Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein sind die Gesundheitsbehörden nicht dazu berechtigt, mittels Verwaltungsakt die Vorlage eines Impfnachweises durchzusetzen (Beschluss vom 13.06.2022, Aktenzeichen 1 B 28/22). Eine per Verwaltungsakt durchsetzbare Impfpflicht kommt nach Auffassung des Gerichts einem Impfzwang gleich.
Das Gericht wies darauf hin, dass sich der Gesetzgeber bei der Einführung der sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht in § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht für eine unmittelbar geltende Impfpflicht entschieden habe.
Der Fall: Mitarbeiterin im Gesundheitsbereich ohne Impfnachweis
In dem Fall hat sich die Mitarbeiterin einer Zahnarztpraxis gegen den Bescheid des Gesundheitsamts zur Wehr gesetzt. Ihr Arbeitgeber hatte nach Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht dem zuständigen Gesundheitsamt pflichtgemäß mitgeteilt, dass die Mitarbeiterin bis zum 15. März 2022 weder einen Nachweis über die vollständige Impfung gegen das Coronavirus, noch einen Genesungsnachweis oder ein ärztliches Zeugnis über die Impfunfähigkeit vorgelegt habe.
Anschließend verlangte das Amt von der Frau einen entsprechenden Nachweis und drohte für die Nicht-Vorlage ein Bußgeld an. Außerdem teilte das Gesundheitsamt seine Absicht mit, der Arbeitnehmerin die Tätigkeit in der Zahnarztpraxis zu untersagen. Die Behörde argumentierte, hier überwiege das öffentliche Interesse an der Vorlage der angeforderten Unterlagen gegen eventuell bestehende Rechtsschutzinteressen, da die Überprüfung des Impfstatus der Mitarbeiter von besonderer Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens sei.
Gericht: Impfzwang rechtswidrig
Die Mitarbeiterin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und beantragte später im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Gesundheitsamts wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein gab der Antragstellerin Recht. Die Anordnung zur Vorlage eines Impfnachweises, eines Genesenennachweises oder eines ärztlichen Zeugnisses darüber, dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikationen nicht gegen das Coronavirus geimpft werden kann, sei offensichtlich rechtswidrig, urteilte das Gericht.
Das Gesundheitsamt könne Personen, die den Nachweis trotz Anforderung nicht vorlegen oder die der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nicht Folge leisten, das Betreten oder Tätigwerden in den entsprechenden Einrichtungen oder Unternehmen untersagen. Es handele sich um eine Ermessensentscheidung des Gesundheitsamts. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts statuiert § 20a IfSG aber keinen Impfzwang, sondern soll durch die an die Nichtbefolgung der Nachweisvorlage anknüpfenden beruflichen Nachteile lediglich einen indirekten Impfdruck erzeugen.
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.