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„Das Metaversum wird in Zukunft wichtiger werden“

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Herr Mühlbauer, Sie haben einen Blick in die Zukunft der Personalarbeit geworfen. Über was für ein Zeitfenster reden wir hier?
Daniel Mühlbauer: Das ist schwer zu sagen. Zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ich angefangen habe, mich mit dem Thema zu beschäftigen, und heute ist allein durch die Veröffentlichung von ChatGPT und anderen KI-Tools so viel passiert, dass ich die Jahreszahl für meine Prognose immer wieder korrigieren muss. Trotzdem würde ich sagen, dass sich die Entwicklungen, um die es mir geht, noch in diesem Jahrzehnt entfalten werden. Denn nicht alles, was ein Hype ist, wird sofort einen tiefen Einfluss auf die Arbeit haben – mittelfristig aber schon.

Woran liegt das?
Es gibt viele Gründe für Verzögerungen. Das fängt bei regulatorischen Aspekten an und hört bei Routinen der Menschen in den Personalabteilungen nicht auf. Menschen hängen an Routinen oder haben auch nicht immer die Freiheit selbst über solche Veränderungen zu entscheiden. Das verzögert manche Veränderung, die etwa durch Large-Language-Modelle wie ChatGPT auf uns zukommen.

Aber dass diese Technologie auch für die HR-Abteilungen ein Gamechanger ist, daran haben Sie keinen Zweifel?
Nein. Sprache ist ein entscheidendes Element für uns Menschen. Fast alles, was wir tun, hat mit Kommunikation zu tun – bildlich, verbal, nonverbal. Und Large-Language-Modelle und Anwendungen, die darauf basieren, verändern die Kommunikation – und damit auch die Personalarbeit.

Kommunikation ist schließlich eine der wichtigsten Tätigkeiten von Personalerinnen und Personalern.
Genau. Ich habe mal ChatGPT gefragt, ob es im Recruiting Funnel auch nur einen Punkt gibt, der nichts mit Kommunikation zu tun hat. Die Antwort war nein, und das ist auch völlig korrekt. Selbst durch Ghosting, also durch Nicht-Kommunikation, kommuniziert man ja etwas. Dazu kommt: Sprachbots waren gewissermaßen schon zur Geburtsstunde des Begriffs KI ein Thema. Nur die Technologie war noch lange nicht weit genug.

Generative KI und Large-Language-Modelle sind ja nicht die einzigen Technologien, die in den vergangenen Jahren für Furore gesorgt haben. Während es dort aber schon nach wenigen Monaten an Anwendungsbeispielen nicht mangelt, scheint etwa das Metaversum eher ein kurzer Hype zu sein.
Zunächst einmal ist ein Hype für mich nicht unbedingt etwas, über das morgen keiner mehr redet. Im Gegenteil. Ich glaube, dass das Metaversum in Zukunft wichtig wird. Allerdings hat kaum jemand zum Höhepunkt des Hypes im vergangenen Jahr kommuniziert, wie lange das noch dauert. Bevor wir wirkliche Anwendungsbeispiele sehen, werden noch ganz viele Probleme zu lösen sein.

Welche?
Die Stories und Gespräche zum Metaversum im vergangenen Jahr waren voll von Verweisen auf Filme wie Matrix, Ready Player One & Co., während die Realität eine hässliche Version von Second Life war – und circa 30 Prozent der Nutzenden in VR-Brillen auch noch seekrank wurden. Auch die haptische Übertragung funktioniert noch kaum, und wenn doch, ist es meist eher creepy als wirklich zielführend.

Werden wir denn 2030 flächendeckend das Metaversum nutzen?
Ich glaube, hier sind eher 15 Jahre die Zeitschiene. Wobei die genannten Probleme auch schon ein paar Jahre früher gelöst werden können. Die entscheidende Frage ist ja immer: Wo halten sich typische Nutzende – also Bewerbende, Mitarbeitende und Ehemalige – gerne auf. Bringt ja nix, wenn ganz HR im Metaversum abhängt, und sonst ist niemand da.

Wie sollten Personalerinnen und Personaler auf die sich abzeichnenden Veränderungen reagieren?
Sie sollten sich vor allem mit der Frage auseinandersetzen, wie und wofür die Technologien einzusetzen sind. Dazu gehört zum Beispiel das Thema Prompt Engineering, zumindest in den kommenden Jahren. Eben, bis ich mit ChatGPT & Co. wirklich wie mit einem Menschen kommunizieren kann.

Dann können Personalerinnen und Personaler zum Beispiel die unangenehmen Anrufe an die KI auslagern …
… oder aber sie schaffen es, sich genau durch das persönliche Meeting oder den „echten“ Anruf von anderen Arbeitgebern abzusetzen.

Info

Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.