als auch
Arbeitnehmer persönliche Beratung benötigten und wünschten.
Krisenauswirkungen auf die bAV in 2021 und 2022
Sind Arbeitgeber, die momentan unter Kostendruck stehen und die
Aufwendungen für Personal reduzieren, weiterhin bereit, sich im Rahmen der bAV
zu engagieren? Die Prognosen der Experten sind verhalten optimistisch. Sicherlich würden in den kommenden Jahren
arbeitgeberfinanzierte oder matchingfinanzierte Zusagen erteilt werden, aber
deutlich weniger. Leider sinke die Bereitschaft der Unternehmen, eine
arbeitgeberfinanzierte bAV fortzuführen oder neu auszugestalten. Vor allem die
langjährigen Verpflichtungen, die Einstandspflicht für den Ausfall von externen
Versorgungsträgern und nicht zuletzt die hohe Komplexität der bAV belasteten
Arbeitgeber und wirken hemmend auf die weitere Verbreitung von Neuverträgen.
Gleichwohl gehen die Diskussionsteilnehmer davon aus, dass die personalpolitische
Not, geeignete Fachkräfte zu finden, zunehmend steigen wird. Und in dieser
Situation habe sich bei der Rekrutierung eine betriebliche Altersversorgung als
ein sehr gutes und kraftvolles Instrument erwiesen.
Bilderstrecke:
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinflussen auch die betriebliche Altersversorgung. Hier finden Sie die wichtigsten Aussagen der acht bAV-Expertinnen und -Experten, die im Round Table diskutierten.
Die
Langfassung dieses Round Tables ist in unserem Sonderheft bAV erschienen. Das
Heft können Sie › hier kostenfrei runterladen.
Christiane Siemann ist freie Journalistin und Moderatorin aus Bad Tölz, spezialisiert auf die HR- und Arbeitsmarkt-Themen, die einige Round Table-Gespräche der Personalwirtschaft begleitet.