Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Oh, du friedliche Weihnachtszeit – oder wenn keiner arbeiten will

Da kommt Stimmung auf: Arbeitgeber können verlangen, dass an Heiligabend oder Silvester gearbeitet wird. Aber nur mit Begründung. Bild: eyeQ/Fotollia.de
Da kommt Stimmung auf: Arbeitgeber können verlangen, dass an Heiligabend oder Silvester gearbeitet wird. Aber nur mit Begründung. Bild: eyeQ/Fotollia.de

Mit der Besinnlichkeit der Weihnachtszeit ist es nicht selten vorbei, wenn Arbeitnehmer entgegen ihrem Willen angewiesen werden, an den Weihnachtstagen zu arbeiten. Die ersten Fragen eines betroffenen Mitarbeiters werden im Zweifel lauten: Muss ich das? Ist das wirklich rechtens?

Arbeiten an den Feiertagen

Die gesetzliche Lage ist im Grunde eindeutig: Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Das betrifft sowohl den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag als auch Neujahr. An diesen Tagen ist grundsätzlich jede Art der Beschäftigung – mithin auch in Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft – untersagt. Das Beschäftigungsverbot an Feiertagen ist in Deutschland von hohem Rang; hierdurch soll die im Grundgesetz festgeschriebene Feiertagsruhe gewährleistet werden.

Arbeitgeber eines Betriebs mit regelmäßigen Tages- und Nachtschichten dürfen die Feiertagsruhe um bis zu acht Stunden vor oder zurück verlegen. Für Kraftfahrer und Beifahrer kann der Beginn der Feiertagsruhe um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden. Insgesamt muss es aber trotzdem bei der 24-stündigen Ruhezeit bleiben.

Arbeiten an Heiligabend oder an Silvester?

Haben Arbeitnehmer an den Weihnachtsfeiertagen als auch am Neujahrstag sehr gute Aussichten frei zu bekommen, so ist die Situation am Heiligen Abend und Silvester anders zu bewerten. Bei besagten Tagen handelt es sich aus arbeitsrechtlicher Sicht um normale Werktage. An diesen sind Arbeitnehmer also grundsätzlich verpflichtet, ihre übliche Arbeitsleistung zu erbringen.  

Dieser unliebsamen Tatsache versuchen Arbeitnehmer häufig durch die Beantragung von Urlaub zu entgehen. Möchte der Arbeitgeber die betriebliche Tätigkeit an diesen Tagen zumindest teilweise aufrechterhalten, wird die christliche Nächstenliebe aller Beteiligten auf die Probe gestellt. Es gilt zu entscheiden, welchem Urlaubsbegehren entsprochen und welches abgelehnt wird. Im Bundesurlaubsgesetz (BurlG) ist geregelt:

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Der Arbeitgeber ist also angehalten, die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Der Urlaubsanspruch kann verweigert werden, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Diese können auch darin liegen, dass Arbeitnehmer, die sich gegenseitig vertreten, nicht gleichzeitig Urlaub nehmen können. In einem solchen Fall steht der Arbeitgeber vor der Aufgabe zu entscheiden, welcher Arbeitnehmer „unter sozialen Gesichtspunkten“ den Vorrang verdient.

Soziale Gesichtspunkte sind zunächst Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter (Schulpflicht) und Zahl der Kinder sowie Berufstätigkeit des Ehegatten. Darüber hinaus können aber auch sonstige soziale Kriterien relevant sein, wie etwa eine hohe Erholungsbedürftigkeit infolge von Krankheit oder besonderer Arbeitsbelastung.
Berücksichtigt werden kann auch, in welchem Umfang dem Arbeitnehmer im laufenden Jahr Urlaub gewährt wurde und ob in der Vergangenheit seine Urlaubswünsche berücksichtigt wurden. Ein sozial weniger schutzbedürftiger Mitarbeiter kann dadurch das Nachsehen haben, ist aber nicht zu lebenslänglicher Weihnachtsarbeit verurteilt.

Stolperfalle betriebliche Übung

Sofern der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern in den vergangenen Jahren aus freien Stücken regelmäßig an Heiligabend oder an Silvester einen halben oder ganzen Tag Urlaub gewährt hat, kann aufgrund einer betrieblichen Übung ein Anspruch auf die entsprechende Freistellung in den Folgejahren entstanden sein. Dann heißt es für den Arbeitgeber: Alle Jahre wieder. Die Rechtsprechung stellt jedoch hohe Anforderungen an die Entwicklung einer betrieblichen Übung. So ist ein Urlaubsanspruch aus diesem Grunde ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hinweist, dass diese Regelung nur für das laufende Jahr gilt und kein Rechtsanspruch für die Zukunft entsteht. Unter dieser Prämisse ist für den Arbeitgeber – trotz Freistellung im letzten Jahr – auch im nächsten Jahr wieder die Frage zu beantworten: „Was passiert, wenn keiner arbeiten will?“ Gesetzlich ist der Arbeitgeber zur Freistellung nicht verpflichtet.

Ausnahmen und Sonderregelungen für Feiertagsarbeit
Das Arbeitszeitgesetz lässt Ausnahmen zu. Dies ist etwa der Fall, wenn
es sich um Arbeiten handelt, die nicht an Werktagen vorgenommen werden
können; die Erbringung der Arbeiten an Werktagen muss für den Betrieb
unverhältnismäßige wirtschaftliche oder soziale Nachteile zur Folge
haben.  

Auf Antrag des Arbeitgebers ist zudem eine Ausnahmebewilligung durch die
Aufsichtsbehörde möglich. Diese kann im Handelsgewerbe an bis zu zehn
Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen
erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, erteilt werden (etwa
bei verkaufsoffenen Sonntagen).

Gleiches gilt an bis zu fünf
Sonn- und Feiertagen im Jahr, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung
eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern – denkbar zu
branchenüblichen Orderterminen des Großhandels – oder wenn an einem
Sonntag im Jahr eine gesetzlich vorgeschriebene Inventur durchgeführt
wird.

Eine Ausnahme soll zudem bewilligt werden, wenn ein
ununterbrochener Fortgang der Arbeiten, beispielsweise bei besonderen
Produktionsverfahren aus chemischen, biologischen, technischen oder
physikalischen Gründen, auch an Sonn- und Feiertagen erforderlich ist.
Schließlich hat die Aufsichtsbehörde die Beschäftigung an Sonn- und
Feiertagen zu bewilligen, wenn andernfalls die Konkurrenzfähigkeit des
Unternehmens unzumutbar beeinträchtigt ist, etwa bei längeren
Betriebszeiten eines Konkurrenten im Ausland. Weil die inländischen
Fertigungskosten höher sind als die eines ausländischen Konkurrenten,
könnte hierdurch die Wettbewerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigt
werden. In diesem Fall muss durch die Genehmigung von Sonn- und
Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden können.

Autoren:

Dr. Alexander Bissels und Dr. Kathrin Schroeders, LL.M. sind Rechtsanwälte bei CMS in Deutschland.