Viele Unternehmen haben in den Arbeitsverträgen mit ihren Mitarbeitern sowie in kollektiven Betriebsvereinbarungen festgelegt, dass Mitarbeiter Boni und Prämien erhalten. Wer in agilen Teams transparent und gerecht vergüten möchte, kann diese Vereinbarungen nicht ohne Weiteres aufrechterhalten. Doch sie einfach zu streichen ist arbeitsrechtlich meist schwierig und erweckt bei den Mitarbeitern den Eindruck, dass ihnen etwas weggenommen werden soll.
Ein möglicher Ausweg ist, derartige Boni und Prämien in das Festgehalt zu überführen. Das birgt allerdings die Gefahr, dass die Personalkosten steigen, was Unternehmen – gerade in Krisenzeiten wie der aktuellen Corona-Krise, aber auch während eines wirtschaftlichen Abschwungs – in finanzielle Schwierigkeiten bringen kann.
Empfehlenswert ist daher, dass Unternehmen die vorhandenen Vergütungsmodelle an ihre Anforderungen anpassen und die bisherigen Prämien- und Bonusmodelle in agile Zielvereinbarungssysteme überführen. Denkbar sind Boni für Objectives and Key Results (OKR-Boni), Teamprämien, Projektzielboni oder auch individuelle oder teamorientierte Vergütung (Team-Performance-related Pay bzw. Performance-based Pay).
Bezahlung nach individueller oder Teamleistung
Durch individuelle, leistungsorientierte Boni oder Prämien können auch agile Organisationen personen- oder teambezogene Leistungen honorieren. Dadurch können nicht nur Talente im Unternehmen motiviert und gehalten, sondern auch die Arbeitgebermarke gestärkt werden. Leistungsorientierte Arbeitskräfte suchen sich Arbeitgeber, die ihre Leistungen würdigen. Wer als agiler Arbeitgeber attraktiv sein und leistungsstarke Talente anziehen möchte, sollte daher agile Prämien und Boni anbieten.
Aber auch aus anderen Gründen ist es in agilen Teams wichtig, dass Vergütungssysteme individuelle Leistungen anerkennen, da ansonsten Spannungsfelder entstehen können. Schließlich ist in agilen Teams immer das gesamte Team für den Erfolg eines Projekts verantwortlich. Gibt es innerhalb des Teams starke Leistungsunterschiede, könnten die starken Performer demotiviert werden, wenn ihre Leistung nicht anerkannt wird und stattdessen nur die Leistung des gesamten Teams bewertet wird. Die Performer verlassen dann das Unternehmen oder kündigen innerlich und bringen weniger Leistung. Da über ein bestehendes Leistungsgefälle in agilen Teams zumeist erst dann gesprochen wird, wenn ein Teambonus oder eine Teamprämie auf dem Spiel stehen, sind transparente Vergütungssysteme, die auch individuelle Leistungen berücksichtigen, umso wichtiger.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.