Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Darf das Tragen religiöser Symbole am Arbeitsplatz verboten werden?

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Eine interne Regel eines Unternehmens, die das sichtbare Tragen religiöser, weltanschaulicher oder spiritueller Symbole verbietet, stellt keine unmittelbare Diskriminierung dar, wenn sie allgemein und unterschiedslos auf alle Arbeitnehmer angewandt wird. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem neuen Urteil entschieden (EuGH, Urteil vom 13.10.2022, Aktenzeichen C-344/20).

Ausgangspunkt für die Entscheidung des EuGH war ein Fall aus Belgien. Die Bewerbung einer Muslimin für eine Praktikumsstelle war nicht berücksichtigt worden, nachdem sie sich geweigert hatte, ihr Kopftuch abzunehmen und die bei dem Arbeitgeber geltende Neutralitätsregel einzuhalten. Die Frau machte daraufhin eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen ihrer religiösen Überzeugung geltend. Das zuständige belgische Arbeitsgericht wandte sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „unmittelbare Diskriminierung“ an den EuGH. Bereits im vergangenen Jahr äußerte sich der EuGH zum Verbot von Kopftüchern am Arbeitsplatz.

Mittelbare Diskriminierung gegeben?

Jedoch bedeutet das Nichtvorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung nicht, dass ein solches Verbot automatisch rechtens ist. Der EuGH wies nämlich in seinem Urteil darauf hin, dass ein Verbot, am Arbeitsplatz religiöse Symbole zu tragen, eine mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung darstellen kann. Und zwar dann, wenn es tatsächlich dazu führt, dass Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung in besonderer Weise benachteiligt werden. Zwar kann im Einzelfall eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, wenn damit ein legitimes Ziel verfolgt wird. Nach Ansicht des EuGH reicht dafür aber allein der Wille eines Arbeitgebers, eine Neutralitätspolitik zu betreiben, nicht aus. Der Arbeitgeber müsse ein wirkliches Bedürfnis an dem Verbot nachweisen, um die Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können. Dies zu prüfen, obliegt dem Arbeitsgericht, welches mit dem konkreten Fall befasst ist.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.