Durch die Belastungen der vergangenen drei Jahren hat die Erschöpfung der Menschen hierzulande zugenommen. Jeder Zweite (49 Prozent) gibt an, in dieser Zeit deutlich an Kraft eingebüßt zu haben. Ältere Menschen tendenziell mehr als jüngere: Bei den Berufstätigen ab 50 Jahren ist dieser Anteil mit 52 Prozent noch etwas höher, bei den Jüngeren bis 30 Jahren liegt er mit 49 Prozent genau im Schnitt. Das sind Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Pinktum Institutes, einem Tochterunternehmen von Pinktum, Anbieter von Soft-Skill-Bildungstechnologie für die Personalentwicklung von Unternehmen. An der repräsentativen Befragung im vierten Quartal 2023 nahmen 1019 Erwerbstätige in Deutschland teil.
Deutsche Politik größter Krafträuber
Was aber raubt den Befragten Kraft? Die Menschen sind aktuell multiplen Belastungen ausgesetzt. Dabei identifiziert fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) die Politik als größten Krafträuber. An zweiter Stelle mit 43 Prozent steht die Vielzahl der Krisen der vergangenen drei Jahre, dicht gefolgt von der wirtschaftlichen Lage Deutschlands mit 42 Prozent. Ebenso mitgenommen sind die Deutschen von der „Spaltung der Gesellschaft“ mit knapp 42 Prozent. Dazu kommen persönliche finanzielle Sorgen (39 Prozent).
Der Job gehört mit 28 Prozent nicht zu den wichtigsten Krafträubern, allerdings nimmt er den Jüngeren deutlich mehr Kraft (32 Prozent) als den Älteren (24 Prozent). Noch etwas weiter hinten rangieren Familie, Beziehungen und das persönliche Sozialleben (25 Prozent), Einsamkeit und fehlende soziale Einbindung (23 Prozent) sowie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (22 Prozent). Hier zeigt sich, dass jüngere Menschen sich tendenziell einsamer und isolierter fühlen als die restlichen Befragten.
Nur zwei Drittel der Beschäftigten hat noch Kraft für die Arbeit
Offenbar fühlen sich viele Deutsche so geschwächt, dass auch Energie für den Job fehlt. Lediglich etwa zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten sagen, dass sie noch ausreichend Kraft für ihre Tätigkeit haben. Das heißt, ein Drittel der Beschäftigten (32 Prozent) fühlt sich bei der Arbeit kräftemäßig nicht auf der Höhe – ein bedenklich hoher Anteil. Deutlichere Unterschiede gibt es auch je nach Hierarchiestufe: Von den Führungskräften verfügen 77 Prozent über genügend Kraft, während es bei den Mitarbeitenden nur 62 Prozent sind. Interessant ist auch, dass der Job von jüngeren Menschen als kräftezehrender empfunden wird (32 Prozent) als für Ältere (24 Prozent).
Und was raubt den Menschen bei der Arbeit die meiste Kraft? Für mehr als jeden dritten Befragten (35 Prozent) spielen mangelnde Anerkennung und Wertschätzung die Hauptrolle. Für die Unter-30-Jährigen ist dieser Aspekt mit 42 Prozent der Nennungen noch kräfteraubender als für die älteren Mitarbeitenden. Arbeitsbelastung und Druck nehmen mit 33 Prozent den zweiten Platz der Belastungen ein, wobei auch hier jüngere Beschäftigte schlechter damit umgehen können als ältere. Weitere relevante Krafträuber bei der Arbeit sind schlechte Information und Kommunikation sowie die Führung mit jeweils 32 Prozent. Dazu kommen zu wenig Zusammenhalt (29 Prozent), unklare Erwartungen und Ziele (28 Prozent), Angst, künftigen Anforderungen nicht gewachsen zu sein (27 Prozent), fehlende Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten (23 Prozent) und die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz (20 Prozent).
Kraftspender: Von Flexibilität und sinnvoller Tätigkeit bis Wertschätzung
Gefragt danach, was Arbeitgeber konkret tun sollten, um ihre Belegschaft wieder zu energetisieren, stimmten die Beschäftigten flexiblen Arbeitszeiten mit 46 Prozent am häufigsten zu, dicht gefolgt von sinnvollen Tätigkeiten sowie mehr Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten mit je 44 Prozent und weniger Arbeitsdruck (43 Prozent). Mehr Respekt, Wertschätzung und Anerkennung würden 42 Prozent mehr Energie verleihen.
Jeweils 40 Prozent wünschen sich ein besseres Miteinander, weniger Hierarchien und mehr Eigenverantwortung. Mit knapp 40 Prozent dahinter liegen das Bedürfnis nach mehr sozialer Absicherung (Arbeitsplatzsicherheit, Altersvorsorge, Versicherungen) und der Vorbeugung von Burnout und psychischen Belastungen. Der Wunsch nach einer besseren Vergütung steht auf der Liste mit 36 Prozent auf dem letzten Platz – andere Faktoren sind den Beschäftigten wichtiger, wenn es darum geht, sich mit voller Kraft am Arbeitsplatz zu engagieren.
Wichtig für Unternehmen wäre sicher auch, ein besonderes Augenmerk auf die jüngeren Mitarbeitenden zu legen, die die Arbeit als besonders kräftezehrend empfinden und sich gleichzeitig einsamer fühlen als andere. Hier könnten zum Beispiel entsprechende Maßnahmen für ein besseres Zugehörigkeitsgefühl im Arbeitskontext sinnvoll sein.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.

