Frage an die HR-Werkstatt: Was sollten Unternehmen beim Wissensmanagement beachten und wie können sie es gestalten?
Es antwortet: Kerstin Götz, Geschäftsführerin Troi GmbH
Wie der englische Philosoph Francis Bacon einst sagte: Knowledge is power. Wissen ist Macht. Diese Macht ist so groß, dass ganze Geschäftsmodelle sowie deren wirtschaftlicher Erfolg von Wissen abhängig sind. Aber: Wissen in Unternehmen zu halten, ist heute schwieriger denn je. Hauptproblem dabei sind die derzeit sehr hohe Personalfluktuation sowie der stark umkämpfte Arbeitsmarkt. Beide Trends haben Wissen zu einer knappen, volatilen und deshalb umso wertvolleren Ressource werden lassen. Wie also können Unternehmen erfolgreich sein, wenn es ihnen an Know-how fehlt? Der Lösungsansatz, der hier vorgestellt wird, setzt Transparenz voraus. Denn erst der offene Umgang bei der Aneignung und der Weitergabe von Wissen innerhalb eines Unternehmens ermöglicht es, Kenntnisse, Kompetenzen und Skills zwischen Wissensgebern und Wissensempfängern systematisch zu teilen. Dazu sollten Unternehmen zunächst Offenheit kultivieren, die Wissen bewusst und ausdrücklich einschließt und fördert.
Wissenskultur als Voraussetzung für Wissensmanagement
Dazu muss sich ein entsprechendes Verhalten der gesamten Belegschaft manifestieren. Vor allem Führungskräfte müssen Transparenz in Form von konkretem Handeln und Kommunizieren zum Leben erwecken. Erfolgen kann dies durch interne Kommunikationsinstrumente wie einen regelmäßig versendeten Newsletter, Intranet oder Social-Media-Gruppen zu Unternehmens-Updates, einen wiederkehrenden Jour Fixe oder Town Halls mit der Belegschaft. Entscheidend dabei: die ausdrückliche Wertschätzung von Wissen. Diese beginnt damit, dass Führungskräfte bereits im Onboarding neuer Teammitglieder und über die gesamte Employee Experience hinweg nicht müde werden, den hohen Stellenwert von Weiterbildungsmaßnahmen wie Bildungsurlaub zu betonen, und über individuelle Möglichkeiten informieren. Die Wertschätzung signalisiert Mitarbeitern, dass sich die kontinuierliche Aneignung, das Sammeln sowie die Weitergabe von Wissen lohnt: Beispielsweise auf einem eigens dafür vorgesehenen Hub im Intranet, auf das alle Mitarbeiter zugreifen können, sowie durch die Installation von Arbeitsgruppen. Erst wenn sich die kollaborative Wissenskultur in den Köpfen der gesamten Belegschaft festsetzt, sind Mitarbeiter und Unternehmen in der Lage, vollumfänglich von einer konkreten Wissensmanagement-Lösung zu profitieren.
Wissenskultur als strategisches Asset der Employee Experience
Dieser kulturelle Unterbau kann sich positiv auf die Employee Experience auswirken, besonders dann, wenn Unternehmen die Vorteile dieses Wissensverständnisses für den einzelnen Mitarbeiter nach außen tragen. Einer der größten Vorteile ist es, den eigenen Mitarbeitern aufzuzeigen, dass ihr Wissen und ihre Ideen ein Unternehmen als Organisation formen und sie selbst sich dadurch als Experten positionieren können. Das wiederum kann einen immensen Motivationsschub geben. Dann wandelt sich Wissenskultur aus der Sicht von Unternehmen zu einem strategischen HR-Asset im Wettlauf um Fachkräfte, Talente und zukünftige Mitarbeiter.
Im Rahmen der Jobsuche kann der transparente Umgang mit Wissen auf dem Arbeitsmarkt zudem als attraktives Signal für Mitarbeiterbeteiligung und so als Purpose-Merkmal aufgefasst werden, das oftmals bei der Auswahl des zukünftigen Arbeitgebers ausschlaggebend ist. Laut Erhebungen sagen 57 Prozent der Befragten, dass persönliche Entwicklungsmöglichkeiten ihre Entscheidung beeinflussen, ob und wie lange sie in einem Unternehmen bleiben. Im Kontext fehlender HR-Talente kann dies erfolgsentscheidend sein, um qualifizierte Wissensträger für das eigene Unternehmen zu gewinnen.
Transparenz erzeugt Klima des Vertrauens
Diese kulturellen Voraussetzungen lassen sich in ein Wissensmanagement überführen, das Unternehmen eine ganze Reihe von Vorteilen erschließt. Hierzu zählen, verbunden mit der tendenziell höheren Mitarbeiterzufriedenheit, eine höhere Produktivität und betriebliche Effizienz. Transparenz ist dabei ein entscheidender Faktor. Denn sie erzeugt ein Klima des Vertrauens und der Kooperation, indem der kollektive Fortschritt priorisiert wird. Und: Gutes Wissensmanagement minimiert Fehler und fördert Innovation. Das wiederum unterstützt bei der Identifikation von Wissenslücken und erleichtert den Wissenstransfer.
Insgesamt also ein fruchtbarer Boden, auf dem ein breit angelegtes Wissenspool gut gedeihen kann. Allerdings besteht hier immer die Gefahr, dass gerade die Weitergabe von Wissen einer subjektiven Verzerrung zum Opfer fällt. Dabei können sich unerwünschte Denkmuster im Wissensbestand festsetzen. Je mehr dieser Wissensfragmente zum Vorschein kommen, desto gefährdeter ist die gebotene Neutralität von Wissen. So kann es geschäftskritisch sein, wenn Wissen über interne Abläufe, KPIs oder Prozessstandards ausschließlich bei den Vorgesetzten liegt, diese aber – etwa im Krankheitsfall oder im Urlaub – ihr Team daran nicht teilhaben lassen können. Und wie bereits erwähnt, auch der Weggang von Mitarbeitern kann den internen Wissenspool in sich zusammenbrechen lassen.
Durch Daten Bias vermeiden
Aber wie lässt sich diese potenzielle Gefahr vermeiden? Hier kommen aussagekräftige Daten ins Spiel. Zeitvereinbarungen im Rahmen eines Projektvolumens zählen genauso dazu wie Marktanalysen oder die Dokumentation von Kundenfeedback. Daraus abgeleitetes Wissen bringt eine Zuverlässigkeit und Präzision in Entscheidungen von Unternehmen. So unterliegen etwa Projekte oftmals einer relativ unpräzisen Planung, weil sie ausschließlich auf zurückliegenden Erfahrungen beruhen. Die Folgen sind Fehlplanungen, die wiederum zur Überlastung von Mitarbeitern, Prozessen und Ressourcen führen.
Innovation und Teilhabe durch Qualitätsstandards
Dabei erzeugen die Menschen in ihrem Job heutzutage längst große Datenmengen, sofern sie digitale Arbeitsmittel einsetzen. Hier sind Unternehmen gefragt: Im Idealfall sollten sie diese Daten nutzen, um daraus Schlüsse abzuleiten, aus denen sie wiederum Wissen und Erkenntnis ziehen. Signifikant verkürzte und präzisere Entscheidungswege werden die Folge sein. Insbesondere Wissensmanagement-Plattformen verkürzen durch den Einsatz von KI diesen Prozess. So können Chatbots und virtuelle Mitarbeiter der Belegschaft bei der Suche einer bestimmten Information behilflich sein. Zudem sind entsprechend trainierte KI-Systeme imstande, Informationen wie Marktberichte, Kennzahlen oder Kundenfeedback nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu interpretieren – ebenfalls eine Bereicherung für das interne Know-how. Auch strategische Wissensziele lassen sich unter Einsatz eines datenbasierten Wissensmanagements viel effizienter realisieren. Dazu zählen etwa der langfristige Erhalt von Wissen, dessen praktischer Einsatz, seine fortwährende Weiterentwicklung, das konsequente Teilen von Wissen sowie die Förderung von Innovation.
Effizientes Wissensmanagement reduziert ferner Kosten und Fehlerquellen und schafft Wettbewerbsvorteile, weil es die Einhaltung von Vorschriften und Qualitätsstandards durch Dokumentation und Überwachung von Prozessen und Verfahren maßgeblich sichert. Das kommt in verschiedenen Methoden zum Ausdruck, derer sich ein intaktes Wissensmanagement bedient. Dazu zählen Planungs-, Präsentations- und Kreativmethoden sowie dialogische Verfahren. Sie lassen sich anforderungsspezifisch miteinander kombinieren, sodass schließlich ein erfolgsorientiertes Wissensmanagement installiert werden kann.
Fazit: Das Zusammenspiel aus Soft Skills und KI kann helfen
Aufgrund der Möglichkeit subjektiver Verzerrungen ist die Wahrnehmung von Wissen gefährdet. Daten und künstliche Intelligenz (KI) reduzieren diese Verzerrungsgefahr. Sie verbessern die Neutralität, Zuverlässigkeit, Präzision und Geschwindigkeit von Wissensprozessen und führen zu fundierteren sowie automatisierten Entscheidungen. Um erfolgreiches Wissensmanagement umzusetzen, sollten Unternehmen jedoch zugleich eine Kultur des offenes Wissensaustauschs pflegen, eine klare Strategie entwickeln und Mitarbeiter für dieses Thema sensibilisieren – nur so wird allen die vollumfängliche Knowledge-Power zugänglich.
Autor
Kerstin Götz ist seit 2017 als Geschäftsführerin (CEO) der TROI GmbH tätig. Dort hat sie die Entwicklung einer KI-basierten Workmanagement-Software vorangetrieben, die mittlerweile in über 650 Unternehmen eingesetzt wird.

