Arbeitgeber und Arbeitnehmende können unter bestimmten Bedingungen laut Gewerbeordnung (GewO) vertraglich vereinbaren, dass Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts gewährt werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun zu entscheiden, inwieweit das auch für Kryptowährungen gilt und was dabei konkret zu beachten ist.
In dem Fall ging es um eine Frau, die seit Sommer 2019 zunächst als Werksstudentin und dann als Junior Key-Account-Managerin für ein Online-Marketing-Unternehmen tätig war, das sich unter anderem mit Kryptowährungen und Blockchain beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag stand ihr dabei neben einem Grundgehalt eine Provision zu, die in der Kryptowährung Ether (ETH) auszuzahlen war. Deren konkrete Höhe richtete sich nach unterschiedlichen Sätzen für Neukundengewinnung und Bestandskundenerhalt. Die auf dieser Basis errechneten monatlichen Provisionen in Euro waren dann zum Wechselkurs „des jeweiligen Fälligkeitszeitpunkts“ in ETH umzurechnen.
Ist Zahlung allein in Kryptowährung rechtens?
Zum Streit kam es, als das Unternehmen das Arbeitsverhältnis zum Ende 2021 kündigte und beide Parteien die Höhe der noch ausstehenden Provisionszahlungen, welche die Arbeitnehmerin zuvor mehrfach erfolglos eingefordert hatte, unterschiedlich bezifferten. Zwar zahlte der Arbeitgeber gut 15.000 Euro an Provisionen. Die scheidende Mitarbeiterin verlangte jedoch darüber hinaus laut BAG „noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020“.
Das aber lehnte der Arbeitgeber mit dem Argument ab, sämtliche Ansprüche seien mit der Abschlusszahlung Ende 2021 erfüllt worden. Zudem verlange § 107 Abs. 1 GewO „die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro und lasse dessen Auszahlung in einer Kryptowährung nicht zu“.
Nachdem die Beschäftigte in den Vorinstanzen mit ihrer Forderung Recht bekommen hatte, bestätigten nun auch die Richterinnen und Richter in Erfurt den Anspruch prinzipiell. Der früheren Mitarbeiterin, so der Senat, „stehen die geltend gemachten Provisionen, zu erfüllen durch Übertragung von ETH, dem Grunde nach zu“.
Bis zur Pfändungsfreigrenze müssen Euro gezahlt werden
Zwar handele es sich bei Kryptowährungen „nicht um ‚Geld‘, wie in § 107 Abs. 1 GewO verlangt“. Die Vorschrift lasse es „aber grundsätzlich zu, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt“. Und das beinhalte bei entsprechender arbeitsvertraglicher Abmachung auch Kryptowährungen.
Komplett in Ether, dessen Wert sich zwischenzeitlich vervielfacht hatte, müsse der Arbeitgeber die Provisionen allerdings nicht zahlen, so das BAG weiter. Denn „zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts“ – derzeit laut Pfändungsfreigrenze 1.491,75 Euro – muss einem Arbeitnehmer „in Geld ausgezahlt werden“. Das gebiete § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO. Rechtlicher Hintergrund sei, dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin so im Fall der Fälle „nicht gezwungen wird, erst den Sachbezug in Euro ‚umzutauschen‘ oder Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können“.
Werde dagegen verstoßen, führe das, „wenn der Sachbezug, wie hier die Einheit ETH, teilbar ist, zur teilweisen Nichtigkeit der Vereinbarung“. Daher sei Arbeitsentgelt „bis zur Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld zu leisten und der Sachbezug entsprechend zu kürzen“.
Ein endgültiges Urteil zur Höhe der zu zahlenden Provisionen fällte der Senat allerdings nicht – aus formalen Gründen. Denn das Landesarbeitsgericht als Tatsacheninstanz habe die „erforderlichen Tatsachen“ zur Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auf die Provision „nicht vollständig festgestellt“. Daher wurde der Fall zur endgültigen Entscheidung nach Mannheim zurückverwiesen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. April 2025, Az. 10 AZR 80/24.
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Kammern Mannheim), Urteil vom 10. April 2024, Az. 19 Sa 29/23.
Info
Zur Auszahlung von Arbeitsentgelt besagt § 107 GewO unter anderem:
„(1) Das Arbeitsentgelt ist in Euro zu berechnen und auszuzahlen.
(2) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer keine Waren auf Kredit überlassen. Er darf ihm nach Vereinbarung Waren in Anrechnung auf das Arbeitsentgelt überlassen, wenn die Anrechnung zu den durchschnittlichen Selbstkosten erfolgt. Die geleisteten Gegenstände müssen mittlerer Art und Güte sein, soweit nicht ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen worden ist. Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.“
Frank Strankmann ist Redakteur und schreibt off- und online. Seine Schwerpunkte sind die Themen Arbeitsrecht, Mitbestimmung sowie Regulatorik. Er betreut zudem verantwortlich weitere Projekte von Medienmarken der F.A.Z. Business Media GmbH.

